Die Ratte des Warlords (German Edition)
zögernd in Bewegung, er wollte sichergehen, dass Momo wir klich weg konnte. Als er und sein Bewacher am Rande der Lichtung angelangt waren, hörte Kepler endlich den Diesel des Scania aufheulen, dann das Knarren des Getriebes. Erbost darüber schüttelte Kepler den Kopf. Der Laster rollte langsam von der Lichtung und kein Milize machte Anstalten, dem Wagen zu folgen, sie machten sich abmarschbereit. Kepler atmete erleichtert durch.
17. Nach fünf Stunden Fußmarsch über mehr oder weniger unwegsames Gelände quer zu Keplers ursprünglicher Fahrtrichtung kamen sie in Weriang an.
Kepler kannte das Dorf, er war vor sechs Monaten hier gewesen, seitdem nicht mehr. Die meisten Häuser hier waren solide Lehmhütten, das Dorf war früher eines der reicheren der Gegend gewesen. Weriang war Kepler schon bei seinem ersten Besuch groß vorgekommen, jetzt war es noch größer geworden. Es gab nun mehrere Straßen und zwei große Gebäude aus richtigen Ziegelsteinen. Eines davon, ein zweistöckiges Haus, stand in der Mitte des Ortes, auf einer Art Platz.
Weriang war ein Stützpunkt geworden, genauso wie Khomo, ein Satellitendorf einen halben Kilometer entfernt, durch das die Gruppe durchmarschiert war.
Kepler wurde zu dem zweistöckigen Steingebäude geführt. Nachdem sich der Offizier mit jemandem unterhalten hatte, brachte man Kepler in ein relativ großes Büro im oberen Stock. Man setzte ihn vor dem Schreibtisch hin, der das Büro dominierte, und band ihn am Stuhl fest.
Im Verlauf der nächsten Stunde kamen fortwährend Leute ins Büro und legten schweigend Schriftstücke auf den Tisch. Im Gegensatz zu den Milizen trugen sie geradezu Galauniformen und hatten alle einen höheren Rang als der Offizier, der ihn gefangengenommen hatte, wenn Kepler die Abzeichen richtig deutete.
Dann kam ein kleiner Mann ins Büro. Seine Uniform war sauber, ordentlich und bescheiden. Er hatte keine Rangabzeichen auf den Schulterklappen oder am Kragen. Der Mann legte ebenfalls ein Schriftstück auf den Tisch, dann drehte er den Kopf. Seine Augen waren Kepler sofort. Jetzt sah er einen sehr wachen und aufmerksamen Verstand und große Willenskraft in diesen Augen.
" Sir, können Sie mir bitte die Gelenkfesseln abnehmen lassen?", bat er.
Seine Handgelenke waren seit fast sechs Stunden g efesselt, das Seil schnitt sich immer tiefer ins Fleisch ein. Kepler fühlte seine Hände kaum noch, die Blutzufuhr war beinahe unterbrochen.
"Wie kommen Sie darauf, dass ich hier etwas zu sagen habe?", interessierte der kleine Mann sich.
S eine Stimme, seine Sprache und seine Artikulation klangen sehr gebildet.
"Na, Sie sind doch der Chef hier", entgegnete Kepler. "General Abudi, oder?"
Der Mann lachte auf.
"Gar nicht schlecht", sagte er anerkennend.
Er trat hinter den Stuhl und Kepler hörte ein Messer aufschnappen. Seine Fe sseln wurden aufgeschnitten, sogar die, die ihn am Stuhl festhielten.
"Danke sehr", sagte Kepler und begann, seine Gelenke zu massieren, um die Blutzirkulation anzuregen. "Äußerst nett Ihrerseits."
Der Mann lachte erneut und nahm im Sessel vor dem Tisch Platz. Er beugte sich vor, legte die Unterarme auf die Tischplatte und sah Kepler an.
"Ich bin tatsächlich General Abudi", sagte er und stützte sich auf den Ellenb ogen ab. "Und Sie sind?"
Abudi war wohl ein Sammelsurium an afrikanischen Sonderbarkeiten. Sogar in der kurzen Zeit zwischen seinen Milizen hatte Kepler mitbekommen, dass die Offiziere von den Soldaten gesiezt wurden, während sie diese duzten. Nun siezte der General ihn. Vielleicht, weil er höflich erscheinen wollte. Kepler fand es unter diesen Umständen sogar irgendwie nett. Beeindrucken tat es ihn nicht.
"Sie haben meinen Ausweis."
"Hm", machte der General, holte den Ausweis aus der Tasche und ließ das Kärtchen vor sich auf den Tisch fallen. "Dirk Kepler. Welche Nationalität?"
"Deutscher , steht das da nicht drin?", antwortete Kepler beiläufig, während er seine Handgelenke weiter bearbeitete.
"Sie sind aber ein Früchtchen." Abudi blickte überrascht drein. "Andere würden sich in dieser Situation in die Hose machen."
Kepler fragte sich, ob der kleine General über den Umfang seiner Strafe nachdachte. Aber wie schon auf der Lichtung war ihm das Ganze fast völlig egal.
"Was würde das helfen?", fragte er zurück.
Abudi lachte kurz, dann wurde er wieder ernst.
"Leiden Sie an Ataraxie?", erkundigte er sich.
"Ne. Das ist eine philosophische Einstellung", gab Kepler zurück.
Abudi blickte ihn
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