Die Ranch
einmal Hartley schaffte es, die Phalanx der Reporter zu durchdringen.
Voller Sorge hielt Tom die Tür des Wohnmobils auf. Doch er wurde beiseite geschoben. Ein Dutzend Fans stürmte in das große Vehikel, suchte nach Tanya, fotografierte und sammelte Souvenirs. Plötzlich wimmelte es überall von Polizisten. Tanyas T-Shirt wurde zerrissen, jemand zerrte an ihren Haaren, und ein Betrunkener wollte sie küssen. Ebenso beharrlich wie erfolglos versuchte sie, sich an den Reportern vorbeizuschieben. Inzwischen waren Hartley und Mary Stuart von ihr getrennt worden. Die hysterischen Fans wussten nicht mehr, was sie taten, sie wollten nur eins – ihren Star.
Per Lautsprecher ermahnten die Polizisten die Menschenmassen zurückzutreten, und schrien die Reporter an, die den Tumult heraufbeschworen hatten. Mittlerweile drängten sich fünfzig Leute im Wohnmobil und rissen die Vorhänge herunter.
Tanya begriff, dass sie in ernsthafter Gefahr schwebte. Zahllose Hände griffen nach ihr, hielten sie fest und zerrten an ihrer Kleidung. Inmitten des Getümmels spürte sie einen starken Arm, der ihre Taille umschlang. Eine Faust stieß jemanden beiseite, und sekundenlang wurde Tanya hochgehoben. Zunächst sah sie nicht, wer sie mit aller Kraft aus dem Gewühl und zu einem Laster zog, und fürchtete, man würde sie kidnappen. Dann erkannte sie Gordon. Auch sein Hemd war zerfetzt, und er hatte seinen Hut verloren. Mit schmalen Augen schaute er sich um, und sein Blick besagte, dass er jeden niederschlagen würde, der es wagte, Tanya anzurühren. Nur er allein konnte sie noch retten. Von der Polizei war nichts mehr zu sehen.
»Schnell, Tan!«, schrie er und riss sie mit sich, dicht gefolgt von Fans und Reportern. Als er gemerkt hatte, was auf dem Parkplatz geschah, hatte er seinen Laster möglichst nahe an das Gedränge herangefahren und den Motor laufen lassen. Nun ritten vier Polizisten heran und schirmten den Wagen ab. Gordon schob Tanya blitzschnell hinein, sprang auf den Fahrersitz und gab Gas. Hinter ihnen tobte ein wilder Aufruhr. Eine Meile vom Rodeo-Gelände entfernt, hielt er am Straßenrand und wandte sich Tanya zu. Beide zitterten am ganzen Körper.
»Danke«, würgte sie hervor. Eine so schreckliche Situation hatte sie schon lange nicht mehr erlebt. Hilflos einem hysterischen Mob ausgeliefert, hätte sie schwer verletzt oder sogar getötet werden können. »Ich glaube, du hast mir das Leben gerettet.« Mühsam kämpfte sie mit den Tränen.
Gordon holte tief Luft. In diesem Moment kannte er nur einen einzigen Gedanken – er wollte sie für alle Zeiten beschützen. »Erzähl mir bloß nicht, die wilden Pferde wären gefährlicher als deine Fans. Lieber nehme ich's mit zehn wutschnaubenden Wildpferden auf als mit einem Einzigen von diesen Verrückten. Was stimmt denn nicht mit den Leuten? Das sind ganz normale Bürger, die am Samstagabend zum Rodeo gehen. Dann sehen sie dich und drehen durch. Woran liegt das?«
»Keine Ahnung … Massenhysterie … Sie wollen mich besitzen oder wenigstens einen Teil von mir – ein Hemd, eine Haarsträhne, ein Ohr, einen Finger …« In ihrem Kopf pochte es schmerzhaft, zu viele Hände hatten an ihrem Pferdeschwanz gezerrt. Welch ein Wahnsinn … Sie bedauerte, dass sie Mary Stuart und Hartley zurückgelassen hatte, doch sie hätte ihnen nicht helfen können. Die Polizei würde sich um die beiden kümmern.
»Daran sind die gottverdammten Reporter schuld.« Gordon legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. »Hätten sie dich durchgelassen, würdest du jetzt ungefährdet im Wohnmobil sitzen. Aber diese Arschlöcher haben dir den Weg versperrt, nur um ihre Story zu kriegen.«
»Die haben sie jetzt. Sogar eine sehr gute.«
»Scheiße …« Er sah die Schlagzeilen bereits vor sich. Tanya Thomas entfesselt Aufruhr in Wyoming. Nun wusste er, wie leicht ihr Leben außer Kontrolle geraten konnte. Warum ertrug sie diese Tortur? »Ist es das wirklich wert, Tan?«
»Ich weiß es nicht. Manchmal. Meine Musik bedeutet mir sehr viel. Und wenn ich mich aus dem Showbusiness zurückziehe, würde ich all diesen Verrückten den Sieg überlassen. Soll ich ihnen erlauben, mein Leben zu zerstören?«
»Natürlich nicht. Aber du musst Mittel und Wege finden, um dich zu schützen.«
»Zu Hause habe ich Bodyguards, Stacheldraht, eine Alarmanlage, scharfe Hunde«, erklärte sie, als wäre das alles völlig normal.
»Wie im Texas State Prison. Und wenn du irgendwo Eiscreme kaufst, musst du dann
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