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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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nicht Senhora Barthes. Sie nickte Clarence mit dem Hauch eines Lächelns zu. »Senhor Davies.«
    »Tochter.« Ihre Mutter klang schwach, und ihre Stimme vermittelte dieselbe Anspannung, die in ihrem Gesicht zu sehen war. »Es freut mich, dass es dir gut geht.«
    Clarence erwiderte ihr Lächeln.
    Paolina fragte sich, was sie vorhatten. Es ging sicherlich um die Süßwasserpumpe, auch wenn sie sich entschieden hatte, nur von den Männern gefragt werden zu wollen. »Unter anderen Umständen würde es mir besser gehen.«
    »Bitte.« Ihre Mutter hob eine zittrige Hand. Paolina bemerkte, dass sie dringend einen Gehstock brauchte. »Sprich nicht über das, was vergangen ist. Du musst dir das Vertrauen verdienen, Tochter. Wir haben nur noch wenig Wasser.«
    »Lass sie doch Eimer tragen«, sagte sie verbittert. »Das hätten sie doch auch tun müssen, wenn ich nicht hier wäre.« Ihr Zorn kehrte zurück, die Wut über ihre Einsperrung. »Was bedeute ich den fidalgos schon?«
    »Was bedeutest du den Mädchen, die diese Eimer schleppen müssen?«, fragte Clarence leise.
    Es war seltsam, einen Mann überhaupt darüber sprechen zu hören, welche Arbeit die Frauen verrichteten. Als ob Clarence nie von der natürlichen Ordnung erfahren hatte, die Frauen und Männern ihre jeweiligen Plätze zuteilte. »Ich bin ein Mädchen mit einem Projekt.« Sie nickte in Richtung des Pilzschuppens hinter ihnen. Ein Mädchen mit Zielen, die weit über diesen Ort hinausgehen.
    Die Welt war so klein hier. A Muralha erhob sich über ihnen wie die Mauern des Himmels, und der Atlantik erstreckte sich wie der Burggraben vor Gottes Festung. Und trotzdem hatten die Leute in Praia Nova nichts Besseres zu tun, als in ihren ermüdenden, angestammten Plätzen zu leben, Generation für Generation.
    »Ich werde die Pumpe in drei Tagen in Ordnung bringen«, sagte sie. »Bis dahin werde ich im Pilzschuppen arbeiten. In der Zwischenzeit schlage ich vor, dass die Leute Eimer schleppen. Jeder von ihnen. «
    »Das wird ihnen nicht gefallen«, flüsterte ihre Mutter. »Bitte sei nicht dumm. Sie werden dich wieder –«
    »Nein«, blaffte Paolina. »Das werden sie nicht. Nicht, wenn sie von mir erwarten, jemals wieder einen Finger für dieses Dorf zu rühren.« Sie drängelte sich zwischen ihnen vorbei und bückte sich, um unter der Segeltuchklappe hindurch den Pilzschuppen zu betreten.
    Das Geheimnis, ein Mann zu sein, war ziemlich einfach. Du musst dich nur so verhalten, als ob dir die Welt gehört und jeder dir verpflichtet ist.
    Drinnen wartete die Taschenuhr auf sie, die auf ihrem Rahmen Gestalt annahm. Sie schien in der Dunkelheit schon zu glitzern, bevor sie auch nur einen Kerzenstummel anzündete.
    In der Nacht des dritten Tags nahm sie ihre Taschenuhr mit, als sie den Pilzschuppen verließ. Clarence’ gestohlene Reste wurden wieder in den groben Beutel zurückgelegt und hinter einem der Betten versteckt. Sie wollte nichts mehr als ein eigenes Modell der Welt und die vernünftigen Stiefel, die sie gerade trug.
    Draußen glänzte die Taschenuhr leicht im schwindenden Tageslicht. Sie hatte eine runde Fassung aus dem Enkidumetall hergestellt und ein Glasziffernblatt aus einer alten Laternenlinse. Das Gehäuse war um die Hälfte größer als die Dent-Uhr und damit zu groß für ihre Hände. Das Ziffernblatt hatte sie nicht beschriftet, denn sie kannte bereits die Zeit, aber sie hatte vier Zeiger hinzugefügt. Einen, um die Zeit zu bestimmen, die die Grundlage aller Existenz war, einen, um ihren Herzschlag zu messen, einen, um die Erdumdrehungen zu bestimmen und einen, mit dem sie beliebig all das messen konnte, wonach ihr gerade die Lust stand. Paolina hatte auch den für die englische Uhr typischen Aufzugsmechanismus nachgemacht. Er konnte in vier verschiedene Positionen gebracht werden, um jeden Zeiger zu verändern. Außerdem konnte man ihn ganz herausziehen, um die Antriebsfeder aufzuziehen.
    Als sie sie in der Hand hielt, fühlten sich die Rückseite aus Enkidumetall und das gläserne Ziffernblatt warm an, fast samtartig – wie rasierte Haut. Es schien sich unter ihrer Berührung leicht zu bewegen, als ob sie ein zufriedenes, in kompakte Form gebrachtes Kind in der Hand hielte.
    Der neue Aufzugsmechanismus, ihr Aufzugsmechanismus war wunderschön. Sie war so stolz auf ihre Errungenschaft, dass sie hoffte, mit dieser Schöpfung den Zauberern in England glaubwürdig zu erscheinen.
    »Es wird Zeit, die Pumpe zu reparieren«, teilte sie der zunehmenden

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