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Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)

Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)

Titel: Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magali Ségura
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vor, dass er ihr seine Empfindungen nicht mitteilen konnte. Eline machte sogar kein Aufhebens mehr um ihre Anstandsdame, die sie dennoch weiterhin unausgesetzt beobachtete. Andin dagegen konnte sich nicht an Mistras misstrauische Augen gewöhnen. Diese kleine, vertrocknete Frau gefiel ihm nicht, und er hatte es sich nicht versagt, sie mit einigen eisigen Blicken darüber in Kenntnis zu setzen.
    Die Musiker verließen die Saalmitte, und ein kleiner Geselle nahm ihren Platz ein. Seine Purzelbäume und der Klang seiner Schellen brachten den jungen Mann zum Lächeln. Beim Anblick der Sackleier erinnerte er sich an Erwans Worte beim Fest in Aces und begann, sich das Gesicht des Narren ein wenig genauer anzusehen. Als seine Augen den goldenen, verträumten Blick auffingen, stockte sein Herz vor Entsetzen: Er war es!
    Eline bemerkte seinen veränderten Gesichtsausdruck sofort. Sie fragte ihn unauffällig, was mit ihm sei.
    »Ich … Ich dachte, ich hätte diesen Akaler erkannt, aber das war ein Irrtum«, flüsterte er in dem Versuch, seine Ruhe zurückzugewinnen.
    Angesichts seines Zögerns und der Blässe seines Gesichts blieb Eline ungläubig und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Zwerg, der Andin so verstörte. Warum fürchtete er ihn? Und woher weiß er, dass dieser Mann Akaler ist, obwohl man seine Haarfarbe nicht sieht?
    Der kleine Mann setzte heiter seine Pirouetten fort und stellte großsprecherisch seine drei Partnerinnen vor. Sie traten voller Anmut auf. Ihre verschleierten, funkelnden Körper waren unter dem dichten Leinenmusselin zu erahnen, der ihnen vom Kopf herabhing. Durchbrochene Arm- und Fußreifen umschlossen ihre Handgelenke und Knöchel.
    Andin hielt den Atem an. Noch wusste er nicht, was geschehen würde. Doch er hatte Angst davor. Er, der so geweint hatte, weil er Victoria nie wiedersehen würde, wünschte sich plötzlich, weit von ihr entfernt zu sein! Sie stellten eine Gefahr füreinander dar. Wie würde sie seine Anwesenheit interpretieren? Unauffällig zog er sich zurück.
    Eline beobachtete ihn. Genauso wie Mistra versuchte sie, sein Unbehagen zu deuten. Ihr Blick und ihr Verstand richteten sich von Andin auf die Tänzerinnen.
    Erwan ließ die Lichter der Fackeln und Leuchter löschen: Nur die schwachen Sonnenstrahlen und die Kamine erhellten den Saal und ließen die Schatten in ihm spielen. Der Hof war plötzlich still, denn die Atmosphäre hatte sich seltsam gewandelt und war nun von Faszination und Unruhe erfüllt. Manche Damen hatten sich in die Galerien des ersten Stockwerks zurückgezogen. Der Akaler setzte sich auf die Stufen des Throns und beim Klang der ersten wunderbaren Töne begannen die drei Körper sich zu bewegen.
    Die großen Schleier fielen, aber andere bedeckten noch immer die Gesichter und manche Körperpartien der Tänzerinnen. Andin konnte jeder Haarfarbe einen Namen zuordnen und begriff plötzlich Victorias Interesse an Ophelia. Ihr Können und ihre Anmut hatten ihr gestattet, in den Palast vorzudringen. Der König ließ stets nur drei Tänzerinnen zu seiner Unterhaltung auftreten – ohne Zweifel, weil diese Zahl beim Tode seiner dritten Tochter für ihn wichtig geworden war.
    Andin wusste nicht mehr, was er fürchten sollte: Sollte er Angst um die Tänzerinnen und den Akaler haben oder sich Sorgen um Eline machen? Korta war abwesend; die Prinzessin schien ihm diejenige zu sein, die in der größten Gefahr schwebte. Er war bereit, sie zu verteidigen.
    Die Stimmen der Tänzerinnen erklangen leise. Trotz seiner Entschlossenheit, wachsam zu bleiben, berührte der Gesang Andin. Er erkannte das Lied aus den Dunklen Wäldern wieder. Sein Herz zog sich bei diesen berauschenden Tönen, die ihm das Leben gerettet hatten, zusammen. Darüber vergaß er einen Augenblick lang seine Sorgen und war wieder in die Stimmung einer nicht lange zurückliegenden, aber wundersamen Vergangenheit zurückversetzt. Er wandte den Blick nicht mehr von Victoria, genoss die Schönheit ihres Tanzes und des Spiels der Schleier, die ihren Bewegungen folgten. Mit der Sinnlichkeit ihres Körpers, der Anmut ihrer Arabesken und der Leichtigkeit ihrer Sprünge konnte nur ihre Stimme mithalten. Die Tanzschritte und Umdrehungen enthüllten kaum ihr Gesicht, das sich nur Andin vorstellen konnte. Er hatte plötzlich nicht mehr das Bedürfnis, die Bedeutung der fremdartigen Worte zu ergründen, die er hörte.
    Das adlige Publikum war genauso bezaubert – hypnotisiert von den Stimmen, der Musik und dem Tanz.

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