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Die Räuber

Die Räuber

Titel: Die Räuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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all dem Wahnsinn,
    wie Amalia den verruchten Bruder liebt, ja! — ebenso liebte
    ich schon, da ich kaum zum Jünglinge gereift, das Kind von
    zwölf Jahren. Älter geworden, von ihr verworfen, glaubte ich
    eine Leidenschaft, die mir verderblich werden mußte, be-
    siegen zu können, indem ich sie preisgab aller anlockenden
    Lust der Welt. Ich durchreiste Frankreich, Italien, aber ihr
    Bild — ihr Bild, glaubt’ ich es verblichen, strahlte immer wie-
    der auf in neuem Glanz! — Tötendes Gift gärte in meinem
    Innern! — Nirgends Ruhe, nirgends Rast! — Wie der Nacht-
    vogel immer enger und enger die Flamme umkreist und end-
    lich in der Glut seines Sehnens sein Grab findet, so kam ich,
    mit dem festen Vorsatz, Amalien niemals wiederzusehen, ihr
    doch immer näher und näher, bis ich, dem Willen des Vaters
    nur scheinbar nachgebend, zurückkehrte in das Schloß. Mein
    Vater sieht meine Qual, er verabscheut Amaliens unwürdige
    Neigung, er glaubt, daß ihr verwirrter Sinn endlich gesunden
    werde — trostlose Hoffnung! — Und doch, indem ich mich
    selbst als einen Wahnsinnigen betrachte, kann ich nicht las-
    sen von der, die, in meinem Wesen lebend, mein Wesen zer-
    stört! — Und doch! nie bin ich bei dieser steten unnennbaren
    Qual so wie von den Gedanken der Hölle zerrissen worden,
    als in dem verhängnisvollen Augenblick, da Sie das fürchter-
    liche Bild jenes Trauerspiels mir vor Augen brachten, und ich
    dann Amalia, die ich in ihren Zimmern glaubte, in dem Pa-
    villon einsam fand. Alle Wut der brünstigsten Liebe erwachte
    in mir, und zu ihr gesellte sich der wilde Zorn der Verzweif-
    lung. — Es ist vorüber, ich reiße mich los mit Gewalt, — man
    spricht von dem Ausbruch eines neuen Krieges — ich nehme
    Dienste.“
    „Was sagst,“ sprach Willibald, als die Freunde sich allein
    befanden, „was sagst du zur dem allem?“ „Ich meine,“ erwi-
    derte Hartmann, „daß dem Herrn Grafen Franz gar nicht zu
    trauen ist. Er ist ganz gewiß in seiner Leidenschaft ein wilder
    Mensch, und ich bedaure die reizende Gräfin Amalia aus dem
    Grunde meines Herzens. — Wenigstens war es sehr seltsam
    oder vielmehr unzart, daß der Graf, nur um sich des Auftritts
    in dem Pavillon halber zu entschuldigen, uns in die Geheim-
    nisse des Hauses einweihte und vor unsern Augen den Namen
    des Bruders an den Schandpfahl schlug.“
    In dem Augenblick entstand auf dem Schloßhofe ein
    großer Tumult. Die Jäger des Grafen nebst einigen Husaren
    brachten eine gute Anzahl eingefangener, zum Teil schon ver-
    wundeter Räuber ein. Menschen von wildem, zum Teil ganz
    fremdem Ansehen, die, gelang es, sie zum Reden zu bringen,
    welches schwer hielt, da sie auf alle Fragen trotzig schwiegen,
    nur ein gebrochenes Deutsch und ein verdorbenes, kaum ver-
    ständliches Italienisch sprachen. Andere konnten die zigeu-
    nerische Abkunft gar nicht verleugnen und sprachen fertig
    böhmisch. Mit Recht konnte man daraus schließen, daß das
    Räubergesindel von der italienischen Grenze herübergekom-
    men und sich in Böhmen durch Zigeunerhorden verstärkt
    haben müßte. Als man die Räuber nach ihrem Hauptmann
    fragte, lachten sie laut auf und sagten, der sei in guter Ruhe
    und Sicherheit, der sei nicht so leicht zu fangen, als man wohl
    denke. Wirklich hatte sich, wie die Jäger erzählten, ein Trupp
    der Räuber mit der Wut der Verzweiflung durchgeschlagen
    und war, da die Nacht eingebrochen, im Dickicht des Waldes
    entkommen. — „Ein Grund mehr,“ sprach der Graf anmu-
    tig lächelnd zu den Freunden, „warum ich Sie noch durch-
    aus nicht von mir lassen kann. Jede Gefahr muß erst aus dem
    Wege geräumt sein.“
    Abends war Willibald aus der Gesellschaft, die wie ge-
    wöhnlich aus den beiden Grafen, dem Geistlichen und dem
    Wundarzt bestand, — Amalia fehlte — verschwunden. Schon
    wollte man ihn aufsuchen, als er eintrat. Hartmann merkte es
    dem Freunde an, daß ihm etwas ganz Seltsames begegnet sein
    müsse, und es war dem wirklich so. Kaum waren die Freunde
    auf ihrem Zimmer allein, als Willibald losbrach: „Nein, es
    ist die höchste Zeit, daß wir forteilen. Das unheimlich Selt-
    same häuft sich zu sehr, und es will mich bedünken, daß wir
    dem Räderwerk, das hier ein besonderes böses Verhängnis zu
    treiben scheint, zu nahe kommen und, von dem Schwungrad
    ergriffen, unaufhaltsam hineingeschleudert werden könnten
    ins Verderben. — Du weißt, daß ich dem alten Grafen etwas
    mitzuteilen versprochen von meiner

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