Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
Bolzens ab, der ihr den Arm durchbohrt hatte, und riss die Spitze mit einer abrupten Bewegung heraus.
Ihre Züge zogen sich zusammen und hielten ihre Tränen gefangen. Ohne einen Schrei glitt sie langsam auf die Seite. Ihr Gesicht war plötzlich entspannt: Sie war ohnmächtig geworden.
Korta und seine Männer eilten zum Wald. Der Herzog war fest davon überzeugt, dass seine Feindin tot war oder im Sterben lag. Er vergaß die Narbe auf seiner Wange, er spürte all die Schläge nicht mehr, mit denen sie ihn heute getroffen hatte: Er hatte gewonnen und würde ihren Kopf dem König bringen!
Ein einziges Detail machte ihn verlegen: Das hier war eine Frau oder vielmehr ein Mädchen! Muht hatte sie hinter der Maske gespürt und sie ja auch in den Gedanken aller Dorfbewohner gesehen. Dennoch war sie nicht die Geliebte, die Tochter oder die Zauberin des Maskierten, sondern dieser selbst! Korta glaubte, dass der ganze Hof ihn auslachen würde, wenn er den Leichnam der Maske zur Schau stellte, die das gesamte Land seit zwei Jahren in Angst und Schrecken versetzt hatte und die das königliche Heer nicht hatte aufhalten können. War es denn die Möglichkeit, dass ihm – ihm! – die ganze Zeit über eine bloße Jungfer die Stirn geboten hatte? Und das mit seinen eigenen Waffen!
Wo und bei wem hat sie gelernt, so zu kämpfen? Bei einem Mann würde einen das ja nur halb wundern, aber bei einer Frau … Er konnte es nicht fassen. Und der reife Mann, den Muht und die Seinen auch in ihrem Geist gespürt hatten? Wer ist er? Wo versteckt er sich? Korta hoffte, die Antwort mittels der zarten, goldenen Halskette zu finden, die er aufgesammelt hatte. Er umklammerte das kleine Schmuckstück in Form eines Füllhorns mit der Faust und drang in den Wald ein.
Aber zu seinem großen Erstaunen war der Leichnam verschwunden! Es lagen nur noch zwei blutbefleckte Stücke eines Armbrustbolzens da. Korta konnte nicht glauben, dass es ihr gelungen sein sollte zu fliehen.
»Das ist unmöglich!«, murmelte er wieder und wieder zwischen Verständnislosigkeit und Raserei.
Jetzt presste er den Anhänger auf seiner Handfläche in dem Wunsch, ihn zu zerquetschen, zusammen. Er war rot vor Zorn.
»Wie? Wie hat sie das angestellt?!«
Er begann, auf die Männer einzuschlagen, die geschossen hatten, und beschimpfte sie als unfähig. Wie wahnsinnig mähte er die Sträucher mit Schwerthieben nieder, um die junge Frau wiederzufinden. Keine Spur von ihr. Wo ist sie?
Einige Fuß über Kortas Kopf hielt Andin, verborgen vom dichten Blattwerk des Efeus, das Mädchen-mit-den-blauen-Augen in den Armen. Er hatte sie nicht einfach da liegen lassen können. Sein Herz hatte aufgeschrien, als er gesehen hatte, wie die Armbrustbolzen ihren Körper durchbohrt hatten.
Er streckte das Mädchen auf einem breiten Ast aus. Er zitterte noch immer vor Aufregung. Sie musste verarztet werden! Schnell! Er zog seine rote Weste und sein schönes weißes Hemd aus. Korta brüllte so laut, dass Andin nicht zögerte, mit einer abrupten Bewegung einen Ärmel abzureißen, um den durchbohrten Arm zu verbinden. Als das geschehen war, musste er sich um die zweite Verletzung kümmern.
Er öffnete vorsichtig die Jacke und das schwarze Hemd, um das Ausmaß der Wunde zu sehen. Alles schwamm vor Blut.
Das Korsett, das die Brust des Mädchens-mit-den-blauen-Augen zusammenschnürte, hatte eine eigenartige Form. Als Andin es berührte, wurde es heller: Noch eine Amalyse! Der junge Mann zuckte zurück. Trotz allem, was das Mädchen-mit-den-blauen-Augen ihm neulich gesagt hatte, fürchtete er sich vor der Pflanze. Die Amalyse verdunkelte sich sofort. Die Schreie der Soldaten rüttelten Andin wach: Er durfte sich nicht beeindrucken lassen, sondern musste sich beeilen, um das Mädchen zu retten!
Er dachte an ihren Gesang in den Dunklen Wäldern zurück, an ihre Worte und die Bewegungen, die sie gemacht hatte, um die seltsame Natur der Mörderpflanzen zu befriedigen. So vergaß er seine Angst und rief sich ihr Lächeln in Erinnerung, während er mit der Hand über das gallertartige Wesen strich. Er wollte nicht, dass seine schöne Unbekannte starb. Die Amalyse nahm ihre ursprüngliche Farbe wieder an: Sie war nicht mehr feindselig. Langsam gab sie auf Andins Befehl und unter seinen Fingern die Wunde auf Höhe der Flanke frei, und die Pflanze, die sich auf dem ohnmächtigen Gesicht befand, hob sich. Andin seufzte bewundernd, aber der Anblick des Blutes holte ihn in die Realität
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