Die rätselhaften Worte
ihm«, wies ihn Pascoe an. »Und seien Sie vorsichtig. Wenn er reden will, in Ordnung. Aber Sie halten besser den Mund.«
Ihm entging nicht, daß er den jungen Constable vor den Kopf gestoßen hatte, aber es war ihm gleich.
Ein Stockwerk höher traf er auf den Dicken, der die Kopien des Obduktionsberichts und der Laboranalyse studierte.
»Der Fall liegt jetzt anders«, sagte er. »Schau dir das an.«
Als Pascoe die Berichte überflog, wurde ihm elend zumute, und gleichzeitig erfüllte ihn ein Gefühl des Triumphs.
Johnson war an Herzversagen gestorben. Kurz vor seinem Tod hatte er ein Hühnchensandwich und einen Schokoladenriegel gegessen sowie Kaffee und erhebliche Mengen Whisky getrunken. Am interessantesten für die Polizei war aber, daß im Organismus Spuren des Beruhigungsmittels Midazolam entdeckt worden waren, das vor allem bei Kindern zur Anästhesie bei kleineren Operationen verwendet wird. In Verbindung mit Alkohol ist es lebensbedrohlich, und diese Kombination konnte sich für einen Herzkranken wie Johnson als tödlich erweisen, wenn nicht sofort ein Gegenmittel verabreicht wurde.
Das Medikament war in großen Mengen in der Whiskyflasche nachzuweisen und fand sich in Spuren auch in der Kaffeetasse, aber weder in dem Glas mit Rootes Fingerabdrücken noch in der Kaffeekanne.
»Wir haben den Mistkerl!« freute sich Pascoe.
Aber diese Neuigkeiten schienen den Dicken keineswegs zur Meinung des Inspektors bekehrt zu haben. Vielmehr schien er sich nur in all seinen Zweifeln bestärkt zu fühlen.
»Immer mit der Ruhe, Pete. Das heißt, wir haben gar nichts.«
»Wie bitte? Jetzt wissen wir doch, daß es Mord war. Und auf jeden Fall ist deine Theorie damit widerlegt. Schau, kein Hinweis auf sexuelle Aktivitäten vor dem Ableben.«
»Also sind sie nicht dazu gekommen. Aber das heißt noch lange nicht, daß der Rest nicht stimmt – außer, daß Johnson damit gerechnet hat, daß Roote viel eher zurückkommt, sagen wir innerhalb einer Stunde. Und da schluckte er eine Dosis von dem Medikament, um das Bewußtsein zu verlieren und seinem kleinen Freund einen Schreck einzujagen.«
»Ach ja? Und was will Johnson mit Midazolam in seinem Arzneischränkchen? Das Zeug kriegst du nicht mal auf Rezept.«
»Und wie kommt Roote da ran?«
»Er hat in Sheffield im Krankenhaus gearbeitet, weißt du nicht mehr? Und er ist genau der hinterhältige Typ, der sich so was besorgt, nur für den Fall, daß er es mal brauchen könnte.«
»Dafür hast du keinen Beweis in der Hand«, gab Dalziel zu bedenken. »Gut, reden wir mit dem Kerl. Aber wir gehen es sachte an.«
»Ich dachte, wir reißen ihm die Fingernägel aus?« knurrte Pascoe.
»Wir nehmen eine Zeugenaussage auf, und damit hat sich’s«, entschied der Dicke mit ernster Miene. »Schreib dir das hinter die Ohren, oder halt dich raus.«
Pascoe holte tief Luft, dann nickte er.
»Du hast recht. Okay. Aber warten wir noch einen Moment. Ich muß kurz mit Wieldy reden.«
Der Sergeant hörte sich schweigend an, was Pascoe zu sagen hatte. Der Versuch, diesem Gesicht eine Reaktion zu entnehmen, glich der Suche nach einem verlorenen Stein auf einer Geröllhalde, aber Pascoe hatte ein ungutes Gefühl.
»Schau«, sagte er ungeduldig. »Es ist eigentlich ganz einfach. Wir haben hier einen Mann, der sich, nach der Ansicht des Superintendenten, umgebracht hat. Ich habe gehört, daß er vor ein paar Monaten einen Trauerfall erlebt hat, der ihm persönlich wohl sehr nahegegangen ist. Wird der Coroner nicht alles erfahren wollen, was Licht auf Sam Johnsons Gemütsverfassung werfen könnte?«
»Warum rufst du dann nicht selbst in Sheffield an?«
»Weil, wie du genau weißt, Wieldy, alles ein bißchen schiefgelaufen ist, als ich sie das letzte Mal um Hilfe gebeten habe. Roote ist mit aufgeschnittenen Pulsadern im Krankenhaus gelandet, und man munkelte etwas von Amtsmißbrauch durch einen Polizisten. Deshalb könnte der Name Pascoe böses Blut wecken.«
»Nur, wenn es wieder eine Verbindung mit dem Namen Roote gibt«, meinte Wield. »Und das ist doch nicht der Fall?«
»Natürlich nicht. Es geht um Ermittlungen in einem Selbstmordfall. Rootes Name muß gar nicht erwähnt werden. Wenn du schon dabei bist, könntest du allerdings auch gleich in dem Krankenhaus, wo Roote gearbeitet hat, anfragen, ob dort zu seiner Zeit Midazolam verschwunden ist.«
»Auch, ohne seinen Namen zu erwähnen?« fragte Wield.
»Ist mir gleich, was du erwähnst«, entgegnete Pascoe ungehalten. »Ich weiß
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