Die Raffkes
beides in einem Abwasch durchziehen wollen: Stoff abliefern und gleich kassieren.«
»Gibt es da oben in der Gegend Leute, die Sie kennen?«
»Junger Freund, Koniew kennt überall Leute. Allerdings ist die Gegend dort fast menschenleer.«
»Aber nur fast!«, widersprach Mann.
»Sie überlegen nicht und Sie sind mir heute überhaupt zu melancholisch. Als Sascha Sirtel in seinem Track starb, hatte das Treffen noch nicht stattgefunden, denn das Rauschgift war noch an Bord. Das heißt, der Treff lag auf der Route vor ihm. Ich vermute, dass er in Storkow zurück auf die A 11 und dann Richtung Berlin wollte. Dazwischen bleibt nicht viel Auswahl, vielleicht Hohenfelde, Kunow, Groß Pinnow oder Heinrichshof.«
»Sie haben sich das genau überlegt, nicht wahr?« Das kam fast vorwurfsvoll.
»Selbstverständlich«, nickte Mann.
»Also, kennen Sie dort jemanden?«
»Hm, vielleicht Marko. Marko sitzt in Damitzow, das liegt schon an der B 113. Er züchtet Orchideen und schreibt Gedichte, furchtbare Gedichte. Marko ist allerdings schon um die neunzig.« Koniew warf die Arme mit großer Geste nach vorn.
»Und was hat das alles mit dem verschwundenen Dreher zu tun?«
»Was ist mit Ihnen los? Denken Sie doch mal nach! Sascha Sirtel war ein dummer Angeber. Er führte gern große Reden und war damit der ideale Gesprächspartner für Leute, die nach oben wollen. Ist das richtig?«
»Das ist richtig«, nickte Koniew düster.
»Sie selbst haben von diesen jungen hungrigen Menschen erzählt, die jeden Tag nach Berlin kommen. Vielleicht wollte Sirtel genau solchen Leuten die Drogen übergeben. Ich gehe davon aus, dass er sie in Berlin kennen gelernt hat. Und dass er natürlich auch in ihrer Gegenwart angegeben hat wie ein Sack Seife. Er hat über Sie gesprochen und erzählt, dass Sie ihn beschützen. Und über Blandin geredet, dass er ihm in fünf Minuten eine Kreditzusage über Millionen gegeben hat. Und über Dreher, dieses Arschloch, der den Kredit verweigert hatte, weil er den genialen Sascha Sirtel nicht begriff. Klingt das logisch?«
»Das kling ziemlich gut. Weiter!«
»Geben Sie mir Peter mit. Wir versuchen es. Und zwar jetzt.«
»Was habe ich davon?«
»Ihre Ruhe«, antwortete Mann.
»Es sollte dasselbe unauffällige Auto sein.«
Koniew sah ihn plötzlich strahlend an.
»Wenn Sie mal ohne Job sind, wenden Sie sich an mich. Ich hätte da was.«
Sie lachten und stießen nochmal mit dem Wodka an.
»Sagen Sie dem alten Marko erst Bescheid, wenn wir in der Gegend sind und uns melden. Und bitte erzählen Sie ihm nicht, um was es geht.«
»Gut. Ist sowieso besser, wenn Marko nicht vorgewarnt wird, sonst regt er sich auf und seine Pumpe kommt ins Stolpern. Und dann macht er ein Gedicht, in dem die ersten Zeilen lauten: ›Mein Herz! Was schlägst du so schnell? Hast du die Liebe gerochen?‹ Er schreibt dauernd so einen Mist.«
Peter kam durch die Tür, grinste süffisant, verbeugte sich tief und sagte:
»Großer Meister, ich harre deiner Befehle.«
»Hast du die Kalaschnikows eingepackt?«
»Nein, was Besseres.«
»Dann lass uns aufbrechen.«
»Moment«, sagte Koniew nachdenklich.
»Was meint ihr, soll ich eine Wanne voll guter Leute hinter euch herschicken?«
»Auf keinen Fall«, gab Mann schnell zurück.
»Erstens ist das Ganze ja nur ein sehr vager Verdacht. Und zweitens bin ich Staatsanwalt, ich kann nicht mit einer privaten Schutztruppe das Land aufräumen.«
»Wie bedauerlich«, murmelte Koniew.
»Dann nehmt wenigstens eine Flasche von dem widerlichen Wodka mit! Vielleicht ist der eine Hilfe.«
Kurz darauf saßen sie in dem Golf. Mann telefonierte mit John und informierte ihn, dass er sich auf eine Landpartie begeben würde.
»Wie geht es Marion?«, fragte Peter.
»Nicht gut«, erwiderte Mann.
»Ihre Wohnung ist in die Luft geflogen, ihre Putzfrau wurde dabei getötet.«
»Das bedeutet, dass sie auch hinter ihr her sind.«
»Richtig«, nickte Mann.
»Was weißt du über diesen Marko?«
»In seinem Pass steht als Geburtsort irgendein Nest in Georgien. Doch der Pass ist falsch. Wenn du mich fragst, ist er ein Ingusche. Die Inguschen sind auch so ein Volk, bei dessen Vertreibung, Versklavung und Ermordung die ganze so genannte freie Welt zugeguckt hat, ohne ein Wort zu verlieren. Irgendwann landete Marko in Moskau, lernte Väterchen Koniew kennen, bekam neue wunderbare Papiere und stellte dann den Antrag, ausreisen zu dürfen. Da war er aber schon weit über achtzig. Jetzt muss er vierundneunzig sein, wenn
Weitere Kostenlose Bücher