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Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)

Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)

Titel: Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magali Ségura
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so sonderbar sie auch klang, Früchte zu tragen. Joran war immer weniger ihr Herr und Meister, dessen war er sich bewusst, und er war überzeugt, dass Andins Anwesenheit nicht unschuldig an seinem Kontrollverlust war. Mit einem finsteren Blick auf den jungen Mann schlug er die Krallen in den Karren und legte die Flügel an. Wahnsinn über Wahnsinn– er ließ es sogar geschehen, dass man ihn ein zweites Mal belud. Erwan hängte ihm abermals Netze mit Blendrauch um den Hals, ohne zu wissen, dass sie nun keinen Nutzen mehr hatten.
    Joran stieg nicht hoch in den Himmel auf, um leichter gleiten zu können. Für weniger als eine Meile wollte er keine Zeit verlieren. Er rechnete nicht damit, dass seine Flugstrecke noch kürzer sein würde. Zwei Flügelschläge– dann ließ ihn das Auftreffen der ersten Lanze in seine rechte Schulter vor Schmerz aufschreien. Die zweite Lanze, die ihm den Hals durchstieß, verschlug ihm den Atem. Die dritte berührte ihn nicht, aber das spielte keine Rolle mehr: Unter dem Klirren von Stahl und zerbrochenem Glas sauste er wie ein Vorschlaghammer zu Boden. Blauer Rauch umhüllte seinen reglosen, gefiederten Körper.
    Die drei Reiter blieben keine Sekunde länger an Ort und Stelle. Erkem befahl, im Galopp zurückzureiten. Die Gefährten des Verbotenen Waldes reagierten sofort und sprangen auf die Pferde, um die Verfolgung aufzunehmen. Trotz aller Abneigung wollte Andin sich um Joran kümmern.
    » Lass ihn! Du wärst ihm keine Hilfe!«, rief Elea.
    Sie hatte in einem derart gleichgültigen Ton gesprochen, dass Andin einen Moment lang verstört war. Er hatte vergessen, dass der schreckliche Vogel unsterblich war. Als er seinen Galopp wieder aufnahm, um seine Freunde einzuholen, erhob sich eine gewaltige, gehörnte Gestalt, die mit einem Durcheinander aus zwanzig Schwertern gespickt und aufs Äußerste erzürnt war, hinter ihm aus dem blauen Rauch.
    Trotz der Waffensäcke, deren Inhalt ihm zur Hälfte in den Rücken gedrungen war, und der baumelnden Halskette aus noch immer rauchendem, geborstenem Glas erreichte Joran die Angreifer als Erster. Er konnte diesen Männern keinen Schaden zufügen und sich genauso wenig an diesem Kampf beteiligen, mit dem er ohnehin nichts zu tun haben wollte. Aber nichts hinderte ihn daran, zu brüllen oder Entsetzen zu verbreiten. Und er versetzte sie in Angst und Schrecken. Der Scyle und die beiden Soldaten hatten den durchbohrten Vogel herabstürzen sehen. Wenn er nicht tot war, musste er doch auf jeden Fall so schwer verletzt sein, dass er nicht mehr fliegen konnte. Was ist das für ein Wunder? Hexerei?
    Um dem Angriff seiner gewaltigen Klauen zu entgehen, warfen die drei Reiter sich zu Boden. Während es den beiden Soldaten gelang, in die Dunkelheit zu flüchten, war Erkem wie gelähmt, als sein Geist dem des Vogels durch seine Maske hindurch begegnete. Die Gedanken der Tiere waren für die Scylen unerreichbar, wie war es also möglich, dass er seinen Tod, auf tausenderlei Weise ausgemalt, im Kopf dieses Riesenvogels sah? Die Erklärung erschien ihm plötzlich offensichtlich: Er hatte den Zauberer vor sich, dessen Geist er eines Tages beim Anblick der Maske zu sehen geglaubt hatte und dessen Geheimnis Muht so eifrig zu lüften versuchte.
    Er hätte sich beruhigen und die Enttäuschung des Tieres deuten können, das ihn trotz all seiner Lust nicht töten konnte, aber die Bekümmerung darüber zog dem Vogel in Form von Erinnerungen an Massaker durch den Kopf, die von einem riesenhaften Ungeheuer verübt worden waren– und an eine Folter mit dem abscheulichen roten Rauch, von dem Muht kaum zu sprechen wagte. Als Jorans Krallenspitzen Erkems Maske aus Stahl und Glas packte und das klebrige Harz einen Teil seiner Haut abriss, rührte der Scyle sich nicht. Erst als die Reste der blauen Dämpfe, die aus der seltsamen Halskette des Vogels hervordrangen, seine Augen berührten, schrie er auf und wälzte sich hierhin und dorthin. Es half ihm nichts, dass er seinen Schmerz laut herausbrüllte.
    Erwan stieg neben dem Scylen ab; er weidete sich nicht an seiner Qual, ja, er freute sich noch nicht einmal darüber, sondern kürzte sie mit einem Schwerthieb in den Bauch ab. Ein Dämon weniger.
    » Sie haben Glasmasken!«, warnte Joran. » Vic, bleib hier! Du darfst dich ihnen nicht nähern!«
    Elea zögerte eine Sekunde lang. Aber sie konnte nicht mehr zurück: Die Flammen, die sie sah, verzehrten ihr Herz ebenso wie das Gebälk der Häuser. Sie hatte sich noch immer nicht mit

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