Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
außergewöhnlich sein.«
Wie konnte Imma das wissen? Und wie hatte sie erkannt, dass Vic die Maske war? Am Ende begannen sie alle beide zu glauben, dass Imma eine echte Hexe war.
»Ich mag meine Augen nicht, und ich mag es noch viel weniger, wenn man mit mir darüber spricht«, bemerkte Victoria heftig.
Sie hatte eine Wand zwischen Andin und sich errichtet. Er war jetzt nur noch verzweifelter, diesen Satz zu ihr gesagt zu haben. Wortlos streckte er Imma auf sauberem Bettzeug aus. Victoria brauchte ihn im Augenblick nicht mehr. Reuevoll wollte er hinausgehen, als die Hexe ihn an der Hand zurückhielt: »Du wirst finden, was du suchst. Hab keine Angst mehr. Für den Augenblick darfst du nicht die Mission vergessen, die dir anvertraut worden ist.«
Victoria wandte sich Andin ruckartig zu. Ihre Augen wirkten kalt; sie witterte Verrat. Zu leichtfertig hatte sie mit ihm gesprochen. Wenn sie ihr Vertrauen nicht bereuen wollte, brauchte sie eine Erklärung!
»Ich muss dem König von Leiland eine Botschaft von meinem Herrscher überbringen.«
Also war er nur ein einfacher Bote. Victoria war ein bisschen enttäuscht; sie hatte geglaubt, es mit einem großen Abenteurer zu tun zu haben. Ihr schöner Retter, der so edel wirkte, war also nur ein gewöhnlicher Mann: Ein gewisser Schleier der Verklärung fiel. Sie breitete ein Laken über Immas Körper.
»Andin, du kannst bleiben«, sagte sie und machte sich Vorwürfe für ihr Verhalten. »Entschuldige, dass ich so hart war. Meine Augen bedeuten für mich viel zu viel.«
Sie machte eine Kunstpause und fuhr dann fort: »Die Feen haben jemanden geschickt, um mich den Armen meines Vaters zu entreißen – weil er mich töten wollte. Die Farbe meiner Augen steht für die jener Nacht.«
Sie hatte den Kopf wieder gehoben und sah Andin an. Was konnte er darauf erwidern?
»Entschuldige, dass ich die böse Erinnerung geweckt habe.«
Aber angesichts der Reinheit ihres Gesichts und ihres Blicks konnte er nicht umhin hinzuzufügen: »Das hindert mich aber nicht daran, sie wunderschön zu finden.«
Seine Aufrichtigkeit brachte sie zum Lächeln; das Eis war gebrochen. Andin war leichter ums Herz. Der Schutz der Feen erklärte viele der Kräfte des jungen Mädchens. Victoria musste einige besondere Begabungen geerbt haben, und Joran war – trotz seiner abscheulichen Erscheinung – kein Wesen von unheilvollem Ursprung, sondern feenhaft.
»Warte … warte bis morgen Abend, bevor du deine Botschaft auf die Burg bringst«, warnte sie. »Es ist besser, wenn du den Scylen ausweichst; sie kehren für einige Tage in ihr Heimatland zurück. «
»Woher weißt du das?«
Victoria legte sich einen Finger auf die lächelnden Lippen. Andin nahm hin, dass sie das Geheimnis für sich behielt.
Sie machten sich gemeinsam an das Verarzten der Wunden. Vic konnte sie ohne Probleme behandeln, aber das Risiko, dass Narben zurückbleiben würden, war nicht gering. Sie hatte Imma gewarnt, die sich darum aber nicht sorgte. Da sie blind war, kannte sie keine äußere Schönheit.
Ein Aufwallen von Neugier brachte Victoria dazu, sich zu erkundigen, woher ihre Behinderung stammte. Imma blieb einen Moment stumm, als wolle sie ihre Worte sorgfältig wählen. Sie schien ein fürchterliches Geheimnis zu bewahren.
»Du musst nicht antworten«, erinnerte das junge Mädchen sie.
»Doch … Doch … Ich war zehn Jahre alt und lebte mit meiner Mutter auf der königlichen Burg. Sie war die Amme der Prinzessinnen dieses Königreichs. Es geschah ein paar Tage nach der Geburt der dritten Prinzessin. Wie Ihr wisst, wurde sie tot geboren, aber das hatte keine natürlichen Ursachen. Meine Mutter kannte das schreckliche Geheimnis, und man hat sie gefoltert, um sie zum Sprechen zu bringen … Sie ist in meinen Armen gestorben. Danach sind sie über mich hergefallen, ein kleines Mädchen, das sie zum Waisenkind gemacht hatten. Ich habe ihnen tausend Lügen erzählt, aber ich habe nicht nachgegeben … Selbst dann nicht, als sie mir die Augen verbrannt haben.«
Andin war entsetzt über das, was er gerade gehört hatte. Wer waren diese abscheulichen sie ? Worin bestand das fürchterliche Geheimnis? Sie sprachen hier von seiner Verlobten! Also hatte ein Mord sein Leben zerstört! Was für ein abscheuliches Mittel hatte man der Königin verabreicht? War sie wie ihr Kind wenig später an einer Vergiftung gestorben? Wer hatte ihnen so verbissen nach dem Leben getrachtet?
Victoria ihrerseits war bestürzt; was sie gerade gehört
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