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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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Boas, als dieser die rutschige Brücke überquerte.
    Als al-Wazir zwanzig Minuten später an einem Seil hing, sagte er: »Für einen Kerl, der nicht weiß, was mit ihm in letzter Zeit geschehen ist, scheinst du ziemlich genau zu wissen, wo du hin musst.«
    »Der Schmied hat mir einen Weg beschrieben.«
    Sie erreichten schließlich einen Nebenweg, ein feuchtes Treppenhaus, das mit Moos und Schimmel überwuchert war. Ein Rinnsal floss in einem schmal ausgewaschenen Riss in der Mitte der Stufen hinab, den es sich mit der Zeit erkämpft hatte. Al-Wazir stapfte hinter Boas her und ging in Gedanken ihren Auftrag durch. Es gab Dutzende Möglichkeiten einen Menschen umzubringen, aber dieser König war kein Mensch.
    Hoffte er.
    Er fragte sich auch, welchen Weg der Schmied Boas beschrieben hatte. Geheime Markierungen waren ja gut und schön, aber al-Wazir machte sich Sorgen, dass sie dem Messingmann auf irgendeine Weise neue Gedanken eingepflanzt hatten. Konnte er Boas noch trauen? Konnte Boas sich selbst trauen?
    Ärzte schnitten einfach nur im Fleisch eines Mannes herum und nähten ihn dann wieder zu. Sie spielten nicht an seinem Gehirn herum, wie ein betrunkener Uhrmacher an der Uhr eines Admirals.
    Als sie auf einem kleinen Treppenabsatz eine schmale Tür erreichten, drehte sich Boas zu ihm um. »Du bist nicht gezwungen, mir hineinzufolgen.«
    »Das glaubst aber nur du, Freundchen«, murmelte al-Wazir. »Jemand muss deinen klappernden Metallarsch retten, so bescheuert das Ganze auch ist.«
    »Ich bin dir dafür dankbar. Aber wenn du dennoch wünschst –«
    »Halt die Klappe und los geht’s.«
    »Ich bin mir nicht gewiss, was als Nächstes geschehen wird«, warnte ihn Boas.
    »Wer fühlt sich vor einer Schlacht schon sicher? Niemand, wenn du mich fragst, außer den Narren und den Toten. Ich bin weder ein Narr noch bist du tot.«
    Boas zerrte an der Klinke, aber die Tür öffnete sich nicht. Er versuchte es mehrfach, aber nichts geschah. »Wir gehen jetzt hinein«, sagte er und riss die Tür schließlich aus ihren Scharnieren.
    Sie rannten in die hohe Kammer hinein, in der al-Wazir am gestrigen Tag Wasser hatte klatschen hören. Heute wurde sie vom Tageslicht erhellt, das in langen Strahlen von oben hineinfiel. Ein riesiger, gläserner Wassertank stand auf acht großen, eisernen Beinen in der Mitte des Raums. Etwas Gigantisches und Silberfarbenes blitzte auf, als eine Wand aus Schuppen an ihnen vorbeiglitt.
    »Der Inhlanzi-König«, sagte Boas.
    Das brachte al-Wazir zum Nachdenken. Er war lange genug auf der Mauer gewesen, um sich Gedanken darüber zu machen, mit wem sie es zu tun haben könnten. Das hier war anders als alles, was er aus Lanarkshire oder der Royal Navy kannte.
    Zwei Soldaten in Messingrüstungen rannten auf sie zu und setzten al-Wazirs kurzem Tagtraum ein jähes Ende. Die Angreifer hatten ihre Speere auf sie gerichtet und bewegten sich in gespenstischer Stille auf sie zu. Niemand hier sprach. Niemand.
    Er erhob den Speer Ophirs und ging auf sie zu, denn er vertraute darauf, dass Boas wusste, was er zu tun hatte.
    Die Soldaten rannten nebeneinander direkt auf sie zu. Allem Anschein nach hatten sie vor ihrem Angriff keinen Alarm gegeben, es sei denn, sie hätten auf die Tür geschlagen, die zur äußeren Kammer führte.
    Es machte tatsächlich den Eindruck, als ob sie verlieren wollten …
    Er drehte den Speer Ophirs um, wich den heranstürmenden Soldaten aus und rammte einem der Soldaten den Kolben von der Seite an den Kopf. Der Mann brach wie ein gepfählter Ochse zusammen, und sein Speer fiel klappernd auf die feuchten Steinplatten. Der andere Soldat drehte sich um, aber anstatt den Nahkampf zu suchen, rannte er mit seinem Speer erneut auf al-Wazir zu.
    Der stellte ihm einfach ein Bein.
    Der Angreifer stürzte keuchend wie ein Kind zu Boden, mit Händen und Knien zuerst.
    Sie kämpften nicht, sie wollten verlieren.
    Damit al-Wazir nicht in Schwierigkeiten geriet, trat er dem zweiten Angreifer ordentlich in die Rippen. Dann rannte er zu Boas hinüber.
    Der Messingmann stand neben der Wand des Wassertanks und starrte in das trübe Wasser.
    »Was hast du vor, Junge?«, ächzte al-Wazir.
    »Ich habe vor, das Gefäß über uns zu beschädigen. Haben wir den Inhlanzi-König erst einmal auf festem Boden, sollte es leichter sein, ihn zu besiegen.«
    »Der Fisch da hat die Größe eines Wals. Da lässt sich der Kopf nicht so einfach abhacken.«
    An diesem Morgen befanden sich über ihnen keine riesigen Augen oder

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