Die rätselhaften Worte
hat.«
»Oh, Scheiße. Also hat dieser Irre sie umgebracht!« rief Rye entsetzt.
»Nicht unbedingt. Es gibt noch andere Wege, wie der Wordman die Informationen bekommen haben könnte. Wir haben keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß Ainstable gehalten hat, um jemandem zu helfen. Und mein Zeuge, der die Scheinwerfer gesehen hat, wird langsam senil und ist sich nicht hundertprozentig sicher, was er zum Frühstück gegessen hat.«
»Großartig! Und dafür sollte ich Geheimhaltung schwören?«
»Es ist so oder so wichtig«, erwiderte Bowler ernst. »Wenn nichts dahintersteckt, dann wollen wir doch bestimmt nicht Angst und Panik verbreiten, weil angeblich ein Serienmörder unterwegs ist, oder? Und wenn etwas dran ist …«
»Schon gut, schon gut«, unterbrach sie. »Du hast recht, ist wohl eine unangenehme Angewohnheit von dir. Und nun, Sherlock, wie lautet deine Meinung als Experte?«
»Ich? Mit meinem Dienstgrad kann ich es mir nicht leisten, eine eigene Meinung zu haben. Ich reiche die Sachen nur an meine Vorgesetzten weiter, und die entscheiden dann, was als nächstes zu tun ist.«
Bei diesen Worten lächelte er, und Rye sagte kühl: »Findest du das besonders amüsant?«
»Ganz bestimmt nicht. Ich lache nicht darüber. Ich denke nur gerade an meinen Inspektor, der sich für nichts interessiert, als geruhsam in den Hafen des Ruhestands einzulaufen, und nichts mehr haßt, als in einer derartig schwierigen Sache eine Entscheidung treffen zu müssen.«
»Da bin ich aber froh, daß das Gemeinwohl in so zuverlässigen Händen ruht.«
»Keine Sorge. Er ist eher untypisch. Du solltest mal den Oberboß kennenlernen.«
Bei dem Gedanken an Andy Dalziel verdüsterte sich seine Miene. Warum hatte ihn der Kerl bloß auf dem Kieker? Doch hoffentlich nicht, nur weil er studiert hatte? Pascoe kam ebenfalls von der Uni, und mit ihm konnte der Dicke ganz gut, ohne daß es zu Mord und Totschlag kam.
»Hallo?« sagte Rye. »Bist du noch da, oder bekommst du gerade Botschaften vom Planeten Zog?«
»Ja. Tut mir leid. Schon beim bloßen Gedanken an unseren Superintendent wird mir flau. Paß auf, ich halte dich auf dem laufenden über alle weiteren Entwicklungen an der Wordman-Front, das verspreche ich. Und vermutlich hat sich bei euch nichts Neues ergeben?«
»Noch mehr Dialoge, meinst du? Nein, natürlich nicht, sonst hätten wir dich angerufen. Und heute abend ist Einsendeschluß, also bleibt nicht mehr viel Zeit.«
Er sah sie ernst an und sagte: »Wenn unser Wordman wirklich Menschen umbringt, dann wird er sich vom Einsendeschluß eines Short-Story-Wettbewerbs nicht beeindrucken lassen.«
Sie ärgerte sich mehr über sich selbst als über ihn. »Danke für den Hinweis, daß ich ein bißchen blöd bin. Gehört das auch zu deinem Job?«
»Nein. Aber vielleicht zu deinem?«
»Wann hab’ ich das getan?«
»Als du und Dee angefangen habt, lange Wörter zu benutzen, die ich, wie ihr richtig vermutet habt, nicht kapiere.«
»Zum Beispiel?«
»Als ich dir gesagt habe, wie mich meine Freunde nennen, hast du gemeint, das sei ziemlich
paronoidistisch
oder so.«
»Paronomasie«,
sagte sie. »Tut mir leid. Da hast du recht. Paronomasie heißt einfach Wortspiel.«
»Und was hat Dee gesagt?«
»Paronomanie.«
Sie lächelte. »Das ist ein zwanghaftes Interesse an Buchstabenspielen. Und Paronomania heißt so ein Brettspiel, das Dee besonders schätzt. So ähnlich wie Scrabble, nur schwieriger.«
Eigentlich interessierte er sich gar nicht für Dees Klugheit oder für irgendwelche Hinweise auf eine nähere Vertrautheit zwischen Rye und ihrem Chef, aber er konnte es sich nicht verkneifen zu fragen: »Hast du dieses Para-Dingsda auch schon gespielt?«
Sie schenkte ihm ein kühles Lächeln, als wisse sie genau, in welche Richtung seine Gedanken gingen. »Nein. Es hat den Anschein, daß nur zwei Leute das Spiel beherrschen. Der eine ist Dick und der andere Charley Penn.«
»Der Schriftsteller.«
»Gibt es noch einen anderen?«
Er sah keinen Sinn darin, das zu vertiefen. »Und nachdem wir beide dafür gesorgt haben, daß sich der andere blöd vorkommt, wie steht’s mit nächsten Sonntag?«
Sie tat zwar nicht so, als würde sie ihn nicht verstehen, sagte aber: »So blöd komme ich mir auch wieder nicht vor. Wofür steht eigentlich das E?«
»Welches E?«
»E. Bowler. Auf deinem Bibliotheksausweis. Das E. Komm schon. Was versteckst du unter deinem Hut, Hat?«
Er sah sie zweifelnd an, dann holte er tief Luft und sagte:
Weitere Kostenlose Bücher