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Die Rättin

Die Rättin

Titel: Die Rättin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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zierlichem Degen teilen, die Turmruine treppauf, sich über die Schlafende beugen... Da lauert ihm im hohlen Baum die Hexe auf. Sie packt ihn am Genick und küßt ihn, bis ihm die Schnürsenkel aufgehen. Schreiend läuft er den anderen nach, die Hexe ihm hinterdrein. Zuhinterst treibt Rübezahl das traurige Paar vor sich her, denn immer wieder wollen Jorinde und Joringel in Trübsinn versteinert Moos ansetzen.
Im Knusperhäuschen herrscht Pensionsbetrieb. Als Kellner serviert Rumpelstilzchen blaue, rote und grüne Getränke. Die Grimmbrüder trinken Waldmeisterflip. Nachdem er seinen Drink gekippt hat, legt der Froschkönig die unter Migräne leidende Dame neben den Brunnen, in dessen Loch er steigt, um sogleich als Frosch aus dem Brunnenloch zu springen und auf der Dame Stirn Platz zu nehmen. Da legt sich Gretel, als müsse auch ihre Stirn gekühlt werden, neben die Dame. Den vorhin noch gleichmäßig atmenden Frosch erfaßt Unruhe: Er springt von der damenhaften auf die kindliche Stirn und wieder zurück, um abermals und abermals zu wechseln. Die Hexe sieht das mit gelben Augen. Wie sie sich versuchsweise andererseits neben die Dame legt, bespringt der Frosch nun auch ihre hexische Stirn. Keine Rast zwischen Sprung und Sprung, auf jeder Stirn ist Kühle gefragt.
Amüsiert sehen die Pensionsgäste den atemlosen Anstrengungen zu. Die Sieben Zwerge deuten mit anzüglichen Gesten den Sinn der Springerei. Hänsel ärgert sich über Gretel»Die hat sie nicht alle!« Ein wenig befremdet nehmen die Grimmbruder diese sprunghaften Variationen wahr. Wilhelm sagt zu Jacob: »Du siehst, Bruder, unsere Märchen haben ihr Eigenleben.«
Worauf die Böse Stiefmutter die Abwesenheit der Hexe nutzt und den Grimmbrüdern das Museum zu zeigen beginnt. Sie sagt: »Alles in gutem Zustand. Die Knöchlein, der giftige Apfel, der Kamm, der Gürtel. Nur die Spindel ist fort. Die Herren können sich gewiß denken, wohin!«
Nun sind alle Damen um die Grimmbrüder bemüht, besonders Rotkäppchen und Rotkäppchens Großmutter, die ihr Märchen zeigen wollen. Kaum läuft im Zauberspiegel der alte Schwarzweißfilm an, werden beide von Rapunzel vertrieben, die den traurigen Prinzen mit ihrem Rapunzelfilm aufmuntern will. Nach kurzem Streit schon liegen sich Rotkäppchen und Rapunzel in den Haaren schlichtet die Böse Stiefmutter: »Wir sollten dem Prinzen ein wenig Ablenkung gönnen. Der Arme. Seht, wie er leidet!«
Darauf gucken sich alle mit den Grimmbrüdern, die gerührt und zugleich verwirrt sind, altmodischen Kintopp in flimmernden Bildern an.
Darin geht es so traurig zu, daß das Mädchen ohne Hände weinen muß. Es kaut an den Nägeln seiner linken abgehauenen Hand, die von der rechten gehalten wird. Rumpelstilzchen schneuzt sich. In Tränen Jorinde und Joringel.
Ein wenig blöd schaut der Dornröschenprinz dem Prinzen im Film zu und lacht unpassend zu dessen Ruf: »Rapunzel, Rapunzel, laß mir dein Haar herunter«der den Zauberspiegelfilm als Untertitel kommentiert.
Wütend läuft Rotkäppchen aus dem Haus, die Großmutter hinterdrein. Gerade sieht sie noch, welche Zuflucht Rotkäppchen genommen hat. Die Alte setzt sich neben den vollgefressenen Wolf, dessen Reißverschlußbauch spannt, und liest ihm aus dem Grimmschen Wörterbuch Wörter vor, die mit ab beginnen: abartig, abbitten...
Noch immer, wenn auch ein wenig matt mittlerweile, springt der Frosch von Stirn zu Stirn.
Neben dem Haus klaftert Rübezahl wütig Holz.
Vorm Knusperhäuschen spielen die Sieben Zwerge Karten. Niemand will mehr den guten Ausgang des Rapunzelfilms sehen; nur noch sie, im langen Haar, sitzt selbstvergessen und sieht ihrem Glück zu.
Unruhig läuft der wachküssende Prinz durch das Haus und will küssen küssen... Als er dem Mädchen ohne Hände einen Kuß gibt, wird er von den abgehauenen Händen links rechts geohrfeigt.
Beunruhigt sprechen die Grimmbrüder, unterstützt von Hänsel, auf die Böse Stiefmutter ein. (Es sollte jetzt nicht, wie unser Herr Matzerath vorschlug, eine Diskussion über die authentische Fassung des Schneewittchenmärchens beginnen, nach der die leibliche Mutter böse sein muß, während in der späteren Bechsteinfassung von einer Bösen Stiefmutter die Rede ist; vielmehr soll die Handlung wieder in Gang kommen.)
Jacob Grimm sagt: »So kann man die Dinge nicht laufen lassen! Schließlich ist die Republik ohne Regierung.« Wilhelm Grimm spricht besorgt: »Es könnte ein Chaos ausbrechen!«
Hänsel ruft: »Genau! In Bonn, die spielen

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