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Die rätselhaften Worte

Die rätselhaften Worte

Titel: Die rätselhaften Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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schlecht aus. Zwar nicht gerade ein Ladykiller, aber ein Typ, der einem ans Herz wachsen konnte.
    Sie lachte laut auf. »Aber sagen Sie mal, wenn ich teilnehmen wollte, ist die Meßlatte hoch gelegt?«
    »Die Texte sind recht vielversprechend«, meinte er vorsichtig.
    »Versprechen sie so viel wie die Politiker, wie ein Mann beim Heiratsantrag oder wie die Bank von England?« wollte sie wissen.
    »Um das zu beurteilen, müssen Sie abwarten, bis das Ergebnis bekanntgegeben wird.«
    »Und wann ist das?« fragte sie. »Ich würde gern in
Out and About
einen Beitrag darüber bringen, vielleicht die Autoren interviewen, die in die engere Wahl gezogen wurden. Möglicherweise könnten wir sogar das Ergebnis live übertragen.«
    »Nette Idee«, sagte er. »Aber ich vermute, Mary Agnew wird den Namen des Siegers lieber in der
Gazette
veröffentlichen wollen. So etwas ist gut für den Absatz.«
    »Oh, Mary kenne ich gut. Ich habe früher für sie gearbeitet. Erst heute morgen habe ich mit ihr gesprochen, und ich bin mir sicher, wir einigen uns irgendwie«, erklärte Jax mit dem Selbstvertrauen einer Journalistin, die von einer gottgegebenen Überlegenheit des Fernsehens gegenüber den Printmedien ausgeht. »Was ich bräuchte, wären ein paar Vorabinformationen. Ich könnte sogar heute abend in der Sendung eine Vorankündigung bringen. Haben Sie ein bißchen Zeit? Vielleicht könnte ich Sie zum Essen einladen?«
    Dee setzte zu einer höflichen Absage an, als die Bibliothekstür aufgestoßen wurde und ein großer, schlanker Mann eintrat, dessen goldene Haarmähne ein affenartig kleines Gesicht umrahmte. Er kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu.
    »Jax, meine Liebe. Man hat mir gesagt, daß Sie hier im Haus herumlaufen. Ihr Gesicht ist zu berühmt, als daß Sie unbemerkt an meinen Türwächtern vorbeikämen. Ich nehme doch an, daß Sie vorhatten, mich aufzusuchen, aber ich wollte kein Risiko eingehen.«
    Er legte seine Arme auf Jax’ Schultern, und sie begrüßten sich mit drei Küßchen.
    Bei ihrer ersten Begegnung mit Percy Follows hatte Jax ihn als eingebildeten Trottel eingestuft. Aber in der Welt der Männer mußte ein eingebildeter Trottel nicht unbedingt als Dummkopf gelten und seinen Aufstieg vermasseln, und es war nicht auszuschließen, daß er irgendwann einmal von den erklommenen Gipfeln aus einer ehrgeizigen Frau die Hand reichen konnte. Also sagte sie zuckersüß: »Ich hatte angenommen, Sie wären bei einem wichtigen Arbeitsessen, Percy, und zu einem solchen versuche ich übrigens gerade Mr. Dee zu überreden. Aber er wollte mir soeben erklären, daß er für solche Leichtfertigkeiten keine Zeit hat, weil Sie ihn so erbarmungslos schuften lassen.«
    »Tatsächlich?« meinte Follows leicht verwirrt.
    »Offensichtlich. Scheinbar hat er noch nicht einmal Zeit für ein Arbeitsfasten. Und ich würde ihn gerne aushorchen, da ich ein paar Beiträge über diesen Short-Story-Wettbewerb bringen möchte, den Sie angeregt haben. Genau solche kulturellen Initiativen brauchen wir in Mid-Yorkshire. Natürlich will ich Sie später auch dazu interviewen, aber ich fange immer gern bei den einfachen Arbeitern an …«
    Sie ist wirklich gut, dachte Dee, als sie ihn mit einem kurzen Lächeln bedachte und ihm verstohlen aus dem Augenwinkel zuzwinkerte.
    »Tatsächlich?« sagte Follows. »Dann müssen Sie natürlich gehen, Dick. Hiermit löse ich Ihre Fesseln.«
    »Ich bin allein hier«, wandte Dee ein. »Rye ist in der Mittagspause.«
    »Kein Problem«, meinte Follows großzügig. »Ich werde den Laden selber schmeißen. Wir haben hier eine gelebte Demokratie, Jax, jeder ist bereit und in der Lage, für jeden anderen einzuspringen. Gehen Sie, Dick, gehen Sie, solange ich in Gönnerlaune bin.«
    Während sein Chef Laurence Olivier imitierte, machte Dee mit dem Charme Harold Lloyds seinen Platz am Bildschirm frei, zog sein lederbesetztes Tweedjackett an, nahm mit altmodischer Höflichkeit Jax’ Arm und geleitete sie zur Tür hinaus.
    »Und wohin entführen Sie mich?« erkundigte er sich, als sie die Treppe hinuntergingen.
    Sie ließ sich die Alternativen durch den Kopf gehen. Pub? Zu voll. Hotelrestaurant? Zu förmlich.
    Seine Hand berührte immer noch ihren Arm. Überrascht ertappte sie sich bei dem Gedanken: Berühr mich ruhig, wo du magst, Süßer.
    Eigentlich sollte es doch umgekehrt laufen. Er sollte das Gefühl haben, daß man sie gern haben, daß man gut mit ihr reden konnte!
    Sie erinnerte sich an die weisen Worte von Mary

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