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Die Räuberbraut

Die Räuberbraut

Titel: Die Räuberbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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um den Schreibtisch jagte, und was, wenn man am Tag vor dem Einsetzen der Periode das Bedürfnis verspürte, alle Pillen im Medizinschränkchen auf einmal zu schlucken! WiseWomanWorld verkörperte all die Übernachtungs-Parties, von denen Roz einst das Gefühl hatte, daß sie hinter ihrem Rücken stattfanden, und natürlich mußte sie die Zeitschrift retten.
    Die anderen wollten, daß WiseWomanWorld eine Kooperative blieb, wie bisher. Sie wollten, daß Roz ihnen einfach nur das Geld gab, Punkt. Sie würde es nicht einmal von der Steuer absetzen können, weil die Zeitschrift zu politisch war. Und es handelte sich um mehr als nur eine Kleinigkeit. Eine kleine Geldspritze würde nicht genügen, und nicht genug wäre dasselbe wie gar nichts, dann konnte sie das Geld genausogut gleich aus dem Fenster schmeißen.
    »Ich investiere nie in etwas, was ich nicht kontrollieren kann«, sagte sie zu ihnen. »Ihr müßt Aktien ausgeben. Dann kauf ich die Mehrheit.« Sie waren ziemlich sauer auf sie, aber Roz sagte: »Wenn ihr ein gebrochenes Bein habt, geht ihr zum Arzt. Wenn ihr Geldprobleme habt, kommt ihr zu mir. Ihr habt es auf eure Art versucht, und es hat nicht funktioniert, und offengestanden sind eure Bücher eine Katastrophe. Das hier ist etwas, wovon ich Ahnung habe. Wollt ihr also, daß ich die Sache in Ordnung bringe oder nicht 7 « Sie wußte, daß die Zeitschrift immer noch Verluste machen würde, aber da das nun einmal nicht zu ändern war, wollte sie die Verluste wenigstens abschreiben können.
    Es gefiel ihnen auch nicht, daß Roz Mitch in den Vorstand setzte und zwei seiner juristischen Freunde dazutat, damit er Gesellschaft hatte, aber es war die einzige Möglichkeit. Wenn sie Roz’ Hilfe wollten, mußten sie sich darüber klar sein, wie Roz’ Lebensumstände aussahen, und wenn Mitch nicht beteiligt wurde, würde er auf Sabotage zurückgreifen. Ihr Privatleben würde sich in ein Labyrinth aus Fußfallen und Fußangeln verwandeln, mehr noch, als es sowieso schon der Fall war. »Es sind doch nur drei Konferenzen im Jahr«, sagte sie zu ihnen. »Es ist der Preis, den ihr zahlen müßt.« Und wie die Preise nun einmal aussahen – und immer ausgesehen hatten, quer durch die Geschichte hindurch –, war er gar nicht mal so hoch.
     
    »Ich hab Zenia auf einen Drink eingeladen«, sagt Roz zu Mitch. Wenn sie es ihm nicht sagt, platzt er garantiert in das Gespräch herein und ist dann beleidigt, weil er nicht dazugebeten wurde. Daß Roz eine Frau ist, die Macht hat, heißt noch lange nicht, daß sie weniger vorsichtig um Mitch herumschleichen muß. Im Gegenteil, sie muß sogar vorsichtiger um ihn herumschleichen, sie muß sich selbst herabsetzen, muß sich kleiner machen, als sie in Wirklichkeit ist, muß sich für ihren Erfolg entschuldigen, weil alles, was sie tut, unter ein Vergrößerungsglas gelegt wird.
    »Was für eine Zenia?« sagt Mitch.
    »Du weißt schon, wir sind ihr in diesem Restaurant begegnet«, sagt Roz. Sie ist hocherfreut, daß Mitch sich nicht erinnern kann.
    »Ach ja«, sagt Mitch. »Sie ist anders als die meisten deiner Freundinnen.«
    Mitch hat nicht besonders viel für Roz’ Freundinnen übrig. Er hält sie für eine Bande männerhassender, peitschenschwingender Feministinnen mit unrasierten Beinen, weil sie das früher, in seiner Anfangszeit im Vorstand von WiseWomanWorld, einmal waren. Vergeblich weist Roz ihn daraufhin, daß alle damals so waren, daß es ein Trend war, daß die Latzhosen nur eine modische Aussage waren – nicht, daß Roz selbst je eine getragen hätte, sie hätte darin ausgesehen wie ein Lastwagenfahrer. Mitch weiß es besser, er weiß, daß es nicht nur um die Latzhosen ging. Die Frauen von WiseWomanWorld hatten ihn Roz zuliebe toleriert, aber sie hatten es ungnädig getan.
    Sie hatten sich geweigert, sich von ihm sagen zu lassen, was sie tun mußten, um gute Feministinnen zu sein, so sehr er es auch versuchte. Vielleicht lag es daran, daß er sagte, sie sollten ihren Humor und ihren Charme einsetzen, weil die Männer sonst Angst vor ihnen bekämen, und sie waren nicht in der Stimmung, charmant zu sein, nicht zu ihm, nicht damals. Diese Phase mußte ein ziemliches Trauma für ihn gewesen sein. Nicht, daß er es nicht mit ein paar eigenen Tricks und Kniffen versucht hätte.
    Roz erinnert sich an eine Dinnerparty, die sie gegeben hatte, um die Umstrukturierung von WiseWomanWorld zu feiern. Mitch saß neben Alma, der Chefredakteurin, und beging den Fehler, unter dem Tisch

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