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Die Rattenhexe

Die Rattenhexe

Titel: Die Rattenhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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würden.
    Wenn diese Senta de Fries tatsächlich eine Rattenkönigin oder Rattenhexe war, dann würden ihr die Tiere wirklich auf jeden Pfiff gehorchen. Ich wunderte mich nicht mal darüber, daß sie noch einen zweiten Pfiff ausstieß.
    Plötzlich sprangen sie aus der Kiste. Ich war darauf vorbereitet, riß mich zusammen, sonst hätte ich schon einen Platzwechsel vorgenommen.
    So aber schaute ich zu, wie Ratten wie lebende Bälle aus der Kiste hüpften, immer einen Bogen sprangen, dabei stets mit ihren vier Pfoten auf dem Boden landeten, aber kaum länger als eine Sekunde auf ihren Plätzen blieben, denn die nächsten Sprünge wuchteten sie hoch, und ich wunderte mich darüber, welch eine Kraft in ihren Körpern steckte.
    Kraft und Ziel!
    Das war Senta de Fries.
    Die Tiere sprangen sie an, sie klammerten sich fest, und Senta genoß diese Szene, denn sie lachte aus vollstem Herzen. Sie hatte ihre Hände ausgestreckt, als wollte sie die Vögel füttern, und die Ratten sprangen so hoch, daß ihre fetten Körper auf die Hände klatschten. Dann wieselten sie an den Armen entlang auf die Schultern zu, nahmen dort Platz, während andere sich am Stoff des Mantels festklammerten. Noch immer verließen Ratten die Kiste, suchten sich einen freien Platz aus, und Senta stand da wie eine Statue. Sie lachte aus voller Brust. Ihr gefiel es wahnsinnig gut, von den Tieren ›überfallen‹ zu werden, denn jetzt fühlte sie sich in ihrem Element.
    Die Kiste mußte wirklich voll gewesen sein. Ich wunderte mich, wie viele Ratten aus ihr regelrecht hervorgeströmt waren. Aber ich wunderte mich nicht mehr darüber, daß eine Frau wie Senta diese Dinge genoß.
    Nicht alle Ratten fanden Platz auf ihrem Körper. Einige umwieselten ihre Füße. Sie liefen immer im Kreis. Fiepsende, kreischende Laute verließen die offenen Mäuler, als wollten sie sich durch diese seltsame Musik antörnen.
    Mich störten sie zwar, aber ich störte sie nicht, denn keine Ratte bewegte sich in meine Richtung. Nur Senta de Fries schaute mich nach wie vor an. Es war zu sehen, wie sie diese Schau genoß, wie wohl sie sich dabei fühlte, und sie hatte es auch zugelassen, daß es sich zwei Ratten auf ihrem Kopf in den hellen Haaren bequem gemacht hatten.
    »Na, John, was sagst du?«
    Da die Frage hatte kommen müssen, wußte ich schon die Antwort. »Es überrascht mich nicht mal. Seit ich dich im Restaurant erlebt habe, weiß ich Bescheid.«
    »Gut. Und wie stehst du zu mir?«
    »Neutral.«
    Diese Antwort hatte ihr nicht gefallen. »Das wird sich ändern, John, glaub es mir.«
    »Wann?«
    »Wenn ich es will.«
    »Ja, Senta, ich glaube es dir. Ich werde mir deinen Auftritt anschauen. Aber ich wundere mich, daß andere Gäste es ebenfalls hinnehmen.«
    »Ich bin eben einmalig. Sie kommen doch nur, um mich zu sehen. Die Nackte und die Ratten. Es ekelt sie an, aber sie kommen immer wieder.«
    »Zu Jake Hollands Freude?«
    »Auch das. Du kennst ihn?«
    »Nicht genau.«
    »Er ist da, keine Sorge.«
    »Zusammen mit Slatko?«
    Diese Frage ließ das Lächeln auf ihrem Gesicht zerbrechen. Sie war nicht mehr locker. Sie stand da wie vereist und flüsterte mir zu: »Was hast du mit Slatko zu tun?«
    »Nichts. Ich habe mich nur nach ihm erkundigt, das ist alles.«
    Ihre Augen hatten sich verengt. Plötzlich war sie von einem Spannungsfeld umgeben. Es hatte nichts mit mir persönlich zu tun, und das erfuhr ich auch. »Nimm dich vor Slatko in acht, John, diese Warnung gebe ich dir mit.«
    »Warum?«
    »Er tut alles für seinen Boß. Er will immer mehr wissen als andere. Das ist oft nicht gut.«
    »Danke für den Rat.«
    Senta entspannte sich wieder. »Das hörte sich an, als wolltest du gehen.«
    »Ich habe Durst. Rattengift wird man einem Gast bei euch wohl nicht ausschenken.«
    Die Bemerkung amüsierte sie. »Nein, John, auf keinen Fall. Wir lieben doch die Ratten.«
    »Ja«, gab ich gequält lächelnd zu. »Ihr liebt die Ratten. Das ist nicht zu übersehen.« Ich nickte ihr noch einmal zu und ging zur Tür. Ich fühlte mich dabei nicht wohl, wie ich ihr den Rücken zudrehte und hörte auch, kaum daß ich die Klinke festhielt, die klatschenden Laute, als die Ratten zu Boden sprangen. Sie kratzten dabei mit ihren Füßen über den Boden, und ich rechnete damit, daß mir das eine oder andere Tier in den Rücken sprang.
    Senta hielt ihre Freunde zurück. Ich konnte den Raum verlassen. Im Flur fand ich mich wieder.
    Kalt war es nicht. Daß auf meinem Rücken trotzdem eine kalte Schicht

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