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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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mir aus! Glaub ja nicht, dass ich dich vermisse! Ich komm auch ohne dich aus! Vielleicht sogar viel besser! Wenn hier erst die Weltausstellung ist, verdiene ich so viel Geld, wie ich will! Ich werde mir eine goldene Nase verdienen! Was brauche ich da dein Scheiß-Kalifornien?«

14
     
    Die Glocke von Big Ben schlug halb sechs, als Emily und ihr Vater die Eingangshalle des Parlaments betraten. Was für ein Gedränge! In Scharen strömten die Abgeordneten herein, die Livreebediensteten mussten eine Doppelgasse bilden, um sie vor den Zudringlichkeiten ihrer Wähler zu schützen, die bereits die Flure und Gänge belagerten. Überall standen Gruppen und Grüppchen von Deputierten herum, manche mit Orden auf der Brust, andere mit Akten unter den Armen oder einfach nur mit den Daumen in den Taschen ihrer Westen, durchdrungen von ihrer Wichtigkeit. Emily musterte die fremden Gesichter: Diese Männer würden über das Schicksal der Weltausstellung entscheiden. Und über ihr eigenes.
    »Meinst du, dass es heute schon zur Abstimmung kommt?«,fragte sie ihren Vater, als sie die Einlasskarten einem Lakaien präsentierten, der den Zugang zur Besuchergalerie bewachte. »Ich hoffe ja«, antwortete Paxton. »Hoffe oder fürchte – je nachdem.«
    Mit seinem Entwurf für den Bau des Pavillons, den er in nur neun Tagen zu Papier gebracht hatte, war es ihm gelungen, all die widersprüchlichen Anforderungen der Königlichen Kommission miteinander zu vereinen. Obwohl das Gebäude siebenmal so groß sein würde wie St. Paul’s und viermal so groß wie der Petersdom in Rom, konnte es in wenigen Monaten aus vorgefertigten Teilen errichtet werden und würde dennoch so stabil sein, als wäre es Stein auf Stein gemauert. Dabei betrugen die Kosten nur achtzigtausend Pfund, weniger als ein Drittel der Summe, die für den Entwurf der Königlichen Kommission veranschlagt worden war. Dank der Konstruktion aus Glas und Stahl, die wie das Gewächshaus in Chatsworth der Struktur von Seerosenblättern nachgebildet war, würde der Pavillon sowohl gegen Hitze als auch gegen Kälte Schutz bieten, sodass in seinem Innern stets eine gleichmäßige Temperatur herrschen würde, egal, wie viele Besucher darin waren. Öffnungen in den Grundmauern und aufklappbare Fester würden für die nötige Lüftung sorgen, die Glasflächen des gefalteten Daches ermöglichten einen allseitigen Lichteinfall, und als besonderer Clou, der die Standortfrage hoffentlich gegenstandslos machte, konnte der Pavillon in kürzester Zeit vollständig wieder abgebaut und an anderer Stelle neu errichtet werden: das erste Bauwerk der Welt, so Paxton bei der Präsentation im Buckingham-Palast, dessen Konstruktionsprinzip von der Natur selbst ersonnen worden war. Prinz Albert war vor Bewunderung die Zigarre auf den Lippen erloschen, und vor Paxtons Augen hatte er den Entwurf der Königlichen Kommission von Isambard Brunel zerrissen.
    Als diese Nachricht in Chatsworth eingetroffen war, hatte Emily sämtliche Glocken im Dorf läuten lassen. Bereits am nächsten Tag hatte Paxton mit der Firma Fox & Henderson Verträge zurBauausführung unterzeichnet. Er war fest entschlossen, alles auf eine Karte zu setzen, obwohl er selbst noch keinerlei offizielle Zusicherung von irgendeiner Seite besaß. Die Königliche Kommission machte den Auftrag zum Bau des Pavillons von der Mehrheit im Parlament abhängig – sollten die Abgeordneten ihre Zustimmung verweigern, würde das ganze Projekt platzen. Für dieses Risiko haftete Paxton mit seinem gesamten persönlichen Vermögen. Dabei verließ er sich freilich nicht nur auf seine eigene Tüchtigkeit, sondern auch auf die Unterstützung seines künftigen Schwiegersohns. Zu Recht, denn Henry Cole hatte das Kunststück fertig gebracht, mit Mr. Samuel Morton Peto einen neuen potenten Förderer für ihr Unternehmen zu gewinnen. Begeistert von Paxtons Entwurf, erklärte sich der berühmte Eisenbahnkönig bereit, für eine Summe von fünfzigtausend Pfund zu bürgen, ohne daraus Anspruch auf späteren Profit abzuleiten, sodass die Königliche Kommission endlich einen Garantiefonds zur Absicherung der Baufinanzierung ausschreiben konnte, der über jeden Korruptionsverdacht erhaben war.
    Die Dinge schienen sich zu fügen, wie von unsichtbarer Hand. Doch dann, drei Tage vor der alles entscheidenden Debatte im Parlament, war etwas Entsetzliches geschehen: Sir Robert Peel, von allen Politikern Englands der bedeutendste Befürworter der Weltausstellung, der es auf sich

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