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Die Räder des Lebens

Die Räder des Lebens

Titel: Die Räder des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Lake
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nicht ausreichend oder kümmern sich nicht genug um sich selbst, wenn sie unter einem Siegel stehen? , dachte sie. Die Armee musste, wie Hühner, Freilauf erfahren, sich genug zusammensuchen, um überleben zu können, nur um dann wieder eingepfercht zu werden.
    Nur funktionierte die Metapher verkehrt herum. Diese Armee jagte die Engländer. Paolina war zuversichtlich, dass deren mächtige Zauberer die gesiegelten Armeen Ophirs zurückwerfen konnten, aber sicherlich wäre solch uralte Magie auch für sie eine Herausforderung. Vielleicht war die Bassett bereits auf dem Weg, um sich dem Kampf zu stellen und den Krieg in die Reihen der englischen Feinde zu tragen.
    Als die Schatten schließlich einen samtenen Grauton angenommen hatten und nur die Sterne und das Messing den Himmel erhellten, wandte sie sich erneut Boas zu. Paolina hielt den Schimmer in ihrer Handfläche. Er war sicher an ihren Körper gedrückt. Sie stellte die Rändelschraube erneut auf die vierte Position ein und hielt den Zeiger an, der Boas’ Zeit zählte.
    Das Leben kehrte mit einem heftigen Ruck in ihn zurück, genau, wie es schon im Palast der Obrigkeit der Fall gewesen war.
    »Still«, sagte sie. »Mach keine Geräusche. Wir müssen bald los.«
    Boas erhob sich und folgte ihr an den Rand des Felsvorsprungs. An seinem östlichen Ende lief er zu einer schmalen Spitze zu und wurde Teil der Geröll- und Trümmerhaufen, die bis an den Dschungelrand am Fuß von a Muralha reichten.
    Paolina suchte sich einen Weg im Licht der gleichgültigen Sterne und nahm Boas mit sich. Sie schritten langsam und vorsichtig oberhalb der gesiegelten Armee vorbei, aus deren Lager gelegentliche Geräusche ihrer Nachtruhe zu hören waren.
    Einige Stunden später, als sie so müde war, dass sie bei fast jedem Schritt stolperte, suchte Paolina nach einem Lagerplatz. Afrika schillerte vor ihr im Mondlicht, auch wenn sie die Entfernung nicht richtig einschätzen konnte – ob es nun ein guter Kilometer oder knapp zehn sein mochten, es war keine allzu lange Strecke mehr. Sie würden ihr Ziel am nächsten Tag noch vor der Abenddämmerung erreichen. Es schien ihr relativ sicher, dass sie die Engländer leicht finden würden, wenn sie erst mal dort waren.
    Sie sah in eine Felsspalte hinab und fragte sich, ob dieser Ort ihnen Schutz bieten würde, als Boas endlich wieder sprach. »Bitte verzichte in Zukunft darauf, dies gegen mich anzuwenden.« Er sprach sehr sanft.
    »Du hast mich a Muralha hinuntergetragen, ohne mich zu fragen«, blaffte Paolina ihn an. Sie fühlte sich sofort töricht. Das war kaum dasselbe.
    »Das war nicht der Tod. Was du mir angetan hast … war …«
    »War es anders als das, was mit dir im Palast der Obrigkeit geschehen ist? Wo ich dich gerettet habe?« Der jammernde Tonfall ihrer Stimme ärgerte sie selbst, aber Paolina schien sich nicht daran hindern zu können.
    »Das war eine Angelegenheit unter Messing«, sagte er. »Du hast mich vollständig angehalten.«
    »Und hier bist du wieder.« Da war der Trotz. Es war, als ob sie ein Mann geworden wäre. Paolina versuchte, sich an den Emotionen vorbeizukämpfen, die sie eindeutig verwirrten. »Es tut mir leid, Boas. Ich dachte, ich könnte es recht … nein. Ich wusste, dass es nicht rechtens war. Dass ich überhaupt an die Möglichkeit dachte, dass ich das tun könnte, war nicht rechtens.«
    Sie holte tief Luft und begann erneut: »Hör zu, dies könnte der Schlüssel zu deinem Wort sein, dem Wort, das du mich auszusprechen gebeten hast. Das Wort, das dich von den Fesseln deines Siegels befreit, das dich zu deiner eigenen Maschine macht.«
    »Wenn Menschen sich selbst zu täuschen versuchen, sind sie immer äußerst nervös.« Er kauerte sich neben sie. »Ich bin Messing. Du bist Fleisch. Würde ich dich anhalten, wie du mich angehalten hast, so würdest du nicht wieder anlaufen. Verwechsle nicht das, was mit mir gemacht werden kann, mit dem, was man mit mir tun sollte .«
    »Selbst wenn ich auf diese Weise dein Wort finde?« Sie war felsenfest davon überzeugt, dass dies möglich war.
    »Selbst dann. Außer ich selbst bitte dich irgendwann darum.«
    Paolina nickte, rollte sich dann zusammen und versuchte trotz ihres unbändigen Hungers zu schlafen. Donnergrollen in der Ferne weckte sie mehrfach auf. Schließlich bemerkte sie, dass es sich um das Feuer von Kanonen handelte.
    Al-Wazir
    Er war auf das grauenhafte Kreischen zersplitternden Gesteins nicht gefasst gewesen, als sich der Dampfbohrer in die Mauer

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