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Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)

Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)

Titel: Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magali Ségura
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aufgebrochen und hat mich damit beauftragt, Euch dies hier persönlich zu übergeben.«
    Eline hatte aufgehört nachzudenken– sie wollte es nicht mehr. Sie hatte Angst. Atemlos nahm sie die Lederhülle entgegen und riss die beiden Leinwandbeutel, die das Pergament schützten, beinahe in Fetzen.
    »Versucht, den Leichnam des Schlägers zu verbergen, Thalan«, verlangte sie, um den Pagen aus dem Weg zu bekommen, bevor sie sich in ihre Lektüre versenkte.
    Warum standen ihr Tränen in den Augen? Warum zitterten ihr die Hände so? Warum tönten ihr Thalans Bemühungen, den zur Statue gewordenen Toten zu verrücken, so laut wie ihr Herzschlag in den Ohren?
    Eline zwang ihre Augen, trocken zu werden, und las mit zugeschnürter Kehle den ersten Satz:
    »Mein Kind, wenn Ihr diese Zeilen lest, werde ich nicht mehr am Leben sein.«
    »Nein!«, rief Eline und sprang auf.
    Sie klammerte sich ans Gitter und zwang sich, nicht zu schreien.
    »Thalan! Thalan!«
    Es war dem Jungen nicht gelungen, den Koloss zu bewegen.
    »Der König will sich umbringen, Thalan! Ich flehe Euch an, rettet meinen Vater! Lauft! Lauft! Haltet ihn auf!«
    Der Junge rannte sofort in die Gänge davon, so schnell er nur konnte. Eline sank am Gitter zusammen.
    »Ich flehe Euch an, rettet ihn!«, wimmerte sie.
    Vielleicht war es noch nicht zu spät? Ihr Herz fürchtete sich so sehr davor, von ihm alleingelassen zu werden. Einen Moment lang gab sie sich ihren Tränen hin, dann fand sie die Kraft weiterzulesen:
    »Ich habe weder Eure Tränen noch die Trauer meines Volks verdient. Ich war weder ein guter Vater noch ein guter König. In welchen Schlummer ich all diese Jahre über versunken war, weiß ich nicht, aber heute bin ich erwacht – und heute werde ich sterben.
    Ich habe alles erfahren, Eline. Ein Wirt, seine Schankmagd und ein alter Trinker haben mir alles erzählt, ohne zu wissen, wer ich war. Nun weiß ich um alle Schrecken meiner Herrschaft, all meine Fehler, meine Unwissenheit und Leichtgläubigkeit. Diese drei Eteler haben mir gesagt, dass der König noch immer eine Hoffnung darstellt, und die werde ich also heute Abend für sie sein. Bei meinem letzten Atemzug und dem des Herzogs von Alekant wird das Land von einem irregeleiteten Narren und von seinem Peiniger erlöst sein.«
    »Lauf, Thalan, lauf«, flehte Eline und wischte sich die Tränen ab, die ihr über die Wangen strömten.
    Ihr Blick irrte zu den Deckenbalken, als könne er dem laufenden Jungen folgen. Thalan betete ebenso sehr wie Eline. Er stürzte durch die verlassenen Gänge und versteckte sich in düsteren Winkeln, wann immer ein Koloss vorüberkam. Während er hinauf in die Burg eilte, hatte er das Bedürfnis, alles umzustoßen, was ihm im Weg stand. Elines Gesicht begleitete ihn, und es brach ihm das Herz, wenn er daran dachte, wie viele Tränen die junge Frau vergoss, während sie den schrecklichen Brief las.
    »Durch Euch wird Leiland wieder zum Leben erwachen. Ich kenne Eure Sinnesart, Euer Herz, Euren Mut. Glaubt Ihr, ich könnte Euch übel nehmen, dass Ihr mir sechs Jahre lang die Wahrheit verschwiegen habt, da Ihr so doch nur versucht habt, Eure Schwester zu retten? Ich muss mir Vorwürfe machen, Euer Schweigen und Euer Zögern nicht verstanden zu haben. Ich hielt den Herzog von Alekant für meinen Freund und für einen Mann von Ehre, ich glaubte, dass Ihr Euch deshalb zu ihm hingezogen fühltet, weil er vierzehn Jahre älter war als Ihr, so dass Ihr in ihm den Vater suchtet, der zu sein ich nicht fähig war. Vergebt mir.«
    »Oh, Vater! Ihr wart gegen diese Verbindung!«, murmelte Eline schluchzend. »Ich musste beinahe auf die Knie fallen, um Euch dazu zu bringen, sie auch nur für denkbar zu halten.«
    »Ich habe nur eine einzige Bitte an Euch: Heiratet Prinz Cedric nur, wenn Ihr ihn liebt. Das Königreich Pandema ist reich, sein Erbprinz ist jung, und man singt allenthalben Loblieder auf ihn, aber ich möchte vor allem, dass Ihr glücklich werdet. Ihr seid vernünftig genug, um Leiland allein zu regieren, und unser Volk verfügt leider über eine unschätzbare Tugend: Geduld. Es steht Euch frei, jede Verbindung so lange abzulehnen, wie Euer Herz es Euch gebietet. Das Glück eines Volkes hängt von dem seines Herrschers ab. Ich möchte so gern, dass Ihr derart große Liebe empfinden könnt, wie ich sie zu Eurer Mutter empfand.
    Ich füge diesem Brief meinen letzten Willen bei. Mein Siegelring wird Euch übergeben werden, sobald der Tod des Herzogs von Alekant öffentlich

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