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Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)

Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)

Titel: Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magali Ségura
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hatte, zerriss ihr das Herz. Sie hatte die Finger auf den Mund gepresst und biss sich auf die Lippen, um ihre Gefühlsaufwallung zurückzuhalten, aber die Tränen strömten ihr langsam über die Wangen. Sie wandte den Kopf ab, damit Andin ihre Reaktion nicht bemerkte.
    Imma suchte ihre Hand und die des jungen Mannes. Als sie beide gefunden hatte, setzte sie ihre Erzählung fort. Andin hoffte, dass die Hexe etwas Neues enthüllen würde. Er war so in das vertieft, was Imma sagte, dass er nicht sah, wie Victoria sich rasch die Augen trocknete.
    »Sie haben mich aus dem Palast gejagt, in dem Glauben, dass meine Mutter umsichtig genug gewesen sei, das Geheimnis mit ins Grab zu nehmen. Ich war keine lästige Zeugin, ich war nur das einfache Kind einer Amme. Obwohl ich erblindet war, hatte ich ein letztes Bild sehen können: Das eines immateriellen Wesens, ganz durchsichtig und aus Dunst bestehend. Eine Erscheinung. Es war eine Frau mit unendlich langen Haaren, die in der Luft schwebte. Sie näherte sich mir und legte mir ihre parfümierte, warme Hand auf die Stirn. Sie verkündete, dass meine Treue eine Belohnung verdiente. Seit jenem Tag habe ich die Gabe, alles über die Leute, die ich berühre, zu wissen. Ich kenne ihre Vergangenheit, ihre Gegenwart, ihre Gefühle und Taten, weit mehr als das, was Augen sehen dürften … Bis jetzt hat diese Gabe mir nie Glück gebracht, eher Unglück, aber obwohl ich nichts über die Zukunft weiß, bin ich überzeugt, dass sich durch Eure Anwesenheit alles ändern wird.«
    Noch jemand, der Gedanken lesen kann! , dachten Vic und Andin gleichzeitig mit demselben Entsetzen. Sie weiß alles!
    Victoria hatte ihre Hand abrupt an die Brust gezogen. Sie beherrschte sich, um nicht davonzulaufen, sprang aber auf.
    Andin bemerkte ihre Bewegung. Er beneidete die Seherin. Er hätte alles darum gegeben zu wissen, was im Kopf des jungen Mädchens vorging. Was verbarg sie, was so fürchterlich gewesen wäre? Warum hielt sie ihren Vornamen geheim? Dann bemerkte er ihre geröteten Augen und ihr verquollenes Gesicht. Er verstand es nicht. Was ist denn so wichtig? Sie wirkte auf einmal so fern.
    Da er nicht wusste, was er tun sollte, um sie aus ihrem Schweigen zurückzuholen, versorgte und verband er selbst Immas letzte Wunde. Dann hüllte er Imma behutsam in eine große Decke, damit sie sich ausruhte. Die Hexe schlief schon ein.
    Victorias Lebensgeister erwachten wieder; sie strich sich mit den Händen übers Gesicht. Was bin ich für eine Närrin! Warum hatte sie so reagiert? Joran hätte sie umgebracht, wenn er das gesehen hätte. Was mochte Andin nur von ihr denken?
    Der junge Mann war entmutigt. Es gelang ihm nicht, in die Welt derer, die er liebte, vorzudringen. Von Anfang an hatte er gewusst, dass es dumm war, daran zu glauben. Er brachte es nicht über sich, sie mit Fragen zu bestürmen: Sie würde ihm niemals antworten. Deshalb stand er auf, sah sie ein letztes Mal an und ging hinaus.
    Victoria blieb erstarrt zurück. Sie nahm es sich selbst übel, einen solchen Graben zwischen ihnen aufgeworfen zu haben. Mit gebrochenem Herzen sah sie Andin in den Straßen des Dorfs verschwinden. Sie umklammerte mit den Fingern die Zeltleinwand und senkte beim Gedanken an das Verbot den Kopf.
    »Elea.«
    Die junge Frau zuckte bei ihrem Vornamen zusammen. Imma war doch noch nicht eingeschlafen.
    »Tut mir sehr leid, dich erschreckt zu haben«, sagte sie lächelnd. »Aber da du allein bist, wäre es schade, wenn ich die Dritte Prinzessin dieses Königreichs nicht bei ihrem wahren Namen nennen würde.«
    Elea fiel auf die Knie, ließ die Stirn auf Immas Hand sinken und brach in heftiges Schluchzen aus. Ihr Vorname gehörte zu den Verbotenen Namen: Imma durfte ihn nicht aussprechen! Sie weinte weiter und klagte sich selbst an, ein Ungeheuer zu sein, da sie das Massaker bei ihrer Geburt nie würde wiedergutmachen können. All die getöteten Säuglinge! Wie viele Menschen wie Imma, ihre Mutter oder Gyls Familie waren um ihretwillen gefoltert oder getötet worden? Wie viele weitere Gräueltaten waren verübt worden, von denen sie noch nichts wusste? Was würde Tanin und den entführten Kindern von Eade zustoßen? Sie wagte es nicht einmal mehr, es sich auszumalen, und weinte bittere Tränen. Selbst wenn es ihr gelang, ihren Vornamen zu rehabilitieren, indem sie den Frieden zurückbrachte – wie würde ihr Volk das alles je vergessen können? Wie würde sie es vergessen können?
    Sie spürte, wie Imma ihr mit der

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