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Die Ratte des Warlords (German Edition)

Die Ratte des Warlords (German Edition)

Titel: Die Ratte des Warlords (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Löwen
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alle stehen. Falls Milizen uns anhalten – ruhig bleiben, guckt ihnen nicht in die Augen, zeigt eure Pässe. Das Reden übernehmen wir. Zum Funk. Unsere Frequenz ist 93,6, Kanal 4. Quatscht nicht rum, sondern nur wenn es wirklich sein muss." Er machte eine Pause. "Das war’s. Los."
    Kaum dass die Menschen sich auf die Fahrzeuge verteilt hatten, verließ der Konvoi das Lager. Rosa war aufgeregt und redete es sich von der Seele. Kepler hörte kaum zu, seine ganze Au fmerksamkeit galt der Kupplung.
    Erst nachdem der Tross Bahri verlassen hatte und auf dem Äquivalent einer Landstraße fuhr, legten sich seine Sorgen allmählich, obwohl die Straßen, die im Sudan soviel galten wie in Deutschland die Autobahnen, Schotterpisten waren, nur hin und wieder gab es asphaltierte Abschnitte. Die meisten davon waren ziemlich verschlissen, es waren massenhaft Fahrzeuge unterwegs, aber um die Wartung der Straßen schien sich niemand zu kümmern.
    Der Konvoi zog sich über einen Kilometer auseinander, um genug Abstand zwischen den Fah rzeugen zu schaffen. So konnte man die Fenster etwas öffnen, um nicht in der Hitze einzugehen ohne an dem vom Vordermann aufgewirbelten Staub zu ersticken. Außerdem flogen auch nicht allzu viele Steine, die der Vorausfahrende hochschleuderte, gegen die Frontscheibe.
    Mit einer Wahnsinnsgeschwindi gkeit von vierzig bis fünfzig Kilometern pro Stunde schleppte der Konvoi sich in Richtung Süden. Kepler fand den für diese Raserei passenden Gang, danach brauchte er nur noch auf die Straße zu achten.
    E r rechnete mit etwa zwanzig Stunden reiner Fahrt für die Entfernung bis Kaduqli und schlug noch zehn für Eventualitäten drauf. Die Geschichte würde sich mindestens über fünf Tage dehnen, resümierte er.
    Am ersten Tag schafften sie mit Mühe etwa zweihundertfünfzig K ilometer und rasteten über Nacht in der Nähe eines namenlosen Dorfes. Mit dem Sonnenaufgang fuhren sie weiter und erreichten gegen elf die Ortschaft Kosti. Dort tankten sie, fuhren über den Nil, dann westwärts in Richtung Umm Ruwaba. Sie passierten El Obeid, dann Dilling, wo sie nochmal tankten. Jetzt würde es bis Kaduqli mit den Tankmöglichkeiten rar werden.
    Je weiter sie sich von Khartum entfernen, desto weniger wurde der arabische Einfluss und umso afrikanischer das Land. Die meisten Dörfer, oft eingebettet in eine malerische Hügellandschaft, bestanden aus Strohhütten und unterschiedlich aussehenden Speichern für Hirse und Erdnüsse. Dazwischen lagen lichte Akazienwälder, offenes Weideland und Hirsefelder. Hin und wieder durchschnitt der Lauf eines ausgetrockneten Wadis das weite Land. Überall standen riesige Baobab-Bäume, die das Bild der Landschaft prägten.
    Afrika verzauberte, manche Afrikaner taten genau das Gegenteil. Der Konvoi musste sich immer wieder bei der Polizei registrieren lassen. Das dauerte stets etwas länger. Kepler schätzte, dass Pierre dabei eigentlich nur über die Höhe der Bestechung verhandelte. Immer wieder wurde der Konvoi von der Sudanese People's Liberation Army angehalten und kontrolliert. Kepler fand es nach dem zweiten Mal nicht mehr lustig. Die Milizen waren aufgeblasen und fuchtelten mit ihren AKs, von Professionalität waren bei ihnen nur Ansätze erkennbar.
    Aber dann entschädigte die Freude einfacher Bauern über die Hilfe die Schikanen mehrfach. Und abends tat es oft der Anblick ausgelassen tanzender Menschen, die sich unter einer Art Zelt mitten im Nichts unweit der Straße dem Rhythmus der Musik hingaben und dem Konvoi beim Vorbeifahren winkten.
    Kepler hatte mit seiner Vermutung Recht gehabt, sie hatten ei nundzwanzig Stunden reiner Fahrzeit, etwa sieben für die Begleiterscheinungen und knapp sechzig für den Rest bis nach Kaduqli gebraucht, insgesamt vier Tage.
    Der Konvoi kam am Mittag an und wurde überschwänglich begrüßt. Noch vor dem Entladen der Fahrzeuge rief man alle Neuankömmlinge zu Tisch.

13. Kaduqli, die Hauptstadt des Bundesstaates Dschanub – Süd – Kurdufan, war der Stützpunkt der UNO-Missionen und zahlreicher privater Hilfsorganisationen. Ihre Einrichtungen bildeten eine quasi separate Stadt, die in der Nähe des Flughafens lag, den die UNO unter ihrer Kontrolle hatte.
    Das Lager von World Vision glich dem in Bahri, aber es war lauter und viel staubiger. Die allermeisten Menschen hier waren Afrikaner. Kepler sah nur etwa zwanzig Weiße unter den über hundert Afrikanern. Das war also sein Zuhause für die nächsten sechs Monate.
    Nach dem Essen

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