Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
sie nicht einfach ›lassen‹, Joran. Ich werde sie schnell einholen und ihr alles erklären. Ich…«
»Sie wird von selbst zurückkommen. Ich kenne sie, sie wird später wieder zu uns stoßen, vielleicht morgen. Sie hat genug Ehre im Leib, um sich nicht mit tränenverquollenem Gesicht zeigen zu wollen, aber sie wird wiederkommen.«
Andin ertrug diese Seelenqual nicht. Er hatte nicht die geringste Absicht, auf Joran zu hören, und rechnete damit, entkommen zu können, solange sein Vater sich von dem Geschehen noch nicht erholt hatte. Der Falke plusterte sich drohend auf.
»Hast du etwa genauso wenig Verstand wie sie? Die Burg ist weit, und ich weiß nicht viel über Kortas Pläne. Unsere Reise könnte ohne Zwischenfälle verlaufen oder aber von einem Hinterhalt in den nächsten führen! Deine Metallarmee macht keinem Leiländer Angst. Dieses Volk trägt keine Rüstungen, weil sogar die Kinder schon ihre Schwächen kennen! Ich brauche Männer, die auf ihre Schwertspitze und nicht auf ihre Eisenpanzer vertrauen!«
Andin drehte sich nach seinem Vater um und hoffte, dass dieser um seiner Soldaten willen empört sein und ihn schon aus reinem Widerspruchsgeist gehen lassen würde. Aber der Herrscher von Pandema bedeutete ihm diskret, so verblüfft er auch war, dass er mit dem sonderbaren sprechenden Tier einer Meinung war.
Andin versetzte zornig einem Stein einen Fußtritt.
»Dann wollen wir hoffen, dass ich mein Schwert auch zum Einsatz bringen kann, Joran, denn sonst tobe ich mich an dir aus!«
Der Vogel sperrte erschrocken den großen Schnabel auf.
»Wann immer du willst, mein Kleiner!«, antwortete er und flog über ihn hinweg. »Los, nehmt Aufstellung!«, befahl er dann den Bauern, als wäre nichts gewesen.
Eleas Gefährten zogen allesamt zu Pferde im Gänsemarsch am König von Pandema vorbei, bevor sie sich unter seine Soldaten einreihten. Sie begrüßten ihn so demütig, wie es ihrer Abkunft entsprach. Dabei vergaßen sie die Eigenart des Adels von Pandema oder wussten gar nicht darum. So murmelten sie nur mit zugeschnürter Kehle: »Eure Majestäten.« Erwan stach mit seinen roten Haaren und seiner geringen Körpergröße unter den kräftigen Bauern hervor, aber er war der Einzige, der sich angemessen verneigte, ohne zu versäumen, der Königin ein elegantes Kompliment zu machen.
Der König, der wie ein Großteil seiner Adligen immer noch ein wenig verdutzt war, vergaß dennoch nicht, zu lächeln und allen herzlich dafür zu danken, dass sie sich ihnen anschlossen. Nur den letzten Reiter, der fröhlich halbnackt vorbeitrabte und ihn nur grüßte, indem er den Hut lüpfte, musterte er abschätzig. Der lustige Bursche hielt auf Andins Höhe an.
»Ich hielt dich erst nur für einen reitenden Boten, dann für einen Grafen, und nun bist du gar ein Prinz… Hast du noch weitere Überraschungen dieser Art auf Lager?«
»Nein, Ceban, aber du hättest mir sagen sollen, wie es um deine sogenannte Schwester steht«, sagte Andin vorwurfsvoll.
»Ich habe die Milch meiner Mutter mit ihr geteilt, und Estelle war die Erste, die sie ›kleine Schwester‹ genannt hat. Ich habe dich nie belogen– genau wie du. Wir haben beide nur einen Teil der Wahrheit ausgelassen. Gib es doch zu, wenn alles wie geplant abgelaufen wäre, wäre das eine schöne Überraschung gewesen!«
»Ja, aber es ist nicht wie geplant abgelaufen«, antwortete Andin bitter.
»Sie kommt wieder«, tröstete Ceban ihn, »sie kennt ihre Pflichten. Aber pass auf, wenn es dir nicht rechtzeitig gelingt, ihr zu erklären, wer du wirklich bist. Ach, eines wollte ich dich noch fragen«, setzte er hinzu, bevor er weiterritt. »Ich kann dich doch weiter duzen? Die Krone ist dir doch wenigstens nicht zu Kopf gestiegen?«
»Nein«, versicherte Andin mit einem kleinen Lächeln. »Sie steigt nicht– sie rutscht mir immer noch über die Ohren.«
»Mit allem schuldigen Respekt, Majestäten«, rief Ceban aus, »das ist ein Prinz nach meinem Herzen!«
Während die Königin ungezwungen schmunzelte, konnte der König nicht umhin, die Stirn zu runzeln.
»Wenn mein wunderbarer Sohn so gütig wäre, den jungen Prinzessinnen hier vom Pferd zu helfen, könnten wir vielleicht hoffen, weiterzureisen«, bemerkte er kalt.
Während Andin ohne jede Verlegenheit Eline half, fiel es Philip sehr schwer, sich Prinzessin Elisa zu nähern. Ihr Umhang verdeckte noch immer ihr Gesicht, und sie blieb ihm ein völliges Rätsel. Seine Glaubenszweifel waren ins Wanken geraten, als er
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