Die Rebellin von Leiland 2: Das Gift des Herzogs (German Edition)
reglos. Der Puls blieb langsam; ein Muskelwiderstand war nicht vorhanden. Das Leben schien verlangsamt, aber nicht erstarrt. Es war nicht zu einem Halt in der Entwicklung des Körpers gekommen. Elisa war mit vierzehn Jahren eingeschlafen, aber ihre Körperformen verrieten ihre zwanzig Jahre.
» Wie ernährt ihr sie?«
» Der Trank scheint auszureichen«, erklärte Eline.
» Ah!«
Elea hing einen Augenblick lang ihren Gedanken nach: Sie hatte das erste Indiz gefunden. Nur eine Pflanze in allen Königreichen war in der Lage, Nahrung zu ersetzen, aber ihre Wirkung war begrenzt.
» Seit den großen Dürreperioden wird die Schlafbeere in Zhol als Salbe eingesetzt– das ist ein Land in der Welt des Südens. Sie versetzt den Körper in einen Zustand, der dem Winterschlaf der Tiere in unseren Breiten ähnelt. Aber es wäre unmöglich, jemanden unter Zuhilfenahme ihrer Eigenschaften länger als drei Monate schlafen zu lassen, ohne ihn umzubringen.«
» Ich habe alle Salben aus dem Zimmer meiner Schwester entfernt und überwache jedes Mal ihre Körperpflege. Die Vergiftung stammt nicht von irgendetwas zum Einreiben.«
Elea lauschte aufmerksam; die Ideen jagten sich in ihrem Verstand mit Windeseile. Prinzessin Eline hatte vieles ausprobiert, um die Lösung zu finden, sie war nicht untätig geblieben: Sie hatte die Tränke heimlich gesammelt, um sie in großer Menge auf einmal zu verabreichen, sie hatte aufgehört, sie zu geben… Ihre Verzweiflung hatte im Laufe der Jahre nur wachsen können.
» Die Einwohner von Zhol verwenden die Beere so, aber das ist bei weitem nicht die einzige Einsatzmöglichkeit. Zu meinen Gefährten zählt ein Oberalchemist aus Akal. Er hat mir oft gesagt, dass nicht allein die Menge die Wirkungsweise eines Mittels beeinflusst, sondern auch die Zubereitungsart und die Form der Verabreichung. Elisa trägt zwar nicht immer dieselben Kleider, aber was ist mit dem Schmuck?«
» Ich habe alle Schmuckstücke methodisch untersucht, sie haben nichts Ungewöhnliches an sich, und ich lasse sie oft wechseln«, antwortete Eline, die wieder in Verzweiflung geriet.
» Verlier nicht den Mut. Wenn schon Leute gestorben sind, dann deshalb, weil sie die Wahrheit herausgefunden haben.«
Das war eine gute Überlegung, aber sie desillusionierte Eline nur noch weiter. Auf ihrer hellen Stirn zeigten sich schon die Spuren des Leids. Sie hatte das Bedürfnis zu weinen.
Elea wandte sich wieder Elisa zu. Sie musste die Lösung finden.
Die Schlafbeere sonderte ein Fett ab. Wenn dieses rein benutzt wurde, wo konnte es sich dann befinden, um in ständigem Kontakt mit Elisas Körper zu stehen? Eleas Blick fiel auf den gewaltigen Amethyst, der Elisas Halskette zierte. Der Stein wirkte von Natur aus fettig glänzend, aber sie fand ihn plötzlich verdächtig.
» Niemand kann in meiner Abwesenheit herkommen, um ihren Schmuck auszutauschen«, erläuterte Eline matt. » Die Schlüssel zu meinem und Elisas Zimmer trage ich immer bei mir, und wenn es einen Geheimgang gibt, dann habe ich ihn noch nicht gefunden, obwohl ich seit sechs Jahren danach suche.«
Elea hörte ihr nicht mehr zu; sie suchte an Elisas Körper nach Anzeichen für den Einsatz der Schlafbeere. Sie begann zu verstehen: Es handelte sich nicht um einen einzelnen Wirkstoff, sondern um eine komplizierte Verbindung, und das war es, was die Nachforschungen auf Abwege führte. Wenn Elisa von Zeit zu Zeit ein Gegengift brauchte, um am Leben zu bleiben, musste das ursprüngliche Mittel tödlich sein. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie aufhörte, Schmuck zu tragen, war viel zu groß, als dass das Gift nur aus der Schlafbeere allein bestehen konnte. Sie durfte also nur eingesetzt werden, um die betäubende Wirkung noch zu steigern. Wahrscheinlich war die Schlafbeere sogar nötig, um zu verhindern, dass das echte Gift Elisas Körper vollständig in den Griff bekam. Das erklärte den von Tag zu Tag wechselnden Zustand der Prinzessin– kritisch oder besser. Kortas angebliches Gegengift musste dieselbe Eigenschaft haben oder ermöglichte zumindest den gemeinsamen Gebrauch verschiedener Wirkstoffe, ohne dass sie von der Patientin nicht aufgenommen wurden oder sie gar töteten.
» Hast du noch das Mittel, das Korta dir gibt?«
» Ja, in meinem Zimmer. Es ist noch etwas übrig.«
Eline stand auf, und Elea sah Elisa ein letztes Mal ins Gesicht, bevor sie ihrer Schwester folgte. Sie hätte ihr gern all diese schädlichen Edelsteine abgestreift, aber das hätte womöglich
Weitere Kostenlose Bücher