Die Rattenhexe
lag, hatte einen anderen Grund…
***
Mit der rechten Hand umschloß ich das Glas und spürte die Kühle des Biers. Das registrierte ich nur nebenbei, denn mein Blick wurde von dem Ding gefangen, das sich mitten auf der freien Fläche innerhalb des Lokals befand.
Es war ein Käfig aus dickem Glas. An der mir zugewandten Seite zeichneten sich die Umrisse einer Tür ab, die von innen als auch von außen aufgehebelt werden konnte. Die Ausmaße des Kastens ließen einer Person, die sich darin befand, genügend Bewegungsfreiheit, um sogar tanzen zu können. Über dem Kasten und unter der Decke drehte sich eine Kugel. Sie setzte sich aus zahlreichen blauen Steinen zusammen. Die sich in ihr befindlichen Lampen warfen ein blaues Glitzerlicht über den Käfig und auch über die sie umgebende Fläche, so daß der dunkle Boden verschwand. Der Zuschauer konnte den Eindruck haben, daß der Glaskasten auf blauen Wogen schwebte.
Ansonsten wies die Bar keine großen Besonderheiten auf. Das blaue Licht verteilte sich überall, und auch die Bezüge der Stühle und der Hocker an der Theke waren mit einem blauen Stoff überzogen. Die Bar machte ihrem Namen alle Ehre.
Es gab auch den Blue Drink, einen Hausmix, aber ich hielt mich lieber an mein vertrautes Bier, das mir von einer Barmaid im engen blauen Oberteil serviert wurde.
Der Raum hatte sich gut gefüllt. Die Gäste verteilten sich um die Fläche mit dem Käfig herum und saßen allesamt höher, so konnte jeder alles sehen.
Shao und Suko hatte ich noch nicht entdeckt. Ich war auch der einzige Gast, der seinen Platz an der Theke gefunden hatte. Die zum Haus gehörigen Animiermädchen ließen mich in Ruhe, nachdem ich zwei Annäherungsversuche abgewehrt hatte.
Musik umschmeichelte meine Ohren. Auf dem Klavier sanft gespielte Broadway-Melodien, zumeist aus bekannten Musicals.
Auch der Stimmenwirrwarr hielt sich in Grenzen, aber die Mädchen hatten genügend zu tun, ebenso wie die beiden hinter der Bar, die ständig für Nachschub sorgten.
Manchmal spürt man, daß jemand in seine Nähe kommt. So erging es auch mir. Ich sah den Mann nicht, aber ich spürte ihn, wie er sich mir näherte.
Ich hielt den Atem an, wollte mich nicht umdrehen, auch dann nicht, als ich den Geruch eines starken Herrenparfüms wahrnahm. Der Mann schob sich hinter mir vorbei. Ich erkannte ihn in einem Spiegel hinter der Bar und nickte mir selbst zu, als er den Hocker neben mir besetzte.
Dann erst drehte ich den Kopf.
Ich wußte es nicht genau, aber ich war mir sicher, daß dieser Knabe nur Jake Holland sein konnte. Er sah aus wie einer dieser Latin Lovers, die jetzt durch die Filme geisterten, nachdem dieser Banderas einen so großen Erfolg hatte verbuchen können.
Dunkle Haare, straff nach hinten gekämmt. Im Nacken wippte der Zopf.
Ein ebenfalls dunkler Anzug. Ein schneeweißes Hemd. Keine Krawatte und ein sonnenbraunes, scharf geschnittenes Gesicht, mit allerdings etwas zu weichen Lippen, die sich nun zu einem Lächeln verzogen, als der Mann mich anblickte.
»Sie also sind Sinclair.«
»Ich kann es nicht leugnen. Und Sie? Jake Holland?«
»Ja.« Er schnippte mit den Fingern und bekam den Hausdrink zugeschoben. Irgendein blaues Zeug.
»Dann gehört Ihnen der BMW, der meinen Rover küßte?«
Er trank schlürfend, stellte das Glas wieder zurück und lachte leise. »In der Tat, das ist meiner.«
»Verleihen Sie ihn öfter?«
Holland legte die Stirn in Falten und hob die Schultern. »Nein, nur an Menschen, denen ich vertraue.«
»Senta gehört dazu?«
»Sicher.«
»Wie stehen Sie zu ihr?«
Er lächelte sein Glas an. »Ist das nicht eine zu indiskrete Frage, Mister?«
»Ansichtssache, meine ich.«
Er umkrampfte mit der rechten Hand das Glas. »Hören Sie, die Frau gehört mir.«
»Das weiß ich.«
»Dann lassen Sie auch die Finger von ihr.«
»Gern, Mr. Holland, nur gehören dazu zwei. Sagen Sie Senta bitte das gleiche.«
»Wieso?«
»Schließlich hat sie nicht nur meinen Wagen angefahren…«
»Das werde ich regeln.«
»Augenblick, ich bin noch nicht fertig. Sie hat mich auch angerufen und sich mit mir getroffen. Aber darüber wissen Sie ja Bescheid, denke ich mal.«
Diesmal gab er sich erstaunt. »Meinen Sie wirklich? Woher wollen Sie das wissen?«
Ich deutete auf mein Ohr. »Das hat mir ein Vögelchen zugeflüstert.«
»Hatte es zufällig einen Namen?«
»Ja, es hieß – Slatko.«
Er schwieg. Allerdings nicht lange, denn er sagte: »Sie wissen verdammt gut Bescheid.«
Ich
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