Die Ratte des Warlords (German Edition)
aus.
"Wie sind die Baracken so?", fragte Kepler um sie abzulenken.
Rosa hatte noch Wasser im Mund, aber ihr Blick sprach Bände.
"Und die Nachbarinnen?", versuchte Kepler trotzdem weiter.
"Zwei Australierinnen, ein paar von hier und einige kenne ich noch nicht."
Sie unterhielten sich eine Zeitlang weiter. Dann ging Butu heim. Als es dunkel wurde gingen Kepler und Rosa spazieren, um sich die Beine zu vertreten. Die Dunkelheit senkte sich langsam auf das Lager und es wurde merklich kälter. An einigen Stellen des Lagers loderten Feuer auf, man hörte Musik und Gesang. Kepler und Rosa gingen an einigen der Feuer vorbei, an denen ausschließlich Afrikaner waren. Dann merkte Kepler, dass Rosa zitterte. Er brachte die junge Frau zu ihrer Baracke, holte seinen Rucksack und wählte aufs Geratewohl eine der beiden Männerbehausungen.
Die Baracke war ein langer Saal, in dem zwei Reihen Etagenbetten aus B eständen der British Army standen. Kepler fragte einen der Männer nach einem freien Bett. Er bekam eines gezeigt und ließ sich darauf nieder. Die anderen Männer sahen ihn zurückhaltend an, grüßten ihn knapp, dann kümmerten sie sich um ihre eigenen Sachen.
Die schwachen Lampen, die ein sehr stumpfes gelbes Licht ausstrahlten, wurden bald gelöscht. In der Baracke wurde es ruhig, wenn man das vermehrt einsetzende Schnarchen ignorierte.
Die nächsten beiden Tage verbrachte Kepler am Scania. Er fand noch einige Kleinigkeiten, die nicht in Ordnung waren, und reparierte sie. Er ergänzte das Wasser im Kühlsystem und besorgte ein paar Flaschen, die er mit Wasser füllte, für den Fall, dass der Motor unterwegs kochen würde. Und fortwährend schnorrte er von Butu nach Kräften alles an Werkzeugen was er kriegen konnte.
Der Sudanese war früher auch Soldat gewesen und Kepler schien ihm zu gefallen. Zudem besaß er – noch – echte Marlboros, und anscheinend fand Butu seine respektvolle Anrede unwiderstehlich. Der Alte murrte zwar wenn er mit der nächsten Bitte ankam, aber mehr pro forma, und rückte das Gewünschte schließlich heraus. Dann rauchten sie zusammen und gingen zufrieden auseinander.
Seit dem ersten Abend war Rosa ständig in Keplers Nähe. Die junge Frau hatte einen Kulturschock erlitten, der dadurch verstärkt wurde, dass sie niemanden hatte, mit dem sie reden konnte, außer eben Kepler. Während seiner Beschäft igungen am Lastwagen unterhielt er sich mit Rosa, beim Abendessen aß sie mit ihm und Butu zusammen. Wenn der Alte anschließend nach Hause ging, sprachen Kepler und Rosa Schwedisch. Er hoffte, dass wenn sie ihn dabei anleitete, es ihr Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit milderte. Er selbst lernte die Sprache dabei besser und war einfach erfreut über die Gesellschaft einer schönen Frau.
"Darf ich mit dir nach Kaduqli fahren?", bat Rosa am dritten Abend.
" Sehr gern", antwortete Kepler ehrlich.
Rosa lächelte erlei chtert.
"Gut. " Ihr Blick wurde verlegen. "Ich fühle mich so alleine hier."
"Du gewöhnst dich schon daran", beruhigte Kepler sie. "Manche brauchen halt etwas länger dafür."
"Dir scheint es nichts auszumachen", sagte Rosa neidisch. Kepler zuckte die Schultern. "Wo warst du im Krieg, Dirk?", fragte sie plöt zlich.
"Kosovo und Afghanistan", antwortete Kepler knapp.
Rosa schwieg. Dann legte sie ihre Hand auf seine.
"Wirst du mich bitte beschützten, wenn etwas sein sollte?"
Sie hatte Angst. Sie wusste selbst nicht genau, wovor, aber sie hatte eine große Angst. Kepler zog das Mädchen zu sich und er legte den Arm um ihre Schultern.
"Ich beschütze dich", versprach er.
"Danke schön." Rosa kuschelte sich erleichtert an ihn. "Wollen wir vielleicht zusammen in die gemischte Baracke ziehen?", fragte sie, ohne ihn anzublicken.
" Wie ein Paar?", fragte Kepler belustigt.
Rosa zuckte unbestimmt die Schul tern.
In der gemischten Baracke, der kleinsten von allen, waren die Betten durch Tuchwände voneinander abgetrennt. Sie gewährleisteten zwar einigen Sich tschutz, aber keinen gegen Geräusche. Kepler lag in der Dunkelheit, hörte das unterdrückte lustvolle Stöhnen von nebenan, und musste sich beherrschen, die junge Frau neben ihm nicht zu berühren.
In der nächsten Nacht umarmte Rosa ihn verlangend. Kepler war sich nicht sicher, ob sie es tat, weil sie ihn mochte, oder ob es einfach ein Bedürfnis nach Geborgenheit in einer fremden Welt war. Wahrscheinlich etwas von beidem.
Am Nachmittag des vierten Tages trafen im Lager vier schwere LKW ein. E twas später
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