Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)
Augen– so sehr hat er sich geschämt.«
Sie musterte Elea; ihr allzu funkelnder Blick verriet ihre Gefühlsbewegung.
» Und das Einzige, was er zu mir sagen konnte, bevor er floh, war: Verzeihung!«
Bei diesen Worten senkte Elea ihrerseits den Blick und schloss sogar die Augen. Alles, was sie seit drei Tagen über ihren Vater erfuhr, machte das Leben seltsam und schwierig. Es war so leicht gewesen, diesen Mann zu hassen– warum war ihr Herz nun derart verstört?
» Ich trage meine Maske nur, um gegen die Leute von der Burg zu kämpfen. Alle Dorfbewohner kennen mein Gesicht– ebenso wie meine Gefährten.«
» Aber die Verbotenen Gesetze legen fest, dass alle Prinzessinnen von Leiland…«
» Dann müsste man alle Einwohner der Großen Ebene und aller fremden Länder, die ich bereist habe, töten. Ein Gesetz verschwindet, wenn es nicht mehr anwendbar ist. Hast du nie daran gedacht?«
» Doch, natürlich. Aber bevor alle Welt mein Gesicht gesehen hätte, hätte man mich aufgehalten, und ich hätte damit nur viele Leute zum Tode verurteilt. Ich wollte es auch um meines Vaters willen nicht tun. Und außerdem gewöhnt man sich daran.«
Sie setzte sich auf die Bettkante, wie erschöpft von all dem Kummer.
» Der König erhebt mich zur künftigen Königin und ist höchst aufmerksam. Er liebt mich, auch wenn er mir das nie gesagt hat. Aber ich weiß, dass er unsere Mutter noch viel mehr liebte. Ihr Tod hat ihn auf ewig gebrochen. Er war ihr immer treu. Er wollte niemals wieder heiraten, nicht einmal um einen Sohn zu zeugen. Wir sprechen nie von ihr, wir sprechen nie über uns. Es gibt Gespräche, die keiner Worte bedürfen. Der König betrachtet mich als vollkommen vertrauenswürdig, er bittet mich oft um Rat, und es fällt mir seit sechs Jahren schwer, ihn anzulügen. Ich fühle mich schuldig für alles Leid des Volkes: Der Herzog von Alekant hält mich unter seiner Knute, und der König von Leiland glaubt seiner Tochter.«
Elea setzte sich neben ihre Schwester. Sie wusste nicht, was sie ihr erwidern sollte– jede Antwort wirkte zwecklos. Sie wagte es nicht, Eline zu berühren, und beschränkte sich so darauf, da zu sein, ganz nahe, wie sie es schon immer gern gewesen wäre.
» Ich habe mir geschworen, Elisa nicht im Stich zu lassen, bevor ich nicht das Heilmittel gefunden habe«, sagte sie ihr schlicht.
Eline schenkte ihr ein schwaches Lächeln. Ihre einzige Freude war, heute Abend offenherzig zu sprechen, und Elea schien die Last ihrer Verantwortung zu verstehen.
» Komm«, flüsterte sie. » Es ist an der Zeit, sie zu retten.«
Sie stand auf und ging zu einer kleinen Tür, die am Ende ihres Zimmers neben dem Kamin lag. Vorsichtig betätigte sie die große, eiserne Klinke und schob die Tür leise auf, ohne dass sie geknarrt hätte.
Eine Stufe tiefer lag in einem Zimmer, das dem vorigen genau glich, eine schlafende Prinzessin. Reglos, die Hände auf der Brust, einen Schleier vor dem Gesicht. Die Farben schienen rings um sie verblasst zu sein. Elea glaubte, dass ihre Einbildungskraft ihr einen Streich spielte, aber als Eline den Schleier hob, war sie erstaunt, dass dieser Eindruck der Wirklichkeit entsprach.
Elisa hatte dunkelblondes Haar und war von ähnlicher Schönheit wie ihre Schwestern, aber zugleich so leichenblass, dass man Angst um sie bekam. Die Bleichheit eines toten Körpers, der schon ins Jenseits übergegangen war, schien alles mitzureißen, was sie berührte. Elisa trug ein rosenholzfarbenes Gewand, das unter der Brust geschnürt war, aber seine Farbe war nur noch eine vage Erinnerung; die Schmucksteine funkelten nicht mehr, die Spitze schien mit der Zeit vergilbt zu sein. Elisa war eine verwelkende Blume.
Elea war einen Moment über ihren Anblick erstaunt. Als sie die Stufe herunterstieg, hatte sie das unangenehme Gefühl, sich dem Tod zu nähern. Sie spürte, wie Todeskälte ihre Knochen durchlief, Todeshauch sie streifte. Ein imaginäres Leichentuch hatte Prinzessin Elisa schon bedeckt. Das war nicht wirklich– das war nicht möglich! Keine Krankheit in diesen Welten kann diesen Eindruck hervorrufen!
» Der Herzog von Alekant hat sie vergiftet und gibt mir regelmäßig ein Gegenmittel, um sie am Leben zu halten. Es ist aber offensichtlich zu schwach, um sie zu heilen«, flüsterte Eline. » Jeden Tag zwingt er mich zu lügen, und es ist ihm gelungen, meine Hand zu erhalten. Mein Vater hat zu Anfang gezögert, obwohl ich Liebe zu diesem schändlichen Wicht heuchelte. Dann hat er eine
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