Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
außergewöhnliche Blau ließ den König vor Verblüffung erstarren. Angesichts seiner Miene verbarg Elea die Augen sofort wieder und beruhigte sich.
»Solange sie Prinzen sind, kämpfen die Männer, aber wenn sie erst Könige sind, wird die Krone so schwer wie ihre Festmähler. Wenn ich die Räuberin bin, als die ihr mich bezeichnet, warum habe ich Euch dann niemals vor mir gesehen?«
Angesichts der versteinerten Miene ihres Vaters, der nicht reagierte, begann sie ihn von neuem zu verachten und zog es vor, die Treppe wieder herunterzusteigen, um sich um das zu kümmern, was die Amalyse eingesammelt hatte.
Der König sackte auf seinem Sitz zusammen. Vor seinem geistigen Auge lief plötzlich eine unglaubliche und unbekannte Szene ab: Das Fenster des Schlafzimmers der Königin wurde heftig aufgerissen, ein abscheuliches Monster, das ein totes Kind am Arm gepackt hielt, erschien in einem blendenden Blitz. Die Bestie stürmte ins Zimmer, in dem die Schreie der Königin und der Amme ertönten. Das Untier warf sich auf den König und wehrte das Messer ab, das er auf… seine Tochter gerichtet hatte!
Der König konnte nicht glauben, was sein Verstand ihm enthüllte. Er sollte sein drittes Kind getötet haben? Elea war nicht tot geboren worden? Das ist unmöglich!
Das Ungeheuer überwältigte ihn schnell mit unglaublicher Kraft und entriss ihm seine Tochter. Die Königin weinte und versuchte, über ihr Bett zu kriechen, um ihrem Neugeborenen zu helfen. Verzweiflung hatte sie ergriffen: Ihr Mann wollte die Frucht ihrer Liebe töten, und ein Monster versuchte jetzt, sie ihr zu rauben.
Die plötzliche Erinnerung an die Schreie seiner Frau zerfetzte dem König die Ohren und erfüllte seinen Kopf mit einem Brausen, das ihn vor Schmerzen wahnsinnig machte.
Die Amme, die in einem Winkel des Zimmers kauerte, beobachtete die Szene entsetzt, die Hände und die schwarzen Haare vors Gesicht geschlagen. Das Ungeheuer warf das tote Kind in die Wiege der Prinzessin und klemmte sich den schreienden Säugling unter den Arm. Unmittelbar bevor es in demselben Blitz verschwand, wandte das Untier sich um, entblößte seine glänzenden Reißzähne und verkündete dem König: »Du wirst dich an die Farbe dieser Nacht erinnern.«
Der König zitterte auf seinem Thron. Er verstand plötzlich alles, was danach geschehen war. Bis jetzt hatte er von jenem Abend nur das in Erinnerung gehabt, was die Amme getan hatte. Sie war zum Fenster geeilt, um es zu schließen, als jemand an die Tür geklopft hatte. In aller Eile hatte sie ein kleines Tuch über das tote Kind geworfen und die blutüberströmte, ohnmächtige Königin auf ihrem Bett wieder ausgestreckt. Der König hatte den Grund für ihre Handlungsweise nicht erraten. Sein Verstand hatte sich erst in jenem Moment wieder geöffnet. Und von der Freude über das Wissen, dass seine Frau eben entbunden hatte, war er in die Tragödie dieser Geburt gestürzt.
Er war bleich und fieberte. Die Welten brachen um ihn zusammen. Er selbst war der Quell all dieses Schreckens! Warum und wie hatte er sich zu dieser Gewalttätigkeit hinreißen lassen? Was hatte dieses Ungeheuer seinem Kind angetan? Der König kniff die Augen zusammen, als er sich vorstellte, wie diese Bestie es auffraß. Der Schmerz drückte ihn nieder. Endlich begriff er, warum die Königin gestorben war.
Er hatte sich immer gefragt, warum seine Frau ihr Sterben hingenommen hatte, warum sie ihre beiden Töchter so im Stich gelassen hatte. Die Liebe zwischen ihr und ihm selbst war beispiellos gewesen – doch plötzlich hatte sie seine Anwesenheit nicht mehr ertragen. Sie hatte jedes Mal geschrien und geweint, wenn er sich ihr genähert hatte. Jetzt wusste er warum: Ihre Liebe zu ihm hatte sie getötet. Wie hätte sie weiterleben und weiterhin den Mann lieben können, der versucht hatte, ihr gemeinsames Kind zu töten? Warum hatte sie es ihm nicht erklärt? Warum hatte er sich nie an diesen Vorfall erinnert? Warum fällt er mir jetzt wieder ein?
Sein Leben war an dem Tag zu Ende gewesen, als seine Königin gestorben war. Er hatte sich umbringen wollen, um zu ihr zu gelangen, hatte aber den Eindruck gehabt, dass sie sich weigern würde, ihn an ihrer Seite zu dulden. Selbst im letzten Augenblick war er noch aus ihrem Herzen verbannt geblieben. Mit von so vielen durchweinten Nächten verquollenen Augen hatte sie, bevor sie hingeschieden war, nur eines gefragt: Warum ?
Aber was hätte er darauf antworten können? Er hatte ja noch nicht einmal
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