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Die Ratten

Die Ratten

Titel: Die Ratten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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Keogh.
    »Ja, die kenne ich«, sagte Harris.
    Der Junge hob verwundert die Augenbrauen, sprach jedoch weiter. »Es war gerade unter der Brücke, wissen Sie, wo das alte Haus des Schleusenwärters ist. Da war eine tote Katze, wissen Sie, und zwei Ratten schleiften sie mit. O Gott, Sie hätten sehen müssen, wie groß die waren, Mr. Harris. So groß wie die Katze selbst. Jedenfalls fraßen sie die Katze nicht, sondern schleiften sie davon. Da warf ich einen Stein nach ihnen.« Keogh verstummte und musterte sein blutiges Taschentuch. »Anstatt wegzurennen, drehten sie sich um und sahen mich an. Ich hatte eine Ratte getroffen, doch das schien ihr nichts auszumachen. Dann, verdammte Scheiße, oh, Verzeihung, gingen sie auf mich los. Ich rannte weg. Das heißt, erst nachdem mich eines der Biester in die Hand gebissen hatte. Ich trat das Vieh in den Kanal, sprang über die Mauer und rannte. Als ich zurückblickte, war da diese andere Ratte, das war vielleicht komisch, Mann. Sie saß oben auf der Mauer und beobachtete mich. Sie muß gleich nach mir auf die Mauer hinaufgerannt sein. Jedenfalls haute ich ab, so schnell es ging.«
    Harris lächelte, als er sich Ratten so groß wie Katzen vorstellte. Vermutlich war es ohnehin eine Katze gewesen, und Keoghs Fantasie hatte den Rest besorgt. Diese Kanalmauer war hoch, wie er sich aus seiner Jugendzeit erinnerte, und selbst Keogh würde Mühe haben hinüber-zuklettern. Aber eine Ratte? Er wußte, daß einige Ratten klettern können, daß einige Spezies auf Bäumen leben, aber eine fast zwei Meter hohe Mauer zu erklettern? Dazu gehört schon etwas.
    In diesem Augenblick hefteten sich die Blicke aller Anwesenden auf eine hysterische Frau, die ein blutiges Bündel an sich drückte und von zwei Männern der Ambulanz fast getragen wurde. Eine Krankenschwester eilte herbei und wollte ihr das kleine, blutige Etwas abnehmen, doch die Frau hielt es schluchzend und schreiend fest.
    Erst jetzt erkannte Harris, was sie umklammert hielt. Es war ein Baby. Nach dem blutigen Körper zu schließen, konnte es unmöglich noch am Leben sein. Oh, das arme, kleine Ding, dachte Harris. Ein Arzt kam und versuchte die verwirrte Frau zu beruhigen, indem er leise und sanft mit ihr sprach und nicht versuchte, ihr das Baby wegzunehmen. Dann legte er einen Arm um die Frau und führte sie fort. Die Schwester begleitete sie auf der anderen Seite.
    Jeder im Wartezimmer wirkte erschüttert über das Drama. Sekundenlang herrschte Schweigen, und dann sprachen alle gleichzeitig, wenn auch mit gesenkter Stimme. Harris wandte sich Keogh zu, aus dessen Gesicht das Blut gewichen war und dessen Knie sichtbar zitterten.
    Du bist nicht so hart, wie du vorgibst, dachte Harris, doch er sagte nichts zu dem Jungen.
    Es dauerte eine Weile, bis sie zu dem Arzt vorgelassen wurden. Der Doktor war sehr jung, viel jünger als Harris.
    Wenn Ärzte und Polizisten wie Jungen aussehen, muß man langsam alt werden, dachte Harris.
    »Sehen wir uns das mal an«, sagte der Arzt und wickelte den behelfsmäßigen Verband von Keoghs Hand. »Das sieht schlimm aus.« Er untersuchte die Bißmale. »Wovon ist das?«
    »Von einer Ratte«, antwortete Harris für Keogh.
    »Weitere Ratten?« Der Doktor begann die Wunde zu säubern, und Keogh zuckte zusammen.
    »Wie meinen Sie das?« fragte Harris.
    »Oh, diese Frau, die vorhin gebracht wurde. Ihr Baby wurde von Ratten angefallen. Schrecklich zugerichtet.« Der Arzt betupfte die Wunde mit Salbe und legte einen Verband an. »Das Baby ist natürlich tot. Es hatte keine Überlebenschance. Die Frau steht unter Schock. Sie gibt sich die Schuld an der ganzen Sache. Wir mußten sie betäuben, nur um ihre eigenen Wunden behandeln zu können.«
    Harris fand einen Augenblick lang keine Worte. Wenn Kindern irgend etwas Schlimmes passierte, war er immer so betroffen; er hatte schon zu viele mißhandelte Kinder gesehen, um ihrem Schicksal gegenüber gleichgültig zu sein.
    »Es ist aber gewiß ungewöhnlich, daß eine Ratte einen Menschen angreift, oder?« fragte er den Arzt. »Ich meine, ich weiß, daß sie sehr kleine Babys angreifen können, ja selbst erwachsene Menschen, wenn sie in die Enge getrieben werden, doch das war hier nicht der Fall. Als sie den Jungen anfielen, hätten sie entkommen können. Aber sie flüchteten nicht. Sie griffen an.«
    »Ja, ich weiß«, sagte der Arzt und nahm eine Spritze. »Nur noch ein schneller Pieks, und wir sind fertig.« Er lächelte Keogh an. »Aber wie ich von dem

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