Die Ratten
und bot jedem Mann, dem sie begegnete, ihren Körper an und beschimpfte und verfluchte sie, wenn sie ablehnten. Einige spotteten über sie, die meisten jedoch waren bestürzt wegen ihrer irren Schimpfkanonaden. Schließlich mußte sie Trost bei einer Flasche Whisky suchen, die sie mit ihren dürftigen Ersparnissen vom Job in der Wäscherei kaufte.
In dieser Nacht wurde ein Krankenwagen zu einer öffentlichen Bedürfnisanstalt in Angel, Islington, bestellt, wo der Aufseher eine bewußtlose Frau in einer der Toilettenkabinen gefunden hatte. Zuerst hatte er gedacht, die Frau wäre nur betrunken, weil sie nach Alkohol stank, doch dann hatte er bemerkt, daß Blut zwischen den Beinen der Frau hervorsickerte. Der Arzt brauchte zwei Stunden, um all die Glassplitter aus Marys Vagina zu entfernen. Sie hatte sich in mehr als einer Weise mit der Whiskyflasche getröstet.
Mary Kelly schaute in die Runde ihrer fünf Gefährten. Ihr verlebtes Gesicht verzerrte sich vor Verachtung. Drek-kige, ausgetrocknete, alte Kerle. Keiner von ihnen ein richtiger Mann. Keiner würde die Flasche kreisen lassen. Nun, heute abend hatte sie ihre eigene Flasche, und das war kein Fusel. Es war guter Scotch. Es hatte nur drei Tage gedauert, bis sie genügend Geld zusammen gehabt hatte, um die Halbliterflasche zu kaufen. Und es war leicht verdientes Geld gewesen, denn sie war zum West End gegangen, zu den Schlangen der Leute vor den Kinos und Theatern. Sie hatte einfach vor den Leuten gestanden, ihnen ins Gesicht gestarrt, eine Hand ausgestreckt, um Geld entgegenzunehmen, und mit der anderen Hand hatte sie sich gekratzt. Sie hatte ihr Haar gekratzt, ihre Achseln, die Brüste - und wenn ihre Hand hinab zwischen die Beine geglitten war, hatten die Leute für gewöhnlich Geld herausgerückt.
So war sie jetzt zwischen den Grabsteinen und dem Schutt auf dem Trümmergrundstück, das einst ein Friedhof gewesen war. Es hatte Jahre des Elends und der Qual für Geist und Körper gedauert, um sie bis zu diesem Punkt zu bringen. Aber hier war sie unter ihresgleichen, am Leben gescheitert. Sie drehte den Verschluß der Whiskyflasche auf und setzte sie mit zitternder Hand an die Lippen.
»Was säufst du da, Mary?« ertönte eine Stimme aus der Dunkelheit.
»Verpiß dich.« Mary hatte gewußt, daß die anderen sie beim Trinken sehen und betteln würden, nur um einen
Tropfen, einen Schluck, aber sie hatte nicht dem Wunsch widerstehen können, heute nacht hierhin zu gehen und sich aufzuspielen, sich hämisch zu freuen, wenn die Männer sie anflehten. Sie wußte, daß sie für einen einzigen Schluck sogar mit ihr schlafen würden, und dann konnte sie die Kerle sogar noch mehr verspotten. Die alten Männer würden vergessen, wie dreckig sie war, und sie würde ebenfalls vergessen, daß die Kerle vor Dreck stanken. Verzweifelt würden sie versuchen, ihre lächerlich nutzlosen Pimmel steif zu bekommen, damit sie sich ihren Drink verdienen konnten. Aber sie würden es niemals schaffen, und sie würde lachen und das Elend auf ihren widerlichen Visagen genießen.
»Ah, komm schon, Mary, was säufst du da?« Eine Gestalt kroch aus der Dunkelheit auf sie zu.
»Geht dich nichts an, du Dreckskerl«, sagte Mary, und nach so vielen Jahren war immer noch ihr Irisch stark zu hören.
Andere hoben benommen den Kopf und schauten zu ihr. Die Gestalt näherte sich. Wäßrige, gelbliche Augen starrten auf die Flasche, die sie jetzt mit beiden Händen hielt.
»Mary, ich bin's, Myer.« Die Augen nahmen einen verschlagenen Ausdruck an, als Myer feststellte, daß es eine fast volle Flasche Scotch war. »Ich weiß, was dir gefällt, Mary. Gib mir einen Tropfen, und ich tue es für dich.«
»Du?« höhnte Mary. »Ich erinnere mich an das letzte Mal. Du konntest ihn ja nicht mal finden, oder?« Mary begann zu kichern, und ihre Schultern bebten. »Ausgerechnet du!«
Der alte Mann begann ebenfalls zu kichern. »Stimmt, Mary, aber diesmal wird es anders sein, weißt du.« Mit seiner schmutzigen Hand fummelte er an seiner Hose.
Mary lachte jetzt, wiegte sich vor und zurück und trank ausgiebig aus der Flasche.
»Nur eine Minute, Mary. Ich werde gleich soweit sein.« Myers Lachen verstummte, und dann nahm seine Miene einen besorgten Ausdruck an. »Sauf nicht alles, Mary.« Seine Besorgnis verschwand, und er lächelte triumphierend, während er endlich das Objekt seiner Suche hervorholte.
Marys Gelächter wurde hysterisch schrill, als sie auf seinen schlappen Penis wies.
»Damit
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