Die Rebellin von Leiland 1: Maske (German Edition)
dreinsiehst!«
Seine Wut erstickte sie; sie wehrte sich nicht einmal.
»Er hat mich geküsst«, sagte sie dümmlich.
»Und du hast ihm deinen Vornamen verraten!«
»Nein!«, protestierte sie verblüfft.
»Sei still!«
Sein Tonfall hatte sich plötzlich verändert. Der Zorn war nicht mehr da, es war ein schlichter Befehl: Er hatte ein Wolfsheulen gehört. San warnte sie vor einer Gefahr. Joran ging zu der kleinen Luke hinüber, gefolgt von Elea. Ein Dutzend Soldaten kam den Hügel zu Fuß herab. Indem sie das Ablenkungsmanöver im Osten nutzten, hofften sie, einen Überraschungsangriff aus dem Westen führen zu können.
»Kein Scyle auf dieser Seite, Erwan wird enttäuscht sein. Er hat gehofft, alle drei auf einmal zu finden. Gut, dann bleibt mir nur noch, den Narren zu warnen, der sich für dich ausgibt«, spottete Joran.
Damit flog er als Falke zu Andin.
Elea dachte rasch nach. Sie konnte nicht hierbleiben. Aber sie durfte auch nicht hinausgehen. Niemand durfte wissen, dass es jetzt zwei Masken gab. In aller Eile sprang sie hinter ein paar Heugarben und entschloss sich, mithilfe ihres Füllhorns ein Kleid erscheinen zu lassen.
Vier Soldaten umstellten die Scheune. Jorans Geschrei hatte sie herbeigelockt. Lautlos näherten sie sich der offen stehenden Tür.
Die Amalysen flossen Elea über die Beine und nackten Füße, um sich dem Fall eines einfachen Leinenkleids anzupassen. Da ihre Finger von imaginären Schneiderarbeiten verletzt waren, verlor Elea Zeit damit, ihr Mieder zu schnüren. Rasch sammelte sie ihre Maskenkleider und die Andins ein, die ihre Augen nur als vage Farbflecken wahrnahmen, und versteckte sie unter dem Heu. Die Weste, die sie am Vorabend abgestreift hatte, lag noch auf einem Heuhaufen. In dem Moment, als sie sie packte, ragte ein Schatten vor ihr auf. Ihre Augen brauchten eine gewisse Zeit, bevor sie dessen Ursprung erkannte. Ein Soldat!
Die junge Frau hatte ihn nicht heraufkommen hören und musste kurz überlegen, um zu entscheiden, wie sie sich verhalten sollte: Sie ließ zu, dass der Mann ihr die Weste abnahm, und stieß dabei einen kleinen, weiblichen Schrei der Überraschung aus. Ihre Haare, in denen noch Stroh hing, und ihr hastig übergestreiftes Kleid verliehen ihr ein verwahrlostes Äußeres. Da sie die schwarze Weste der Maske in den Händen gehalten hatte, konnte der Soldat nur eines vermuten: »Sieh da, seine Geliebte! Schöner Fang!«, rief er.
Er wollte schon hinausschreien, was er entdeckt hatte, überlegte es sich dann aber anders. Er packte Elea am Kinn, die Augen voller Begehren.
»Ein sehr schöner Fang! Muss ich auch eine Maske aufsetzen, damit ich dir die Röcke hochschieben darf?«
Er drückte sie an sich.
»Du nimmst es mir sicher nicht übel, wenn ich die Stiefel anbehalte«, fügte er mit einem höhnischen Lachen hinzu.
Brutal packte er das junge Mädchen an den Schenkeln. Sie versetzte ihm einen kräftigen Fausthieb in den Magen, so dass er hintenüber in den Heuhaufen stürzte, und floh zur Leiter.
Drei weitere Soldaten warteten unten.
»Nehmt sie fest! Das ist die Schlampe der Maske!«, schrie der geprügelte Soldat.
Widerstandslos ließ sie sich festnehmen, zufrieden mit dem, was sie getan hatte. Einige Sekunden später versetzte ihr der Mann, den sie geschlagen hatte, eine heftige Ohrfeige. Sie konnte sich nicht wehren, aber ihre Augen, die nicht weit davon entfernt waren, ihr ganz aus dem Kopf zu quellen, töteten für sie. Beeindruckt von ihrem seltsamen Blick hielt der Soldat inne.
»Bringt sie zu den anderen und behaltet sie im Auge«, befahl er. »Sie ist ganz wie die Maske!«
Diese Beobachtung brachte Elea zum Lächeln. Mit auf den Rücken gefesselten Händen ließ sie sich am Ellenbogen in die Dorfmitte schleifen. Die beiden anderen Männer blieben zurück.
»Habt Ihr ihre Augenfarbe bemerkt?«, fragte der erste den zweiten.
»Ja. Aber mach dir keine Sorgen«, antwortete sein Vorgesetzter. »Das muss das Mädchen-mit-den-blauen-Augen sein. Nach allem, was man so hört, besitzt sie nur Heilkräfte. Sie ist der beste Köder für die Maske. Das ist das Einzige, was zählt. Der Herzog wird uns dafür dankbar sein.«
Elea wurde vorwärtsgestoßen, auf eine Schar von Menschen zu. Die Aceser und einige Einwohner der Nachbardörfer, die durch den Regen in der Nacht hier zurückgehalten worden waren, waren als Geiseln genommen worden. Sie erkannten alle die junge Frau, aber der Aufruhr, den ihre Ankunft verursachte, war für die Soldaten
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