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Die Raffkes

Die Raffkes

Titel: Die Raffkes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndorf Jacques
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war sie sichtlich erheitert. Sie sah Mann offen an und antwortete: »Eigentlich ist da nur das Gefühl, dass da keine Gefühle mehr sind.«
»Seit wann wussten Sie von dem Verhältnis der beiden?«
»Seit zehn Jahren bestimmt.«
»Wie kann man das so lange durchhalten?«, fragte Mann erstaunt.
»Ich habe zwei Töchter, ich musste sie durch die Schule bringen, sie sollten Abitur machen und studieren. Das war Anstrengung genug.«
»Offensichtlich hat es geklappt«, sagte er.
»Das hat geklappt.« Sie nickte heftig.
Mann begriff auf einmal, dass sie sich als Siegerin fühlte. Sie hatte ein halbes Leben lang geopfert und gedarbt. Und jetzt war der Mann aus ihrem Leben verschwunden und sie war die Siegerin.
»Bekommen Sie Versicherungsaufträge von Herrn Dr. Sittko?«
»Manchmal denkt er an mich«, bestätigte sie.
»Gibt es sonst noch etwas, was er für Sie tut?«
»Ich bin Komplementärin in einigen der Fonds«, sagte sie wegwerfend, als sei das vollkommen normal. »Die suchen immer welche, die haben die Fonds so schnell hintereinander aufgelegt, dass sie nicht genug Leute haben. Aber ich habe eine Freistellungserklärung. Die hat eigentlich jeder.«
»Was bedeutet das?«
»Nun, ich werde bei den Fondsverwaltern in einer Liste geführt, dass ich persönlich haftender Gesellschafter sein kann. Gleichzeitig werde ich aus der persönlichen Haftung entlassen. Ich bin in drei Fonds Komplementär. Das Fondsvolumen, das ich vertrete, beläuft sich auf etwas mehr als drei Komma vier Milliarden Euro. Man kriegt als Aufwandsentschädigung eine Einmalzahlung von rund zweihunderttausend Euro und ist dann Geschäftsführer einer solchen Gesellschaft. Man hat mit dem Geschäft in Wirklichkeit nichts zu tun, aber auf dem Papier nimmt man eben die Position eines Geschäftsführers ein. Kleinvieh macht eben auch Mist, wie man so sagt.« Sie nagte mit den Zähnen auf der Unterlippe und murmelte schnell: »Das ist natürlich alles vollkommen legal.«
»Natürlich.« Mann beobachtete, dass sie mit dem Plüschbären hantierte, als sei er ein lebendiges Wesen. »Ich nehme an, das Versicherungsgeschäft ernährt Ihre kleine Familie.«
»Wir können nicht klagen.«
»Und mit Ihrem Exmann haben Sie nichts mehr zu tun?«
»Nein. Wollen wir nicht. Auch die Töchter nicht. Wissen Sie, das hier ist eine Siedlung, in der viel geredet wird. Und so was können wir nicht gebrauchen.«
»Haben die Leute denn darüber geredet: Der Kellermann ist ein Schwuler?«
»Hier und da ist das aufgeklungen. Aber das legt sich wieder, wenn man nicht darauf einsteigt und so tut, als habe man nichts gehört.«
Aufgeklungen ist es, dachte Mann. Eine schöne Formulierung. »Was macht Ihr Mann eigentlich genau bei Herrn Dr. Sittko?«
»Inzwischen ist er der Verwalter des Privatvermögens von Herrn Dr. Sittko«, erklärte sie geziert, als sei das eine immens wichtige Position. »Herr Dr. Sittko besitzt ja Immobilien im Wert von mindestens fünfzig Millionen Euro.«
»Donnerwetter«, sagte Mann anerkennend. »Ja, das ist wahrscheinlich ein harter Job.« Hatte nicht Erna Ziemann erklärt, dass das Vermögen Sittkos nicht einmal ein Zehntel dieses Wertes betrage, wenn man genau hinguckte?
»Wie war denn eigentlich die Stimmung so, in dieser doch recht großen Firma?«
»Ein wenig komisch war die schon«, gab sie zu. »Die Youngster waren ja alle scharf auf den großen Chef. Einmal mit dem im Bett und du warst der King. Das gilt wahrscheinlich immer noch. Und ich hatte hier einen Ehemann zu Hause, der von morgens bis abends nur ein Thema hatte: Was macht mein geliebter Chef mit diesen jungen Schnöseln? Später war mir ja dann klar, das war die pure Eifersucht.«
»Um Gottes willen«, staunte Mann. »Und Ihre Töchter? Wie haben die reagiert?«
»Na ja, als sie klein waren, haben sie ja nichts verstanden. Doch mit der Zeit haben sie ihren Vater verachtet, regelrecht gehasst. Sie haben mir zugesetzt: Lass dich scheiden, Mami, wir können auch ohne den!« Der Bär ritt wieder auf ihrem rechten Knie, alles war in Ordnung.
»Haben Sie sich eigentlich nie jemandem anvertraut. Einer Freundin zum Beispiel?«
»Ich brauche keine Freunde«, sagte sie stolz. »Ich habe alles allein gemacht und allein geschafft.«
»Aber mit Herrn Dr. Sittko haben Sie noch geredet, auch als Sie schon wussten, was da lief? Wie geht das?«
»Das war manchmal schon schwierig, besonders weil er sich ja kümmerte. Der Mann ist schwer zu begreifen. Aber das hat natürlich mit seiner Jugend zu

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