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Die Ratten

Die Ratten

Titel: Die Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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hatte ihnen nicht geglaubt und einen von ihnen sogar verprügelt.
    »Nächste Woche ist sie dran«, sagte er sich und sprach seinen Gedanken laut aus, wie um ihn zu bekräftigen. Er begann zupfeifen. Aber es war sonderbar, wie sehr er sich freute, wenn der Mittwoch nahte. Er hörte mit dem Pfeifen auf. Gerry sah immer gut aus und war stets schick ge-kleidet. Ihre Mutter ging ihm auf die Nerven, aber er sah sie selten. Ihr Vater war ebenfalls ein fauler, alter Hund. Das waren keine Leute wie seine Eltern. Mit seinen Eltern kam er gut aus. Er hatte stets ein frisch gebügeltes Hemd für Samstagabend, immer ein gutes, warmes Essen nach der Arbeit, und gegen Ende der Woche konnte er seinen Alten immer um ein Pfund oder zwei anpumpen. Er nahm an, es hatte viel damit zu tun, daß er das einzige Kind war. Nachdem sein älterer Bruder vor sieben Jahren von einem Auto überfahren worden war, hatten seine Eltern anscheinend all ihre Liebe auf ihn übertragen und ihn verhätschelt. Es machte ihm nichts - er mochte sie.
    Er konnte immer seine Freunde zu einer Party mitbringen. Sein Vater würde stets das Bier beisteuern, und seine Mutter würde mit den Jungs tanzen. Der Alte würde sich sogar an die Miezen ranmachen. Nein, sie waren nicht wie Gerrys Eltern; das waren blöde alte Knacker.
    Dave Moodie wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er Schritte wahrnahm. Jemand kam die lange Treppe herunter. Ein schwarzer Bahnarbeiter tauchte auf, ging zum anderen Ende des Bahnsteigs und verschwand durch eine Tür mit der Aufschrift >Private<.
    Dave dachte wieder über seine gegenwärtige Lage nach. Wo blieb die verdammte U-Bahn? Jetzt war er einmal früh hier unten und mußte herumgammeln! Gerry brachte ihn immer zur Haustür, um ihm gute Nacht zu sagen, und ihre Leidenschaft nahm in dem Maße zu, in dem sich seine Befürchtung verstärkte, die letzte U-Bahn zu verpassen. Schließlich ließ Gerry ihn gehen und wartete an der Tür, bis er nicht mehr zu sehen war.
    Lässig wandte er sich zwei- oder dreimal um und winkte ihr, und sie warf ihm einen Handkuß zu, doch sobald er um die Ecke war, raste er davon und hatte bald Seitenstechen vom Rennen. Jedesmal traf er atemlos bei der U-Bahnstation ein, flitzte ohne zu zahlen durch die
    Sperre, nahm immer zwei oder drei Stufen auf einmal, wenn er die Treppe hinabhetzte, und schaffte es für gewöhnlich gerade noch, in die Bahn zu springen, während sich schon die Türen schlossen. Es war gut, daß Gerry nie seine Flüche hörte, wenn er es nicht mehr schaffte. Das bedeutete dann eine lange Wanderung nach Hause über die gefahrenreiche Commercial Road. Fast immer lauerte irgendwelcher Pöbel an Straßenecken, Strichjungen oder Fixer lungerten in den Hauseingängen. Dave war nicht feige, aber es war wirklich eine üble Gegend.
    Er nahm eine Bewegung wahr. Ein Schatten huschte zwischen den Gleisen. Dave ging zur Bahnsteigkante und spähte im Halbdunkel den Schienenstrang entlang. Nichts. Dann bemerkte er, daß der Schatten angehalten hatte. Dave erkannte, daß es eine Ratte sein mußte. Er warf die leere Milchschachtel nach der Ratte, um zu versuchen, sie in die Dunkelheit des Tunnels zu scheuchen, doch sie wich nur unter die Schiene zurück. Der Junge blickte auf und spähte in den Tunnel, als er aus der Finsternis Geräusche hörte. Es klang wie ein Windstoß, nicht wie das Nahen einer U-Bahn. Dave blickte nervös zu der Ratte auf dem Gleis und schaute wieder auf, als das Geräusch anschwoll. Er sah Hunderte kleiner, schwarzer Schatten aus dem Tunnel strömen, einige zwischen den Gleisen, andere auf der Rampe und dem Bahnsteig.
    Dave warf sich herum und rannte, noch bevor ihm klarwurde, daß die Schatten Ratten waren, viel größer als normale und wesentlich schneller. Er erreichte die Treppe, und ein langer, schwarzer Strom von Ratten war ihm fast auf den Fersen. Dave hetzte die Treppe hinauf und nahm drei Stufen auf einmal. Einmal stolperte er, fing sich jedoch schnell wieder, hielt sich am Geländer fest und zog sich daran hoch, um Schwung zu gewinnen. Doch eine Ratte war vorausgerannt, und beim nächsten Schritt trat Dave darauf und stolperte von neuem. Als er mit den Armen ruderte, um das Gleichgewicht zu bewahren, schnappten scharfe Zähne nach seiner Hand. Er schrie vor Furcht auf, trat wild um sich und schleuderte mit den Tritten zwei Ratten die Treppe hinab über die Rücken ihrer Artgenossen. Er taumelte weiter die Treppe hinauf, jetzt niedergedrückt von dem Gewicht der Ratten, die

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