Die Rättin
wollten sie sich ein Fest geben. Wie sie lärmen und uns zur Schau tragen, wie sie die Bürger erschrecken, sich tierisch geben wollten.
Es kam nicht dazu. Man hätte sie ohnehin weggeräumt. Es standen ja überall bis zum Schluß Ordnungskräfte bereit. Ach, Ratten wollten sie sein und blieben doch arme, am Ende verlassene, ja, auch von uns verlassene Punks. Sie sind uns gut gewesen, wie kein Mensch zuvor. Von Geburt an verlorene Kinder, einzig uns Ratten waren sie lieb, sagte die Rättin, von der mir träumt. Hätten wir Zuflucht gewußt, wir hätten sie mit uns genommen am Ende...
Was heißt hier Schluß, Ratte! Ist ja nichts fertig. Kein Loch gestopft, kein Rätsel gelöst. Nie zuvor soviel Fäden, die nicht verknüpft. Überall Stückwerk und Stümperei. Und Stümper, die feixend das Sagen haben. Jede Zeitung schreit, alles Gerede verschweigt es. Nicht einmal halbwegs sind wir, eher zurückgefallen.
Da kannst du nicht Schluß, basta, das reicht sagen. Wäre ja Fahnenflucht das. Einfach davon. Und zwar mitten im Satz. Ohne das Allernotwendigste und bevor nicht dies noch und das. Zum Beispiel die Renten gesichert, der Müll versorgt. Denn wenn wir die Stahlkrise nicht und anderes nicht in den Griff: den Butterberg abgetragen und Kabel überall hin verlegt, endlich das Volk gezählt und die Ausländerfrage vom Tisch. Durchhalten dann, bis die Zinsen gesenkt und der Aufschwung, auf den wir alle, ohne den nix, denn vorher war ja kein Silberstreif und weg das Gelbe vom Ei.
Nein, Ratte, nein! Ist nichts mit Schluß. Zumal jetzt die Großmächte zum Gespräch endlich, damit rechtzeitig Entschlüsse, nämlich die richtigen, denn das hat mittlerweile jeder kapiert, daß nur Maßnahmen beiderseits gleichzeitig ausgewogen, damit wir berechenbar, wenn auch in letzter Minute. Und da redest du, Ratte, von Schnitt, ausblenden, Saft weg, Sense, Kassensturz, Amen, war einmal, ist nicht mehr, Vorhang und Weltenende, Ultimo sozusagen? Dabei ist uns aufgetragen und sind wir verpflichtet, wenn schon für uns nicht, dann doch für unsere Kinder, damit wir nicht eines Tages beschämt und ohne, ich meine die großen Ziele, etwa die Erziehung des Menschengeschlechts oder der gröbste Hunger muß weg und der Müllberg muß weg, zumindest aus Sichtweite, bis endlich flankierende Maßnahmen und wieder paar Fische in Elbe und Rhein. Und richtig! Abrüsten wollten wir auch noch, bevor es zu spät ist.
Doch du sagst Schluß. Als wären wir fertig. Als hätten wir ausgeschissen schon längst. Als bliebe nicht dies noch und das zu tun. Und zwar bald, nein, sofort. Denn soviel hat mittlerweile jeder begriffen oder halbwegs kapiert, daß außer dem Frieden und bißchen Gerechtigkeit mehr, endlich der Wald, nicht nur der deutsche, der Wald überhaupt, wenn er schon nicht mehr zu retten ist, gefilmt werden muß immerhin. Und zwar in allen Stimmungen und in Farbe zu jeder Jahreszeit, damit er als Dokument erhalten und nicht aus unserem Gedächtnis und dem unserer Kinder. Denn ohne Wald, Ratte, sind wir arm dran. Weshalb wir schon deshalb und weil wir uns schuldig sind das, uns fragen müssen, was uns der Wald, nicht nur der deutsche, aber das sagte ich schon, bedeutet, nein, sagt, damit wir später, zumindest im Film mit unseren Kindern, solange noch Zeit ist ein wenig.
Und zwar, bevor du, Ratte, Schluß Schnitt Sense sagst. Wann Schluß ist, bestimmen immer noch wir. Wir sind am Drücker. Wir hüten das Knöpfchen. Wir werden schließlich das alles vor unseren Kindeskindern, wie auch die Müllund Ausländerfrage, zuletzt den Hunger, zumindest den gröbsten, den Butterberg auch zu verantworten haben.
Weil der Wald
an den Menschen stirbt, fliehen die Märchen,
weiß die Spindel nicht,
wen sie stechen soll,
wissen des Mädchens Hände, die der Vater ihm abgehackt, keinen einzigen Baum zu fassen, bleibt der dritte Wunsch ungesagt.
Nichts gehört mehr dem König Drosselbart. Es können die Kinder sich nicht mehr verlaufen. Keine Zahl Sieben bedeutet mehr als sieben genau.
Weil an den Menschen der Wald starb, gehen die Märchen zufuß in die Städte und böse aus.
Ich kenne die Strecke. Von Lauterbach, wo dazumal im Lied ein Strumpf verlorenging, führt »Die deutsche Märchenstraße« durch einst dichten Mischwald.
Es könnten auch andere Straßen durch Schneisen in den Pfälzer Wald, hoch hinauf in den Schwarzwald, tief in den Bayrischen Wald, ins Fichtelgebirge oder in den Solling, den Spessart hinein, in Waldgebiete führen, die hier auf den
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