Die rätselhaften Worte
mißverstanden. Eine Art von Anmache, die sich manches Mädchen gerne gefallen ließe. Die gute alte Romantik ist rar geworden heutzutage, nicht wahr?«
Hats kaum verhohlene Entrüstung drückte sich in einem wütenden Schnauben aus, und er hätte sich zu einer offen feindseligen Bemerkung hinreißen lassen, wenn Pascoe nicht rasch erklärt hätte: »Sie haben uns sehr geholfen, Mr. Penn. Ich glaube, auf eine schriftliche Aussage können wir verzichten. Wir finden allein hinaus.«
Auf der Straße meinte er: »Hat, es ist nicht gut, wenn Sie sich Ihre persönlichen Animositäten gegen einen Zeugen so deutlich anmerken lassen.« Den Tadel mildernd, fügte er hinzu: »Ich spreche aus Erfahrung.«
»Ja, Chef. Tut mir leid. Aber er ist mir wirklich zuwider. Ich weiß, ich kann es nicht beweisen, aber ich habe das Gefühl, mit dem Kerl stimmt was nicht. Vielleicht hat das ja mit seinem Beruf zu tun, Schriftsteller.«
»Verstehe. Schriftsteller müssen irgendwie komisch sein, wie?« sagte Pascoe leicht amüsiert.
Da fiel Hat Ellie Pascoe ein.
»Mist. Tut mir leid, ich wollte nicht …«
»Natürlich nicht. Nur alternde Schriftsteller männlichen Geschlechts sind so komisch, romantische Gedichte für leicht zu beeindruckende junge Frauen herumliegen zu lassen, ich weiß schon.«
Lachend stieg er in den Wagen.
Nun, solange die Vorgesetzten noch über mich lachen, ist wohl nicht alles verloren, dachte Hat.
*
Die ersten Tage der Untersuchung eines Mordfalls, besonders, wenn sie so kompliziert zu werden versprach wie die Jagd nach dem Wordman, waren stets von großer Geschäftigkeit gekennzeichnet. In diesem Stadium ließ sich unmöglich sagen, was sich als produktiv und was sich als komplette Zeitverschwendung herausstellen würde. Deshalb wurde alles mit zeitaufwendiger Hingabe ans Detail erledigt. Ein erster Erfolg war, daß man auf Ripleys linkem Pantoffel den Teilabdruck eines Daumens fand, der nicht von ihr stammte. Es sprach für Dalziel, daß er sich nicht in diesem Triumph sonnte, aber vielleicht nur deshalb nicht, weil die Experten meinten, selbst, wenn sie einen passenden Abdruck in der Kartei hätten, ließen sich wohl kaum die nötigen sechzehn übereinstimmenden Punkte finden, ohne die ein Fingerabdruck vor Gericht nicht als Beweis anerkannt wird. Die Computertechnik ermöglichte zwar eine viel schnellere Überprüfung als in der guten alten Zeit, hatte aber bislang nichts erbracht.
Die Obduktion hatte ergeben, daß ein Stich mit einem langen, schmalen Messer zum Tod geführt hatte. Der nach der Untersuchung am Tatort abgegebene Befund des Rechtsmediziners, der keine Anzeichen einer Vergewaltigung festgestellt hatte, wurde ebenfalls bestätigt. Möglicherweise hatte Ripley im Verlaufe des Tages geschützten Verkehr gehabt, doch falls dies gegen ihren Willen geschehen war, so mußte sie zu viel Angst gehabt haben, um sich zu wehren.
Der erste Obduktionsbericht war also nicht besonders hilfreich. Aber später hatte der Pathologe noch einmal angerufen und mitgeteilt, bei der zweiten Untersuchung sei eine Bißspur auf der linken Hinterbacke entdeckt worden. Sie sei kaum zu sehen, weil sie sich in der Körperregion befände, die von der äußeren Hypostase oder den Totenflecken betroffen sei. Damit wollte er wohl andeuten, der Biß wäre möglicherweise unentdeckt geblieben, wenn er nicht so gewissenhaft seiner Pflicht nachgekommen wäre. »Wahrscheinlich war es der Gehilfe des Leichenbestatters oder die Putzfrau«, lautete der zynische Kommentar von Dalziel. Man machte Aufnahmen und legte sie Professor Henry Muller vor, Mid-Yorkshires Koryphäe auf dem Gebiet der forensischen Zahnmedizin, bei seinen Studenten und auch bei der Polizei als
Mr. Molar
bekannt. Die Diagnose des Professors war so vage wie die des Fingerabdruckexperten. Ja, er könne definitiv sagen, wessen Zähne diese Spuren definitiv
nicht
hinterlassen hätten, doch bezweifelte er, bei seiner Prognose mehr als eine hohe Wahrscheinlichkeit angeben zu können, wenn man ihm ein passendes Gebiß zeigte.
»Experten«, meinte Dalziel. »Die hab’ ich gefressen. Blut, Schweiß und gute ehrliche Arbeit, mit nichts anderem fängt man so einen Dreckskerl.«
Zu den ehrlichen Arbeitern gehörte von der ersten Stunde an Hat Bowler. Am Samstag fand er kaum eine Minute Zeit, um Rye anzurufen und ihr beizubringen, was er seit dem Moment wußte, als er Jax’ Leiche gesehen hatte: daß er seinen freien Sonntag vergessen konnte und ihr Ausflug nach
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