Die Ratte des Warlords (German Edition)
Kopf für die Nacht. Viele dieser reinen Übernachtungsbetriebe waren neben den unbefestigten sudanesischen Schotterpisten anzutreffen.
Katrin freute sich auf übermorgen. Der Anführer der Spanier, der Ar abisch sprach und sich wirklich nicht schlecht in Sudan auskannte, hatte erzählt, in Qurdud gäbe es ein Hotel, das – nach hiesigem Standard – gar nicht schlecht wäre. Katrin freute sich sehr darauf, endlich aus dem stickigen Minibus rauszukommen. Sie träumte von einer Badewanne, voll mit schön duftendem Badeschaum, und war vollständig in ihrem Tagtraum versunken, dessen Mittelpunkt eben die duftende Badewanne war, als der Minibus ziemlich abrupt anhielt und sie recht unsanft aus ihrer Träumerei riss.
Die nächste Kontrolle, dachte Katrin schlaff und fingerte geistesabw esend nach ihren Papieren. Aber dieses Mal war es keine Kontrolle. Katrin musste lachen, als sie den Grund für das Anhalten erkannte. Sie hatte schon fast vergessen wie sich so etwas wie ein simpler Stau anfühlte.
Irgendwo weiter voraus war ein Tanklaster umgekippt und hatte eine Masse nkarambolage ausgelöst, wie ihnen ein lächelnder Milize erzählte. Das würde dauern, schloss der Mann philosophisch. Die Frage, ob es einen Umweg gäbe, bejahte er nach einigem Überlegen. Dann, mit beiden Händen gestikulierend, beschrieb er den Umweg. Nach seinen Worten würden sie für den Umweg zwei Stunden brauchen und etwa zwanzig Kilometer weiter nördlich wieder auf die Piste kommen. Der Anführer der Gruppe spendierte dem Milizen eine Zigarette, woraufhin der Mann grinste und alles Gute wünschte.
Als sie über die unbefestigte Straße hoppelten, fragte Katrin sich, warum sie als einzige diesen Umweg fuhren, sie sah kein anderes Auto, weder vor noch hinter ihnen. Sie überlegte, dass dieser Weg für schwere Lastwagen wahrscheinlich nicht passierbar war und dass die kleinen Autos ihr Benzin lieber sparten, denn das Fahren in solchem Gelände verschlang eine Menge der kostbaren Flüssigkeit. Halbwegs beruhigt, gab Katrin sich wieder ihren Badeträumen hin.
Sie kam eine Stunde später zu sich, als der Bus wieder stand. Sie blickte aus dem F enster und sah den Grund dafür.
Jetzt waren sie an gehalten worden.
Diese Truppe war anders. Katrin konnte das sofort erkennen, sie hatte genug Militärs, Milizen und Polizisten in Afrika gesehen. Diese neun Männer waren mit Sicherheit Abudis Leute, keine reguläre Armee. Aber sie w aren angezogen wie Soldaten und im Gegensatz zu anderen paramilitärischen Truppen verhielten sie sich wie Soldaten, ruhig und gelassen, eben wie Profis. Einer sprach mit dem Fahrer, während die anderen die Gegend sicherten. Es machte den Eindruck, dass sie es mehr aus Gewohnheit taten, nicht weil wirkliche Gefahr drohte, denn sie hielten ihre Waffen nicht im Anschlag, sondern mit den Läufen nach unten, aber routiniert griffbereit.
Katrin entspannte sich, als aus dem Gebüsch am We grand drei weitere Männer hinaustraten. Zwei waren Sudanesen, einer älter, eindeutig der Kommandeur, der andere ein junger Kerl mit einem Fernglas am Hals. Diese beiden waren eine in Afrika normale Erscheinung, aber der dritte war außergewöhnlich. Katrin blickte ihn maßlos überrascht an. Er war weiß.
Er war nicht groß, stämmig und hatte breite Schu ltern. Er war muskulös, aber seine Muskeln beulten sich nicht aus, sie zeichneten sich nur deutlich unter seiner Haut ab, der Mann wirkte mehr drahtig und sehnig. Das Wenige seiner Haut, das Katrin sehen konnte, war so gebräunt, dass sie neidisch wurde. Der Mann trug Springerstiefel und hatte eine Khakihose mit Taschen an den Beinen, die mit irgendwas gefüllt waren. Er trug ein olivgrünes ärmelloses Shirt, darüber eine Weste, deren unzählige Taschen ebenfalls voll waren. Seine Kleidung lag eng an, er schien mit ihr verwachsen zu sein. Trotz der Hitze hatte er olivgrüne Handschuhe an, auf dem Kopf ein grünes Tuch, das am Hinterkopf zusammengeknotet war. Am rechten Handgelenk trug er eine Uhr, die mit einer Stoffklappe abgedeckt war, ansonsten hatte er weder eine Kette noch anderen Schmuck, lediglich ein Tattoo am rechten Oberarm, ein Piktogramm, das Katrin bekannt vorkam. Eine verspiegelte schmale Sonnenbrille bedeckte seine Augen. Auf dem Rücken hatte er einen großen Rucksack, um seinen Hals hing vor seiner Brust ein ellenlanges Gewehr mit Zielfernrohr und riesigem Schalldämpfer. Die Hände des Weißen ruhten lässig zu beiden Seiten des Visiers auf der Waffe. Auf den zweiten
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