Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
aber ich kann dir vielleicht helfen«, flüsterte Chloe.
Hoffnung leuchtete in Andins Augen auf. Erwan begriff, was seine Tochter versuchen wollte, und bemühte sich, seine Frau aus dem Krankenzimmer zu führen, aber Selene wollte sich nicht rühren. Was konnte Chloe denn schon tun?
Das Kind sah ein letztes Mal seine Mutter an. Wie auch immer– Chloe hatte ihre Entscheidung gefällt. Sie umklammerte Andins Finger und hob den Blick zu Elea. Sie schien sich ein paar Sekunden lang zu konzentrieren und zuckte dann heftig zurück. Andin spürte, wie die kleine Hand feucht vor Angstschweiß wurde.
»Hör auf, Chloe!«
Aber es war zu spät: Das Mädchen hatte ein Bild gesehen und ließ sich davon mitreißen. Ihr Gesicht behielt seinen entsetzten Ausdruck bei. Selene beobachtete ihre Tochter und weigerte sich zu verstehen.
»Vic ist von Feuern und Rauch umgeben. Ich sehe sie in einem Brunnen«, verkündete das Kind. »Sie liegt auf den Knien. Sie hat Schmerzen. Sie brennt.«
»Aber sie ist kalt«, antwortete Andin auf die Beschreibung.
»Die Wärme wird noch kommen.«
Andin spürte erneut, wie sich die weiße Hand des kleinen Mädchens fester zusammenkrampfte. Er sah, wie sie den Blick abwandte und zu Boden sah. Sie wollte gern davonlaufen.
»Was siehst du sonst noch?«
»Nichts, nichts«, wimmerte sie und ließ auf einen Schlag seine Hand los, um sich die Augen zuzuhalten. »Sie schreit! Sie schreit!«
Chloe stieß nun selbst einen Schrei aus und begann zu weinen.
»Sie will sterben! Es tut ihr weh! Es tut ihr weh!«
Erwan zog seine kleine Tochter in seine Arme, um sie zu beruhigen: Ihr ganzer Körper schien zu zittern. Andin war leichenblass geworden. Er hatte sich Eleas kalte Finger an die Wange gelegt.
»Halt durch, meine Liebe. Ich könnte deinen Tod niemals ertragen! Es muss ein Mittel geben, dich zu retten.«
Die Hand der jungen Frau wurde plötzlich brennend heiß, Schweiß strömte ihr über den Körper. Joran, der sich wieder umgedreht hatte, als Chloe herangekommen war, begriff sofort, was das bedeutete:
»Sie kann am Fieber sterben!«
Mehr musste er Andin nicht sagen. Auf den Zusammenbruch folgte der Mut der Verzweiflung. Er riss Elea die Bettdecken weg und hob die junge Frau hoch. Wie ein Rasender rannte er, gefolgt von Joran, ins Freie, um bis zur Hüfte in den See des Verbotenen Waldes zu waten. Er tauchte Elea ins kühle Wasser. In den Schwarzen Landen hatte der große Heiler Oudal Andins Körpertemperatur mit immer kälteren Bädern gesenkt, als er am Tollfieber gelitten hatte.
Chloe hatte sich aus den Armen ihres Vaters losgemacht und war, immer noch wie hypnotisiert, den anderen nach draußen gefolgt. Erwan blieb einen Augenblick lang in der Hocke und wandte dann den Kopf zu seiner erstarrten Frau.
»Wie haben diese Möglichkeit immer geleugnet, aber unsere Tochter verfügt doch über die Macht der Scylen. Ich habe es heute Nacht erfahren.«
Selene war noch aufgelöster als sonst; ihr Gesichtsausdruck verriet Angst. Sie ging ins Freie und sah ihre kleine Tochter hoch aufgerichtet auf einem Felsen stehen. Sie starrte die ins Wasser getauchte Elea an. In Trance und weinend fuhr sie fort, die Bilder zu beschreiben, die ihre Macht ihr zu sehen gestattete: Die Flammen entfernten sich ebenso wie die Hitze vom Körper, aber ein roter Rauch würgte die junge Frau noch immer. Ihre Qualen fanden kein Ende.
»Wir können nicht gegen Ibbak ankämpfen– nur die Feen können das!«, rief Joran und versetzte der Wasseroberfläche einen hilflosen Fausthieb. »Und wir haben noch nicht einmal mehr ihr Füllhorn!«
»Oh doch!«, verbesserte Erwan ihn und kam zum Seeufer. »Ich habe es zurückgeholt!«
Zum großen Erstaunen aller zog er es aus dem scharlachroten, goldverzierten Kästchen hervor. Ein Glied der Kette war gerissen, aber es war tatsächlich die Gabe der Drei Feen des Ostens!
»Wir müssen es reparieren!«, rief Joran plötzlich hoffnungsvoll.
Erwan lief sofort in sein Labor.
»Aber wer kann es denn einsetzen?«, fragte Ceban.
»Andin«, antwortete Joran.
Der junge Mann sah ihn verständnislos an.
»Dein Vater besitzt genau solch ein Füllhorn. Da du einer seiner Erben bist, kannst du es verwenden.«
»Ich bin nur der Dritte Sohn!«, gab Andin zornig zurück. »Ich werde überhaupt nichts erben! Und Eleas Qualen haben ihren Ursprung nicht in einer Wunde; sie braucht nichts Materielles!«
Bis auf Ophelia und Chloe– die immer noch in einem Trancezustand verharrte– verstand
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