Die Rebellen von Irland
alte Ekel los bin.« Ja, er begann sich sogar schon zu fragen, ob Doktor Pincher noch ganz richtig im Kopf war.
Im November wurde immer deutlicher, dass Pincher in einem Zustand unterdrückter Erregung war. Karl I., von den Schotten gedemütigt und wegen Finanzknappheit außerstande, ihnen die Entschädigung zu bezahlen, hatte widerstrebend das englische Parlament wieder einberufen. Kaum zusammengetreten, hatten die aufgebrachten Abgeordneten entschlossen gehandelt. Mittlerweile waren sie davon überzeugt, dass der König und sein Minister ein katholisches Komplott schmiedeten und die in Irland ausgehobenen Truppen gegen sie einzusetzen gedachten; folglich gingen sie zum Gegenangriff über und erhoben Anklage gegen den unlängst geadelten Wentworth. »Man hat ihn in den Tower von London gesperrt«, berichtete Pincher dem jungen Faithful schadenfroh. Das war ein vernichtender Schlag gegen Karl I. Das Parlament hatte es darauf angelegt, seinen wichtigsten Berater aus dem Weg zu räumen. »Überlasst ihn uns«, forderten seine Mitglieder rundheraus, »oder Ihr bekommt keinen Penny.« Einige Leute hegten den Verdacht, dass sie den König dauerhaft an die Kette legen wollten.
Da es sich bei der Anklage um ein gerichtliches Verfahren handelte, mussten Beweise für Wentworths Missetaten beigebracht werden, und bald eilten Boten zwischen London und Dublin hin und her. Mit seiner despotischen Art hatte sich der Lord Deputy unter Katholiken wie Protestanten nicht wenige Feinde gemacht, und nun, da es nicht mehr gefährlich war, machte auch Pincher aus seinem Widerwillen gegen ihn keinen Hehl mehr. Eines Morgens sah Faithful einen der Männer, die Wentworths Anklage vorbereiteten, aus der Wohnung des Alten kommen.
Im Dezember trafen weitere Neuigkeiten ein. Einige Londoner Puritaner hatten im Parlament offen vorgeschlagen, alle Bischöfe abzuschaffen und in England stattdessen eine presbyterianische Kirche zu errichten. Als Doktor Pincher davon erfuhr, glänzte ein Ausdruck der Verzückung auf seinem Gesicht.
Aber warum war Pincher nun, da alle seine Feinde auf dem Rückzug waren, geradezu von dem Gedanken besessen, dass er bedroht sei?
»Dunkle Mächte ziehen auf, Faithful«, unkte er immer wieder. »Wir müssen uns gegen sie wappnen.«
Im Januar und Februar 1641 blieb es in Dublin ziemlich ruhig. Je näher der Prozess gegen Wentworth rückte, desto deutlicher wurde, dass das englische Parlament entschlossen war, alle gesetzlichen Mittel auszuschöpfen, um ihn zu vernichten. Angeblich lagen Beweise dafür vor, dass er beabsichtigt hatte, mit den in Irland ausgehobenen Truppen gegen das englische Parlament vorzugehen. »Er wird aus dem Prozess nicht lebend herauskommen«, erklärten seine Feinde. Doch auch das vermochte Pincher nicht zu beruhigen. Einmal, als Faithful sich die Bemerkung erlaubte, dass er nicht verstehe, wieso er sich Sorgen mache, rügte ihn Pincher.
»Du musst über den heutigen Tag hinausschauen, Faithful Tidy. Wentworth ist ein Teufel. Aber er ist stark. Wenn er erst weg ist, hat das Staatsschiff keinen Kapitän mehr. Und dann steht alles auf dem Spiel.«
»Aber wenn die Engländer und die Schotten den König zwingen, ihnen eine presbyterianische Kirche zu geben«, begann Faithful, »dann wird hier in Irland …«
»Du musst über England hinausschauen. Du musst über Schottland hinausschauen. Du musst deinen Blick auf Europa, auf die gesamte Christenheit richten, wenn du verstehen willst, was in Irland geschieht«, mahnte der Doktor eindringlich. Und wie gewöhnlich setzte er hinzu: »Die Mächte des Bösen formieren sich.«
Bereits Anfang Dezember hatte der Doktor begonnen, Faithful mit überaus lästigen Aufträgen zu betrauen. Zu bestimmten Zeiten – der junge Mann wusste nie, nach welchen Gesichtspunkten Pincher sie auswählte – wurde er aufgefordert, vor dem Haus eines bekannten Katholiken Posten zu beziehen. Häufig war es die Wohnung des Jesuitenpaters Lawrence Walsh. Mal sollte er sich am frühen Morgen dorthin begeben, mal nach Einbruch der Dunkelheit. »Aber eiskalt ist mir dabei immer«, klagte Faithful seinem Vater. Wenn der Jesuit beispielsweise Besuch bekam, sollte er das notieren und versuchen, die Identität des Besuchers festzustellen. Wenn Pater Lawrence das Haus verließ, sollte er ihm folgen und in Erfahrung bringen, wohin er ging und, wenn möglich, mit wem er sich traf. Bisweilen verstrichen ein oder zwei Wochen, ohne dass der Doktor ihn behelligte. »Aber es braucht nur
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