Die Raumfalle (Orion 06)
Vorwurf, Ibsen überhaupt mit etwas Größerem als mit einem Gleiter fliegen gelassen zu haben, aber er sprach diesen Vorwurf nicht aus.
Statt dessen sagte er fast ein wenig müde:
»Aber Sie hätten es besser wissen müssen, Marschall Wamsler!«
Wamsler stützte sein breites Kinn auf die Hand und sah den Minister an. Er überlegte noch, ob er brüllen oder ob er sich noch beherrschen sollte und sagte fast unnatürlich leise:
»Herr Minister!
Sie riefen mich an und baten mich, McLane zu bitten, Ihren werten Herrn Schwiegersohn in spe mitzunehmen. Ich setzte mich der Gefahr aus, von einem meiner besten Leute für einen Schwachkopf gehalten zu werden, weil ich es wagte, ihm einen solch unmöglichen Wunsch zu unterbreiten.
Ich bat McLane, es mir zuliebe zu tun, weil Sie sonst wütend geworden wären.
Ich setzte es durch, daß McLane Ihren Schwiegersohn mitnimmt und habe seit dieser Sekunde keine Ruhe mehr. McLane hat die verrücktesten Einsätze hinter sich, und er ist jedesmal heil zurückgekommen. Warum soll ausgerechnet jetzt, nur weil Ibsen an Bord ist, die ORION gegen einen Asteroiden knallen und detonieren oder so etwas Ähnliches?
Ich finde, Sie sind sehr ungerecht zu mir.«
Der Minister nickte bekümmert und erwiderte dann in seiner hellen Stimme:
»Sie kennen doch diesen McLane. Sie hätten es Ibsen ausreden müssen.«
Wamsler nickte dumpf und sagte:
»Ja. Ich kenne McLane.«
»Und ...?«
»Cliff McLane ist mein bester Mann.«
Spring-Brauner zuckte unangenehm berührt zusammen und schwieg aus taktischer Klugheit.
»Das wird sich ja herausstellen«, schloß der Minister, »wie gut er ist.«
Er schüttelte Wamsler die Hand, nickte dem Adjutanten zu und verließ den Raum. Ein müder, alter Mann, der zwar in der Lage war, das Geschick der Erde mitzubestimmen, der sich jetzt aber vor einem vorwurfsvollen Blick oder gar einem Wutausbruch seiner Tochter fürchtete. Wamsler dankte dem Schicksal, unverheiratet zu sein.
*
Die Zelle war geformt wie eine Wabe mit zwei verschieden großen Durchmessern. Sechseckig, mit glatten Wänden und einem Boden, der aus winzigen Plastikbausteinen bestand, die man mit der Deckschicht und der Unterlage zu einer Schicht zusammengeschweißt hatte.
In einem dicken, sechseckigen Rahmen drehte sich eine stählerne, sechseckige Tür um zwei Angeln, oben und unten in der Mitte. Von innen war nicht einmal die Befestigung des komplizierten Schlosses zu sehen. Zwei glatte, harte Pritschen standen an den Längswänden und konnten in schmale Schlitze zurückgeschoben werden.
Rechts neben der Tür war in der geknickten Wand, und zwar in deren Oberteil, die Anlage zur Überwachung des Raumes untergebracht. Ein Schirm und ein bewegliches Linsenpaar für Weitwinkel und Nahaufnahmen, das ferngesteuert werden konnte. Die Tasten waren mitten in einem Lautsprecher/Mikrophonsatz angeordnet. Von dem Gerät ging ein feines, hohes Summen aus.
Tamara setzte sich und dachte an eine ähnliche Zelle auf Chroma ... das war unendlich weit entfernt.
Tamara murmelte:
»Ich weiß nicht, ob Sie recht haben, Helga ...«
Helga setzte sich auf die gegenüberliegende Pritsche und starrte Tamara ins Gesicht.
»Nein?«
»Nein. Ich glaube nicht, daß sie uns wollen. Sie wollen das Schiff.«
Nach einigen Sekunden Schweigen fragte die Funkerin:
»Aber ... wieso? Wofür?«
Tamara schüttelte den Kopf. Was sie hier besprachen, konnte jederzeit von allen gehört werden. Sollten sie wichtigere Dinge zu besprechen haben, kannte die GSD-Agentin eine Serie kleiner Tricks.
»Ich habe das Gefühl. Pieter-Paul hat mir etwas zugeflüstert, als sie uns aneinander vorbeitrieben. Ich werde eine ganze Menge blauer Flecke haben.«
Helga tröstete sie. »Ich werde Sie massieren, Tamara.«
Wieder schwiegen sie.
»Wissen Sie, was ich zuerst geglaubt habe, als sie uns schnappten?«
Tamara lächelte kurz.
»Wahrscheinlich dasselbe wie ich im ersten Augenblick: Strafkolonie Mura ... sie werden einen katastrophalen Frauenmangel haben. Ich dachte, daß sie aus Ibsen herausbekommen hätten, in der ORION gäbe es zwei Mädchen, und auf die hätten sie es abgesehen.«
Helga schüttelte den Kopf.
»Wenn sie die ORION wollen, bedeutet das in gewissem Sinn Politik. Und Gedanken an Politik schließen bei Männern jenseits der Vierzig Gedanken an Mädchen aus. Oder fast. Es scheint also nicht der Fall zu sein.«
Tamara zuckte zusammen.
»Hm ...«, knurrte sie, »haben Sie gesehen, Helga, wie die Kerle uns
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