Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
dagegen waren nachtblau. Wenn er jedoch an den jeweiligen Kampfstil dachte, mochte er übereinstimmen. Hatte er nicht darüber nachgedacht, dass die Maske in den Gänseländern ausgebildet worden sein musste? Ein Mädchen, das zu den Waffen griff … So etwas erlebte man nicht oft!
Andin stellte sich noch immer vor, wie sie auf der Klippe gestanden hatte. Wohin hatte sie, geographisch betrachtet, geblickt? Ein Moment des Nachdenkens gestattete es Andin, sich neu zu orientieren. Gegenüber von jenem Teil der Gänseländer lagen vier Länder an der Küste des Binnenmeers: Scyl, der südlichste Staat der Ungewöhnlichen Lande, Akal, Pandema und Leiland!
Ein Indiz mehr , dachte er.
Ja, aber vor neun Jahren hatten Akal und die Ungewöhnlichen Lande schon im Krieg gelegen, nicht aber Leiland!
»Man bringt nicht einem Land den Frieden zurück, das schon darüber verfügt!«
Nis schüttelte die Ohren und schnaubte, während sie den Kopf bewegte. Ihr Herr achtete nicht im Geringsten auf sie. Er schwankte zwischen zwei Schlüssen, die er ziehen konnte: Die Unterschiede, die er zwischen der jungen Frau und dem Kind wahrnahm, waren vielleicht nur fehlerhaften Erinnerungen geschuldet. Er wäre so glücklich darüber, Elea nach so vielen Jahren wiedergefunden zu haben! Dennoch war er sich sicher, die nachtblauen Augen noch nie zuvor gesehen zu haben.
Nach dem Jahr, in dem er seine Waffenfertigkeiten beim Großen Veyk vervollkommnet hatte, hatte Andin Elea drei Jahre lang trotz der Missbilligung seines Vaters gesucht. Seine Jugend hatte ihn nicht davon abgehalten, auf Abenteuer auszuziehen. Er hatte vieles auf seinen Reisen gelernt, vor allem, das Unterwegssein zu lieben und den Palast zu vergessen. Am Ende hatte er jeden abgewiesen, der ihm als Eskorte hätte dienen können, und seine Haare wachsen lassen, bis sie seinen Nacken und damit sein Geburtsmal bedeckt hatten. Er war kein Prinz mehr, dieser Rang war nutzlos und dumm. Er hatte am Ende sogar aufgehört, den Titel zu gebrauchen, der ihm für seine Tapferkeit verliehen worden war. Frederik von Pandema war nicht mehr sein Vater, sondern ein gewöhnlicher Mann, der keine Macht hatte, ihn zu beschützen, und der ihn nur verurteilen konnte! Sein Glaube und das Glück seines Volkes hielten den jungen Mann davon ab, den Feen einen Vorwurf welcher Art auch immer zu machen, aber wie sein Bruder Philip ertrug er es nicht, dass sein Vater ihnen auch nur die geringste Hoffnung absprach, etwas an ihren Entscheidungen zu ändern.
Andin hatte Eleas Spur nie wiedergefunden. In viel zu vielen Gegenden der Welt des Ostens herrschte Krieg. Und er hatte nie daran gedacht, sie in Leiland zu suchen! Erst seit sechs Jahren stand in diesem Land alles zum Schlechtesten, und es hatte seit dem schrecklichen Krieg der Jahrhunderte keinen wirklichen Konflikt dort gegeben!
Andin hatte das kleine Mädchen von der Klippe auf den Grund seiner Erinnerungen verbannt. Er dachte nicht mehr an sie und litt nicht mehr darunter, aber er hatte sie nie vergessen, wie er es ihr versprochen hatte.
Was, wenn sie es ist? Das ist viel zu unwirklich …
»Dennoch … Dennoch … ›Elea‹ beginnt mit ›E‹!«, rief er.
Und er hatte schon resigniert! Das war ein Zufall zu viel! Jetzt war die Farbe ihrer Augen nicht mehr von Bedeutung, ebenso wenig der politische Zustand von Leiland. Die Gewissheit nistete sich in Andins Kopf ein. Und es war ja immer noch Zeit, einen weiteren Beweis zu finden, wenn es einen gab. Auf jeden Fall würde er danach suchen. Dieses eine Mal wollte er wissen, ob er geliebt werden konnte, und sei es nur ein bisschen. Es war gleichgültig, wenn daraus eine Schwäche wurde …
Er strahlte; diese Entscheidung beflügelte ihn. Sie wiederzusehen, nachdem er sie so gesucht hatte, und aufs Neue dieselbe Liebe zu empfinden erfüllte ihn mit Leben.
Andin tätschelte Nis, die wieder ihre Meinung über seinen Ausruf kundgetan hatte, und zwar weitaus lauter als zuvor, um auch ja gehört zu werden. Er wäre gern schon in Aces gewesen. Ohne es zu bemerken, hatte er seine Stute den Schritt beschleunigen lassen. Nun galoppierte sie fröhlich dahin, und der junge Mann spürte das Herz eines Elfjährigen in seiner Brust schlagen.
Zweiter Teil
Im Hohlen Hügel
Der kleine Junge lehnte sich gegen die Wand und schob sich die zu langen, braunen Haarsträhnen aus dem Gesicht; er war ganz konzentriert und allein. Jeder einzelne Stein drückte ihn im Rücken, aber dies war der einzige Ort, an dem
Weitere Kostenlose Bücher