Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
der entsetzliche Mann ihn am Hals und hob ihn zu sich hoch.
»Nein! Lasst ihn los!«, schrie Eline und versuchte mit aller Körper- und Willenskraft, die Gitterstäbe auszureißen.
Thalans Finger krümmten sich einen Augenblick lang um die gewaltigen Handgelenke des Schlägers. Er öffnete den Mund und schnappte nach Luft, doch vergeblich wehrte er sich und suchte nach einer Möglichkeit, sich aus diesem Würgegriff zu befreien. Der Page war nicht stark genug, um zu kämpfen, er konnte ihn nicht aufhalten, er würde ersticken! Seine Finger gruben sich in die rauen Kleider des Mannes. Bei seinen ungeordneten, hilflosen Bewegungen streifte er den Griff eines Dolchs, der im Gürtel steckte, und erkannte, worum es sich handelte. Hastig packte er die Waffe und verwendete alle Energie, die sein letzter Atemzug ihm noch bot, darauf, dem Kerl die Klinge in den Bauch zu stoßen.
Getroffen, überrascht und vom Schmerz übermannt lockerte der Koloss seine Umklammerung und öffnete seinerseits den Mund, um zu schreien. Kaum dass er Thalan nicht mehr würgte, stach dieser mehrfach mit dem Messer auf ihn ein. Die Hoffnung, weiteratmen zu können, verlieh seinem Arm die Kraft, die Klinge in das verhärtete Fleisch zu treiben. Die Haut platzte wie ein übervoller Sack. Das schwarze Blut floss in Strömen. Aber die Finger lagen immer noch um seinen Hals, und der Junge spürte, dass er sterben würde. Kein Warnruf drang aus dem Mund des Schlägers, nur seine durchtrennte Zunge hing zwischen den weichen Lippen hervor. Am Ende brach der Mann wie eine einstürzende Steinmauer zusammen. Er stieß im Sterben nur ein einfaches Röcheln aus.
Thalan war ebenfalls zu Boden gefallen. Auf allen vieren hustete er und rang weiter nach Luft. Der Atemzug, der ihm in die Kehle drang, war schmerzhaft, aber überlebenswichtig.
»Thalan, geht es Euch gut?«, fragte Eline besorgt. »Thalan?«
Der Junge richtete sich auf die spitzen Knie auf, eine Hand an den Hals gepresst, als wolle er die unsichtbaren Finger lösen, die ihn noch immer umklammerten. Er schüttelte den Kopf und sah angewidert den Leichnam des Schlägers an, der vor ihm hingestürzt war. Der Körper schien fester zu werden. Zitternd streckte Thalan die Hand aus und zog verstohlen seinen Dolch aus der Leiche, bevor er darin stecken bleiben konnte. Er wich gut zwei Schritte zurück und starrte einen Moment lang reglos seinen ersten Toten an. Dumpf, wie betäubt.
Dann wandte er sich wieder Prinzessin Eline zu.
»Ich werde Euch hier herausholen, Hoheit!«, verkündete er und war plötzlich bereit, alles in den Welten zu unternehmen, um das zu erreichen.
Er suchte die Leiche vergeblich nach den Zellenschlüsseln ab, aber er gab nicht auf, sondern rammte seinen Dolch in das verrostete Schloss.
»Hört auf, Thalan. Der Herzog von Alekant ist der Einzige, der Schlüssel zu meiner Zelle hat, und es wird Euch niemals gelingen, mit dem Ding da das Gitter aufzubrechen. Ganz abgesehen davon: Wie sollen wir Eurer Meinung nach Prinzessin Elisa von hier wegtragen? Habt Ihr auch nur die geringste Ahnung, auf welchem Weg wir dieses Labyrinth von Zellen verlassen können?«
Elines himmelblaue Augen entflammten Thalans Herz wie zwei Sonnen. Mit seinen vierzehn Jahren sank der Junge in seine ersten Liebesregungen wie einst in die seidenen Laken seiner Kindheit. Er wurde sich bewusst, dass die Prinzessin nichts als ein Nachthemd trug, und errötete bis über beide Ohren.
»Ich… Ich habe meinen Weg mit schwarzen Rußspuren an der Decke markiert«, stammelte er. »Ich kann Eure Hoheit doch nicht hier zurücklassen! Glaubt mir, ich fühle mich stark genug, um Prinzessin Elisa zu tragen. Und ich werde doch einen Weg finden, dieses Schloss aufzubrechen«, fügte er hinzu und hob einen Stein vom Boden auf.
»Thalan!«, schrie Eline mit überschnappender Stimme auf. »Ihr werdet mit diesem Lärm nur sämtliche Kolosse anlocken! Es sind mindestens zwanzig von ihnen in diesen Gängen unterwegs. Setzt lieber meinen Vater über alles in Kenntnis. Wir müssen ihn davon unterrichten.«
»Oh! Schöne Eline! Seine Majestät weiß über alles Bescheid!«, antwortete Thalan entmutigt. »Wir waren heute Nachmittag in Etel und haben uns als einfache Landstreicher ausgegeben. Und alles, was wir…«
»Oh, Gottheiten!«, unterbrach ihn die Prinzessin. »Er hat doch wohl nicht alles auf diese Weise erfahren? Das wäre zu grausam!«
»Doch, Hoheit. Seine Majestät ist in die Gemächer des Herzogs von Alekant
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