Die Ratte des Warlords (German Edition)
bezahlen mich dafür."
Er verstummte abwartend.
"Sie sind tatsächlich nicht so ein Vollidiot wie die anderen Warlords", kommentierte Kepler sachlich.
"Danke schön", erwiderte Abudi trocken. "Nichtsdestotrotz – ich brauche eine Streitmacht für meine Zwecke." Er lächelte. "Und wie Sie treffend angemerkt haben, sollte es eine Armee sein, keine Miliz."
"Soweit komme ich mit", unterbrach Kepler ihn. "Und ich werde nicht für Sie töten", sagte er rig oros.
" Nicht die Zivilisten töten, sondern für sie", stellte Abudi geduldig, aber mit Nachdruck klar. "Sie haben es schon gemacht, also, wo ist der Unterschied?"
Kepler überlegte, wo der Unterschied war. Damals hatte er auf den Befehl se ines Landes getötet. Hier würde es auf Befehl eines einzelnen Mannes sein. Dort war es zum Wohle vieler, und hier?
"Sie können sich bestimmt denken, was ich denke", sagte er.
Der General würde sowieso jeden seiner Einwände widerlegen. Mit der Logik aus seinem Blickwinkel, aber , zumindest bis zu einem gewissen Grad, durchaus objektiv berechtigt und nachvollziehbar.
"Sicher", bestätigte Abudi. "Jetzt was anderes." Er machte eine Pause. "Sie haben meinen Offizier angegriffen. Andere hätten Sie sofort gekillt, aber er, obwohl ein Sadist und Vollidiot, hat es nicht getan. Er hat Sie mitgenommen, damit ich Sie bestrafe. Die Flüchtlinge hat er ziehen lassen."
Kepler nickte.
"Das ist meine Politik, und sie wird rigoros durchgesetzt", sagte der General mit sehr deutlichem Nachdruck. "Mister Kepler", Abudi blickte ihm in die Augen, "korrigieren Sie mich, aber Sie sind doch von der UNO frustriert, oder? Sie fahren Tag für Tag raus, versorgen die Menschen, helfen ihnen, und wenn Sie das nächste Mal hinkommen, ist alles noch schlimmer. Oder?"
Kepler nickte nochmal, in diesem Punkt hatte der General völlig Recht, sowohl subjektiv als auch objektiv.
"So", fuhr Abudi fort, "und haben Sie bemerkt, dass die UNO mein Gebiet immer weniger versorgen muss?"
Das stimmte auch. Kepler selbst war in den letzten Monaten nur in der entgegensetzten Richtung unterwegs gewesen und die Kollegen erzählten, dass es den Menschen in Abudis Gebiet besser als anderswo im Sudan ging.
"Meine Methoden sind zugegebenermaßen blutig, doch sie sind auch wirkungsvoll", sprach Abudi eindringlich weiter und beugte sich vor. "Ich biete Ihnen die Chance, mir dabei zu helfen, den Menschen Frieden und einen bescheidenen Wohlstand zu bringen." Er schwieg kurz. "Die Leute, die Sie versorgen, warten nur noch auf Ihre Lieferungen. Meine bauen mittlerweile selbst an."
Er blickte Kepler herausfo rdernd an.
"Sie machen es nicht für umsonst", sagte Kepler.
"Natürlich nicht", bestätigte Abudi. "Ich will sehr reich werden. Aber ich beteilige die Menschen daran. Etwas", ergänzte er anscheinend halbwegs ehrlich.
Wenn die Gerüchte über Abudi auch nur zur Hälfte wahr waren, dann war sie es, die große Knarre, dachte Kepler. Und eine wirkliche Möglichkeit zu he lfen.
"Ich kämpfe nicht gegen die einfachen Menschen", erriet Abudi seine Gedanken, "sondern nur gegen die Warlords und deren Leute. Die einfachen Menschen kommen von selbst zu mir. Ich habe fast keinen Platz mehr für sie."
"Selektieren Sie?"
"Ich sagte eben, ich sei Geschäftsmann", erwiderte Abudi scharf. "Kein Nazi."
"Was wollen Sie eigentlich, dass ich tue? Und wieso wollen Sie das?"
" Sie sollen für mich einfach nur kämpfen – vorerst", antwortete Abudi. "Und meinen Leuten dabei latent beibringen, wie man es richtig tut." Er verstummte für einen Augenblick. "Weil Sie ein Profi sind. Denke ich mir doch."
Eigentlich wollte Kepler nur wieder Soldat sein. Weil er es konnte. Alles andere war nur ein Notbehelf und eine Ausrede. Fast, helfen wollte er auch wirklich.
"Ich nehme Ihr Angebot an", sagte er, selbst fast über diesen Entschluss überrascht. "Auch vorerst", fügte er sofort hinzu. "Ich bin Realist", erklärte er auf Abudis wissendes Lächeln hin, aber eigentlich mehr sich selbst. "Wenn ich diese Welt gemacht hätte, wäre sie anders. Ich weiß, dass ich nichts verändern kann, ich versuche nur zurecht zu kommen." Dann machte er auch eine Pause. "Aber General." Er sah Abudi direkt in die Augen. "Verlangen Sie je von mir, dass ich einem Unschuldigen auch nur ein Haar krümme – töte ich Sie."
Abudi blinzelte nicht einmal und sah ihn absolut ruhig an.
Der General schien einer der klügsten Menschen zu sein, denen Kepler je begegnet war, er begriff sofort, dass er es genau so
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