Die Ranch
Ich bin einfach nur ein Mädchen aus Texas. Weißt du's nicht mehr?« Da lachte er leise, und sie liebten sich wieder.
Um zehn Uhr erwachten sie zum zweiten Mal. Splitternackt schlenderte sie ins Wohnzimmer.
»O Gott!« Verwirrt saß er auf der Bettkante und starrte Tanya an. »Bin's wirklich ich, der das erlebt?«, fragte er, und sie lachte glücklich.
»Irgendwann um Mitternacht herum hielten wir es beide für ein gute Idee. Oder warst du betrunken?«
»Das meine ich nicht. Wenn ich dich so anschaue … Tanya Thomas wandert nackt durch mein Wohnzimmer, eine Tasse Kaffee aus meiner Küche in der Hand. Und sie ist so wunderschön …« Er stimmte in ihr Gelächter ein. Wie verrückt das alles war …
»Übrigens, du gefällst mir auch verdammt gut.« Das bewies sie ihm auf dem Wohnzimmerteppich, auf der Couch, dann wieder im Bett. Gordon fühlte sich hin und her gerissen zwischen seiner Leidenschaft und dem Wunsch, ihr seine Lieblingsplätze zu zeigen. Welch eine schwierige Entscheidung … Schließlich meinte er, dass sie am besten losfahren sollten, wenn alle anderen zum Lunch gingen.
Zu Mittag schlichen sie aus dem Cottage, und zu ihrer Erleichterung ließ sich niemand blicken. Tanya trug ihre Jeans, einen alten Hut und eins von Gordons Arbeitshemden, das sie unter den Brüsten verknotet hatte. Wie immer sah sie spektakulär aus. In komischer Verblüffung über sein Glück schüttelte er den Kopf.
Gut gelaunt stiegen sie in den Laster, und Tanya schaltete das Radio ein. Sie hatte eine Nachricht auf den Anrufbeantworter in ihrem Bungalow gesprochen, um den Freundinnen mitzuteilen, sie würde erst am Abend zurückkommen. An diesem Tag wollte sie nur mit Gordon zusammen sein. Sie fuhren zu einem Wasserfall hoch oben in den Bergen und genossen eine herrliche Aussicht. Dann gingen sie spazieren, und er erzählte von seiner Kindheit, seiner Familie und seinen Träumen. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so wohl gefühlt.
Auf der Rückfahrt zur Stadt hielten sie vor einer alten Ranch. Gordon erklärte, dieses Haus sei früher das schönste in der ganzen Gegend gewesen und nach dem Tod des Besitzers allmählich verfallen. Für die verwöhnte Prominenz, die jetzt nach Jackson Hole kam, war es zu schäbig. Wie Gordon in der Immobilienagentur erfahren hatte, wurde es zu einem günstigen Preis angeboten, und natürlich musste man einiges in Stand setzen. Die meisten Leute fanden, das Haus würde zu wenig Komfort bieten und wäre zu weit von Jackson Hole entfernt – etwa vierzig Autominuten.
Entzückt inspizierte Tanya das pittoreske Haus, das einem alten Westernfilm zu entstammen schien. Langsam wanderten sie um das Gebäude herum und spähten durch die Fenster. Etwas abseits lagen die Cottages für die Angestellten. Auch die Ställe und Scheunen mussten repariert werden, dann würde das Anwesen in seinem einstigen Glanz erstrahlen. Tanya spürte, wie gut es Gordon gefiel.
»Eines Tages will ich mir so eine Ranch kaufen.« Sie blickten über das Tal hinweg zu den Bergen hinüber. Ringsum lag gutes Weideland.
»Und was würdest du damit machen?«
»Alles renovieren – und Pferde züchten. Damit kann man gutes Geld verdienen, aber man braucht ein gewisses Startkapital.« Er verstand nicht, dass sich niemand für diese Ranch interessierte. Offenbar übersahen die Leute, welch großartige Möglichkeiten sich hier boten. Und Tanya stimmte ihm zu. Welch ein verlockender Gedanke, sich den ganzen Winter an einem solchen Ort zu verstecken …
»Und wenn's schneit? Kann man dann noch wegfahren?«
»Klar, die Straße ist in einem guten Zustand, man braucht nur einen Schneepflug, aber die meisten Pferde müsste man in der kalten Jahreszeit nach Süden schicken. Ein paar könnte man hier behalten, in einem geheizten Stall.« Und dann lachte er über sich selbst, weil er Pläne für eine Ranch machte, die ihm nicht gehörte. Aber Tanya war froh, dass er seine Träume mit ihr teilte.
Danach fuhren sie noch eine Zeit lang umher. Abends kehrten sie in einem alten, etwas heruntergekommenen Restaurant außerhalb der Stadt ein, wo mehrere betagte Cowboys an der Theke lehnten. Gordon hätte Tanya gern in ein schickeres Lokal geführt, fürchtete aber, dass man sie erkennen und einen neuen Tumult heraufbeschwören würde. Ihr gefiel die originelle Kneipe, und das Essen schmeckte köstlich. Am späteren Abend kehrten sie in Gordons Cottage zurück. Tanya dachte, dass sie sich eigentlich um ihre Freundinnen kümmern sollte, aber
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