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Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)

Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)

Titel: Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magali Ségura
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verwickelt.
    Das Licht, das durchs Fenster drang, kündigte die Morgenröte an. Der Reisende schälte sich aus seinem Bettzeug und setzte sich auf die Kante der Matratze. Er hatte keine Hoffnung mehr, noch zu schlafen. In weniger als einer Stunde würden draußen Hunderte von Stimmen erklingen und aufs Schönste schreien und brüllen. Er streifte sich eine Lederhose über, bevor er aufstand.
    Vor dem Spiegel stellte er fest, dass er schlecht aussah. Seine blonden Haare, die den Pandemer verrieten, waren zerzaust, und seine eingefallenen Augen sagten ihm, zusammengenommen mit dem Bart, den er sich hier gezwungenermaßen stehen ließ, dass eine gewisse junge Frau aufschreien würde, wenn sie ihn sah. Alles Wasser, mit dem er sich bespritzte, änderte sein Aussehen nicht zum Besseren. Enttäuscht beendete er seine flüchtige Morgentoilette, indem er sich ein Hemd mit weiten Ärmeln überstreifte, und ließ sich am Fenster nieder.
    Einen Moment lang sah er zu, wie das Frühlicht die Dächer violett färbte und die Pflastersteine der Straße grün erscheinen ließ. Dann fiel sein Blick mechanisch auf das Buch, dass er am Fenster hatte liegen lassen. Er sagte sich, dass Frederik von Pandema getobt hätte, wenn er gesehen hätte, dass sein kostbares Buch hier so ungeschützt herumlag. Aber der junge Reisende war seinem Zorn im Augenblick entzogen. Er setzte seine Lektüre fort, bevor die Wirtin ihn stören konnte.
    »Joranikar war ein seltsamer Mann. Er wusste durchaus, was auf dem Spiel stand: Sein Gebieter war mächtig und furchteinflößend. Doch als er erfuhr, dass ich sein Gegner war, versuchte er nicht, mich ermorden zu lassen. Der Gedanke an ein Duell mit mir erheiterte ihn, und er ließ nicht ab, meinen Mut auf die Probe zu stellen, indem er überall, wo ich vorbeikam, verstümmelte Leichen zur Schau stellte. Ließ der Geist des Bösen ihm freie Hand, weil er sich zu stark fühlte, um die Feen zu fürchten, die mich leiteten? Waren sie an das Füllhorn gekettet, das ich am Hals trug, dass sie derart unbedeutend wirkten? Und konnten sie dem makaberen Spiel nichts entgegensetzen, das bis zum bitteren Ende gespielt werden würde? Ob der nächste Jünger des Hexergeists Ibbak wohl auch so geduldig ist?
    Er könnte es sein, aber angesichts meines Siegs zweifle ich daran. Zu den Regeln, von denen die Feen mich unterrichtet haben, zählt auch die, dass der vorzeitige Tod eines der Kämpen als Kapitulation gilt, wenn es keinen Ersatz gibt. Joranikar hat den Fehler begangen anzunehmen, dass ich leicht zu besiegen sein würde und dass es besser wäre, seinen Gegner im Voraus zu kennen. Bei allen Kämpfen vor dem Zeitpunkt, zu dem die Macht der Hochgeister auf dem Spiel stand, versuchte er einzuschätzen, wie gut ich war. Unwissentlich hat er mir viel beigebracht: Ich erkannte meine Schwächen und verwendete all meinen Eifer darauf, sie auszumerzen. Er verdankt seine Niederlage seinem höchst sonderbaren Ehrgefühl, seiner Lust am Spiel und auch seinem Stolz.
    Aus diesen Gründen wird der Hexergeist sicher einen hinterhältigen, schurkischen Mann zu Joranikars Nachfolger bestimmen.«
    »Na, das ist ja sehr ermutigend!«, rief der junge Mann.
    Dieses Buch war nichts als eine Aneinanderreihung schlechter Nachrichten! Wirklich nicht das Richtige, um eine derart unerfreuliche Nacht zu vergessen. Also konnte Prinz Andin jederzeit getötet werden und– schwuppdiwupp!– würde alles vorbei sein. Die Welt des Ostens würde wieder dem Hexergeist Ibbak in die Hände fallen.
    Der Reisende sprang auf. Es hätte ihm keine Mühe bereitet, den Kämpen zu ersetzen, ein Wort der Feen hätte genügt, und er hätte auf der Stelle gehorcht. Aber der Gedanke, dass Prinz Andin womöglich ermordet werden könnte, entsetzte, ja, empörte ihn. Der junge Mann begriff plötzlich, warum Frederik von Pandema niemals die Gerüchte über den Tod seines jüngsten Sohns dementiert hatte. Er hatte sich sicher gesagt, dass der Hexergeist Ibbak den Streiter der Feen ohne Umschweife auf die ein oder andere Weise töten lassen würde, wenn er erfuhr, wer es war.
    Der junge Mann setzte sich wieder hin und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, das noch wirr vom Schlaf war. Er hätte dieses Buch längst lesen sollen! Frederik von Pandema hätte es nie verstecken dürfen. Viele Missverständnisse hätten so vermieden werden können.

Flucht
    Das Leben ging weiter. Ein neuer Tag brach an. Die ersten Sonnenstrahlen wärmten die Herzen und trockneten die Tränen. Sogar

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