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Die Räuber

Die Räuber

Titel: Die Räuber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E.T.A. Hoffmann
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zur
    gelegenen Zeit.‘ —
    Schweigend küßte ich der Gräfin die Hand und entfernte
    mich nach der Türe. Da eilte die Gräfin mir nach, warf sich
    wie in heller Liebesverzweiflung mir in die Arme, glühende
    Küsse brannten auf meinen Lippen, sie rief mit einem Ton,
    der meine Brust zerfleischte: ‚Rette mich!‘ — Halb betäubt,
    bestürmt von den widersprechendsten Gefühlen, wurde es
    mir unmöglich, zu euch zurückzukehren. Ich lief hinab in
    den Park. Es war mir, als habe ich das höchste Liebesglück
    gewonnen, als müßt’ ich, rücksichtslos mich hinopfernd,
    tun, was die Gräfin geboten, bis ich, ruhiger geworden, den
    Wahnsinn eines solchen verderblichen Unternehmens ein-
    sah. — Du hast bemerkt, daß Graf Franz mich, ehe wir in un-
    ser Zimmer hinaufgingen, beiseite nahm und heimlich mit
    mir redete. — Nun, nichts anders gab er mir zu verstehen, als
    daß er unterrichtet sei von der Neigung, die die Gräfin zu mir
    gefaßt. ‚Ihr,‘ so sprach der Graf, ‚Ihr ganzes Wesen, Ihre ganze
    Art zu sein erfüllt mich mit dem unbedingtesten Zutrauen,
    darum darf ich Ihnen sagen, daß ich mehr ahne, als Sie wohl
    denken mögen. — Sie sprachen die Gräfin. — Hüten Sie sich
    vor Armidens sinnbetörender Verlockung — seltsam muß Ih-
    nen das aus meinem Munde klingen — doch, das ist eben der
    böse Fluch, der mich verfolgt, daß ich mir meines Wahnsinns
    bewußt bin und mich nicht herauszureißen vermag aus dem
    heillosen Zustande, der mich verdirbt, und den ich dennoch
    zu lieben gezwungen.‘ —
    Du siehst, Freund Hartmann, daß ich mich jetzt hier in
    solch toller verwirrter Lage befinde, die die schnelle Abreise
    unbedingt notwendig macht.“
    Hartmann war nicht wenig erstaunt über alles das, was sich
    mit seinem Freunde Willibald begeben, und beide, nachdem
    sie noch manches über die Lage der Dinge auf dem Schlosse
    hin und her gesprochen, waren einstimmig der Meinung, daß
    sich hier wohl alles aus gewissen bedrohlichen Abgründen der
    menschlichen Natur entwickelt haben müsse.
    Mit den ersten Strahlen der Sonne erwachten die Freunde
    aus dem Schlaf. Blütendüfte hauchten durch das geöffnete
    Fenster, und draußen in Wald und Flur war alles Leben und
    Lust. Die Freunde beschlossen, noch vor dem Frühstück ei-
    nen Gang durch den Park zu machen. Als sie nun in den ent-
    fernteren Teil kamen, der an den Forst grenzte, vernahmen
    sie ein eifriges Gespräch und erblickten bald darauf den alten
    Daniel und einen großen, stattlich gekleideten Mann, die
    gar wichtige Dinge abzuhandeln schienen. Endlich gab der
    Fremde dem Alten ein kleines Papier und ging, von Daniel
    begleitet, waldeinwärts, wo in geringer Entfernung ein Jäger
    mit zwei Reitpferden stand. Beide, der Jäger und der Fremde,
    schwangen sich auf und jagten in vollem Galopp davon. Als
    Daniel zurückkehrte, stieß er gerade auf die Freunde. Er fuhr
    erschrocken zusammen, dann sprach er aber lächelnd: „Ei, ei,
    schon so früh auf, meine Herrn? — Nun, da war eben der
    fremde Herr Graf hier, der unser Nachbar werden will. Er hat
    sich hier ein wenig umgesehen, ich habe ihn überall herum-
    führen müssen. Sowie er nun sein Schloß bezogen, will er ein-
    sprechen bei unserem gnädigen Herrn Grafen und um gute
    freundliche Gastfreundschaft bitten.“ —
    Auch dieser Fremde, das Erschrecken Daniels wollte den
    mißtrauisch gewordenen Freunden gar bedenklich vorkom-
    men.
    Mit vieler Mühe errangen die Freunde vom alten Grafen
    das Versprechen, daß sie andern Morgens fortgeschafft wer-
    den sollten, dafür wollte er aber diesen Tag nicht aus ihrer
    Gesellschaft kommen. Das war, was Willibald, der Amalien
    fürchtete wie ein scheues Kind, nur wünschen konnte. Der
    Morgen verging heiter und froh; als man sich bereitete zur
    Tafel zu gehen, fehlte Gräfin Amalia. „Der Kopfschmerz wird
    sich wieder eingestellt haben“, sprach der alte Graf verdrieß-
    lich. Da ging die Türe auf, Gräfin Amalia trat herein, und
    den Freunden stockte der Atem. Auf das köstlichste war sie
    in dunkelroten Samt gekleidet, ein funkelnder Gürtel um-
    schloß fest den schlanken Leib, und ebensolch ein präch-
    tiger Schmuck erhöhte den Reiz des blendenden Nackens,
    während reiche Spitzen den schwellenden Busen nur halb
    verbargen. Die dunklen Locken waren mit Perlenschnüren
    und Myrten durchflochten, Handschuhe und Fächer vollen-
    deten den festlichen Putz. Sie strahlte in solchem Glanz der
    Schönheit, daß ein tiefes Schweigen von der

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