Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
Er musste doch aus dieser Melancholie gerissen werden!
»Du hast nicht zugelassen, dass ich wegen Ceban Trübsal blase. Ich lasse nicht zu, dass du es um ihretwillen tust«, verkündete sie entschlossen und packte ihn an der Hand.
Es war Imma gelungen, Eleas Stimmung zu heben. Elea verließ den Unterschlupf mit zitterndem Herzen. Doch sie war bereit, Immas Rat zu folgen und sich ein wenig dem Vergessen hinzugeben – zumindest für diesen Abend. Sie sah Andin nicht. Er bereitete sich wohl aufs Fest vor. Sollte sie das auch tun?
Elea ging auf das erste reparierte Haus zu. Ihre Weiblichkeit gewann in ihrem Kopf die Oberhand: Was, wenn sie ein Kleid anzog? Sie befand sich außerhalb des Verbotenen Waldes. Na und?
Sie stand auf der Schwelle, als ein Geräusch hinter einem vertrockneten Gebüsch ihre Aufmerksamkeit weckte. Sie kehrte um und fand den zusammengekrümmten Joran. Er wirkte nicht mehr wie ein erbarmungsloses Chimärenwesen, sondern wie ein armes, verlassenes Tier. Aus großen gelben Augen, die nun gerötet waren, sah er zu ihr auf. Sie hatte ihn noch nie in diesem Zustand gesehen.
»Die Feen haben mich verraten«, sagte er. »Wie könnte ich mich ihr nähern? Wie könnte ich wissen, ob sie es ist? Sie sagten: Du wirst der Einzige sein, der ihr die Wahrheit beibringen kann – ihr Leben wird von deinen Worten abhängen. Sie wird deine Stim me lieben und nicht in der Lage sein, deine früheren Verfehlungen zu erraten! Ich dachte, dass ich ihr als Mensch begegnen würde – nicht als Monster! Ich hätte nie gedacht, dass sie blind sein würde!«
Er zitterte deswegen. Sein Leid war ein Spiegelbild seines Charakters, der in jeder Hinsicht maßlos war. Aber zu sehen, wie ein derart hartes Wesen wie ein Kind zusammenbrach, war entwaffnend. Elea war sprachlos. Joran streckte ihr die Arme entgegen; seine knochigen Hände besaßen lange, schwarze Krallen anstelle der Nägel.
»Ich werde sie nicht einmal berühren können!«, schrie er verzweifelt. Plötzlich verbarg er das Gesicht und schrumpfte zusammen, als wolle er verschwinden.
»Joran! Joran! Du hast es doch selbst gesagt – du weißt noch nicht einmal, ob sie es ist!«
Sie wollte zärtlich die gekrümmten Finger dieser abscheulichen Gestalt lösen. Joran versuchte, sie davon abzuhalten, ihn zu berühren, gab dann aber auf. Das war für ihn, der schon die geringste Nähe ablehnte, äußerst ungewöhnlich.
»Wie viele Frauen wussten deine Stimme schon zu schätzen? Ich mag sie doch auch.«
Er schwieg; sie fuhr fort: »Imma ist blind. Mensch oder Tier, sie sieht dich nicht. Warte ab, ob sich alles beruhigt, ob der Fluch endet, wenn du glaubst, dass sie passt … Hast du etwa all die hübschen Lehren schon vergessen, die du mir immer erteilst? Sich seiner Handlungsweise sicher sein, bevor man handelt, und an die Konsequenzen denken, nicht wahr?«
Angesichts ihres kleinen, schelmischen Lächelns gab er sich am Ende geschlagen. Er machte vielleicht aus einer Mücke einen Elefanten. Die Krise endete abrupt, und seine Atmung beruhigte sich. Joran versuchte, die Beherrschung zurückzugewinnen, und stimmte ihren letzten Worten mit einer kleinen, trockenen Bemerkung zu: »Na gut. In Zukunft werde ich wohl noch mehr Schwierigkeiten haben, mir Respekt zu verschaffen.«
Elea lächelte und half ihm aufzustehen. Er war wieder er selbst. Hand in Hand gingen die schöne junge Frau und ihr Ungeheuer von einem Adoptivvater einige Schritte – dann betraten das Mädchen und die weiße Maus das Haus, das von einem gewaltigen Feuer erleuchtet wurde.
Rauch und Wolken
Aus einem seiner Fenster gebeugt erspähte der Herzog von Alekant am Horizont eine schmale Rauchsäule, die in den Himmel aufstieg. Der ganze Hof glaubte, dass dort ein Dorf geplündert wurde; er wusste, dass es die Wiedergeburt des Dorfes war, die man feierte.
Er hatte in der vorangegangenen Nacht nicht geschlafen, und sein Tag war schlecht verlaufen. Die Augen des jungen Mädchens mit der Maske verfolgten ihn. Es gelang ihm nicht, sich zu konzentrieren. Muht und seine beiden Gehilfen wussten eindeutig um sein Unbehagen, und diese Situation stachelte seine Angriffslust nur noch an: Er hatte in einem Übungskampf einen seiner Männer schwer verletzt – aus Ärger darüber, nicht zu wissen, wo die Maske sich aufhielt.
Jetzt wusste er es. Sie befand sich in Aces.
Er zitterte vor Zorn. Die Einwohner dieses Dorfes waren nicht gestorben wie geplant. Aber Ibbak hatte ihm doch versichert, dass selbst die
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