Die Ratte des Warlords (German Edition)
weiterhin misstrauisch und abwartend an.
"Ich bin nicht arglos, ich habe Ind olenz", fügte Kepler deswegen hinzu.
"Was ist das?", interessierte der General sich.
"Körperliche und psychische Gleichgültigkeit gegenüber Schmerzen." Kepler schwieg kurz. "Bin stumpfsinnig", ergänzte er weniger wissenschaftlich.
Abudi betrachtete ihn eine Zeitlang nachdenklich und überlegend.
" Ja", begann er dann mit schwerer Stimme, "und in Ihrem Stumpfsinn haben Sie sogar einen meiner Offiziere angegriffen."
"Wenn er sich so die Waffe abnehmen lässt , dann ist er kein – Offizier", gab Kepler spöttisch schnaubend zurück. "Eine Miliz haben Sie, keine Armee."
"Stimmt", pflichtete Abudi ihm bei. "Für einen von der UNO haben Sie irgendwie zu viel Ahnung von militärischen Dingen", konstatierte er abwartend.
Kepler zuckte die Schultern. Abudi lehnte sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete ihn forschend.
" Lernt man in einer Sondereinheit eine Pistole so zu zerlegen?"
"Wozu wollen Sie das wissen?", fragte Kepler zurück.
"Informationen sind sehr wichtig", belehrte Abudi ihn höflich, aber im Ton e iner Aufforderung. "Wenn es Ihnen nichts ausmacht, natürlich", fügte er hinzu.
Kepler überlegte kurz. Es machte keinen Sinn, etwas zu verheimlichen. Vielleicht half die Offenheit sogar, lebend hier rauszukommen, der General schien nicht versessen auf Rache zu sein.
"Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr", antwortete er.
"Was haben Sie so alles gemacht?"
" War Scharfschütze, Späher und Nahkampfausbilder. Mehr darf ich darüber nicht sagen." Kepler machte eine Pause. "Wenn es Ihnen nichts ausmacht."
"Welchen Rang hatten Sie?"
"Feldwebel. So was wie Sergeant."
"W elche Sprachen sprechen Sie neben Deutsch?"
"Englisch, Französisch, Sp anisch, Italienisch, Schwedisch, Russisch, Polnisch, Mandarin, Arabisch, ein paar Brocken Tigrinya, Suaheli und Moro."
"Nicht schlecht", lobte der General beeindruckt.
"Danke", erwiderte Kepler trocken.
"Und warum sind Sie nun bei World Vision?", fragte Abudi, die Worte nachdenklich dehnend.
"Man muss sich beschäftigen", äußerte Kepler sich nichtssagend . "Damit der Kopf nicht einrostet."
"Gefällt es Ihnen?", interessierte Abudi sich daraufhin dünn lächelnd.
"Nein", antwortete Kepler ehrlich.
"Warum?"
"Sinnlos ist es nicht ganz ." Kepler sah Abudi offen an. "Aber ich kann es nicht anders formulieren."
"Wieso bleiben Sie dann?"
"Ich kann nicht nach Hause."
"Sind Sie etwa Deserteur?", fragte Abudi verdu tzt.
"Nein, Probleme mit der Polizei."
"Welcher Art?", erkundigte der kleine General sich neugierig.
"Sie werden mich kaum ausliefern, oder?", überlegte Kepler laut, plötzlich amüsiert. "Ich habe auf der Straße paar Idioten verprügelt. Zwei sind gesto rben."
"Meine Güte."
Abudi sah ihn an und sagte lange Zeit nichts mehr. Er blickte nach oben und schien in Gedanken versunken. Einige Male streifte sein Blick über Kepler.
"Wollen Sie etwas trinken?", fragte er plötzlich.
"Gern", antwortete Kepler dankbar.
Abudi läutete. Einige Augenblicke später erschien in der Tür das Gesicht des Mannes aus dem Vorzimmer. Der General bestellte Kaffee, Tee und Wasser.
"Alkohol habe ich nicht", sagte er abwartend nachdem die Tür wieder zu war.
"Ich komme gut ohne aus", erwiderte Kepler.
Sie schwiegen, bis die Ordonanz kam, die Getränke servierte und wieder ging.
"Bitte", lud Abudi mit einer Handbewegung ein.
"Danke sehr."
Kepler goss ein Glas Wasser ein und trank es in einem Zug aus. Er wi ederholte das Ganze, dann goss er unter Abudis belustigtem Blick zwei Tassen Kaffee ein.
Der General bedankte sich. Sie tranken schweigend einige Schlucke, dann stellte Abudi seine Tasse volle ndet auf dem Tisch ab und sah Kepler an.
"Mal über Jobwechsel nachgedacht?", fragte er.
Kepler sah ihn erstaunt an.
"Wollen Sie mir etwa eine Stelle anbieten?"
"Ja" , antwortete der General geradeheraus.
"Als Söldner?"
"Ja", wiederholte Abudi ruhig.
"Danke, nein", erwiderte Kepler fest.
"Hören Sie es sich erst an", verlangte Abudi bestimmt.
Er verschränkte die Finger vor dem Kinn und sah Kepler an. Kepler zuckte die Schultern. Schaden konnte es nicht. Außerdem, eine Wahl hatte er auch nicht.
"Ich hege bestimmte Interessen", begann Abudi. "Ich bin jetzt Geschäftsmann, aber in Afrika gehört der Krieg leider untrennbar zum Geschäft. Also, ich möchte ein System aufbauen, in dem Menschen sicher leben und arbeiten können. Ich beschütze sie, besorge die Verwaltung und sie
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