Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
Nachrichten?«, fragte Tanin, als Andin das Schreiben gelesen hatte.
»Nein. Mir werden nur etwas die Ohren langgezogen«, sagte Andin griesgrämig. »Aber… ich muss sofort abreisen.«
Schwer auszusprechen, schwer hinzunehmen.
»Du willst uns verlassen? Warum?«
»Auf Befehl meines Königs.«
»Aber… Aber du kommst doch wieder, nicht wahr?«, fragte Tanin erschrocken.
»Natürlich«, erwiderte Andin und zerzauste dem Jungen die langen Haarsträhnen.
»Gibst du uns einen Kuss?«, fragte Maja und hielt sich mit den kleinen Fingerchen an seinem Gürtel fest.
Der junge Mann hob das rothaarige kleine Mädchen hoch, während der Geckenstolz von seiner Schulter aufflog und auf einem Zweig landete. Aber die Eifersucht der anderen kleinen Mädchen ließ nicht zu, dass Maja Andin ganz für sich allein behielt: Der junge Mann hatte große Schwierigkeiten, sich von der Kinderschar loszureißen. Als er sich dann endlich entschlossenen Schritts entfernte, um zum Großen Baum zu gehen, wurde er von Tanin eingeholt.
»Warte, ich…«
Die Worte wollten nicht recht heraus.
»Ich… Ich dachte erst, du hättest Mama nicht verdient. Aber…«
»Das ist nicht schlimm«, unterbrach Andin ihn und ging weiter.
»Du bist wirklich großartig, weißt du das?«
»Mein König hat mir aber etwas ganz anderes geschrieben.«
»Na gut, wenn ich ihm irgendwann einmal begegne, dann erzähle ich ihm alles, was du für uns getan hast– dann kann er dir nie mehr Vorwürfe machen.«
»Ich danke dir, Tanin.«
»Wenn ich groß bin, will ich sein wie du!«
Andin lächelte ihn an: Er hatte nicht damit gerechnet, so viel Bewunderung hervorzurufen.
»Aber ich werde nie adlig sein«, setzte das Kind seufzend hinzu.
»Ist das so wichtig für dich?«, fragte Andin.
Tanin antwortete nicht, sondern betrachtete seine Füße. Der junge Mann entschloss sich, ein paar Minuten zu verlieren, und hockte sich vor Tanin hin.
»Weißt du, dass der erste König von Pandema nach dem Krieg der Jahrhunderte ein elternloser Straßenjunge unbekannter Herkunft war? Die Feen haben Enkil um des Herzens willen auserwählt, das in seiner Brust schlug. Das ist der einzig wahre Adel auf diesen Welten. Achte darauf, dass du immer gerecht handelst, dann brauchst du nicht erst einen Titel, um einer der größten Herren überhaupt zu werden.«
Die schmalen Mandelaugen funkelten. Tanin entblößte seine großen, schiefen Schneidezähne.
»Ich versuch’s, versprochen.«
Andin drückte ihm die Schulter und stand auf. Hinter den Zweigen einer Weißbuche sah er Chloe, die ihm zulächelte. Der junge Mann zwinkerte ihr zu und ging dann rasch auf das sonnenbeschienene Wiesenstück zu. Als er an der Küche vorbeikam, sprach er Ophelia an:
»Kannst du mir bitte einen Beutel mit Proviant für zwei Tage zurechtmachen? Ich muss unverzüglich aufbrechen.«
»Ach, wirklich? Wieso?«
»Befehl meines Königs«, beendete Andin das Gespräch und eilte die Holztreppe hinauf, um sein Gepäck von oben zu holen.
Dieser Satz hatte wenigstens den Vorteil, alle Fragen verstummen zu lassen, die lästig waren oder zu lange Antworten erfordert hätten. Als er zurückkam, war der Proviant bereit.
»Ich habe dir vier Scheiben Dörrfleisch, genauso viel Käse wie Butter und Roggenbrot, zwei Feldflaschen mit Wasser und eine mit Wein eingepackt.«
»Hervorragend, Ophelia, das ist mehr, als ich je von dir verlangt hätte«, sagte er und warf sich den zusätzlichen Beutel über die Schulter.
»Und drei Stück Hefegebäck, die noch ganz warm sind«, setzte sie mit einem schelmischen Lächeln hinzu.
»Gottheiten! Was für Leckerbissen warten da auf mich!«, rief er.
»Du kommst doch diesmal wieder?«, fragte sie, obwohl sie die Antwort schon kannte.
»Natürlich. Anscheinend stellen sich alle diese Frage!«
»Du solltest daraus schließen, dass wir dich alle lieben.«
Sie nahm ihn beim Arm, bevor er sich abwandte, und drückte ihm einen sanften Kuss auf die Wange.
»Gute Reise, Hoheit, und kommt bald zu uns zurück.«
Der junge Mann kniff sie lächelnd ins Kinn, lief zu den Ställen hinüber und winkte Virgine und Selene zu, die auf dem Gras große, weiße Laken zum Bleichen ausbreiteten, aber seine Geste nicht sofort verstanden.
Nis wartete auf Andin. Man hätte annehmen mögen, dass die Stute gespürt hatte, dass der Aufbruch nahte. Sie war Andin schon entgegengegangen und stupste ihn fröhlich mit dem Maul an den Hals.
Als Andin sein Pferd sattelte, bemerkte er eine schwarze
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