Die Rebellin von Leiland 3: Die Gefangene des Tyrannen (German Edition)
auf den Kopf.
Behutsam nahm Celiane von Pandema ihm den gezackten, edelsteinbesetzten Goldreif ab und legte ihn wieder auf den Tisch. Sie ließ sich neben Andin nieder.
»Wir reisen morgen ab. Kann Euer Herz sich nicht gedulden?«
Er betrachtete das offene, königliche Gesicht, das von natürlichen aschblonden Locken umrahmt war. Die recht tiefe, samtige Stimme der Königin mahnte zur Ruhe und Vernunft. Mit ihrer Zärtlichkeit hatte sie schon immer den Zorn und das Unverständnis lindern können, die ihn von seinem Vater trennten. Andin zögerte mit der Antwort: Er hatte seiner Mutter alles über seine Kämpfe und seine Liebe in Leiland erzählt, aber er brachte es nicht über sich einzugestehen, dass er wieder Angst vor der Prophezeiung hatte. Fern von Elea nagte der Gedanke an den Willen der Feen an ihm. Er fürchtete plötzlich, die junge Frau nie wiederzusehen. Er konnte ihr noch nicht einmal mithilfe des Geckenstolzes schreiben!
»Nein, Mutter«, antwortete er schlicht. »Ich kann nicht mehr warten. Ihr werdet mich vielleicht für unreif halten, aber ich werde schier verrückt dabei! Ich dachte, ich wäre nur für vier oder fünf Tage fort.«
Mechanisch versuchte die Königin, Andins zerzaustes Haar zu ordnen; es war vergebens. Sie lächelte leicht: So viele Hoffnungen ruhten auf seinen Schultern, und er dachte nur an seine Liebe. Trotz des Schweigens seines Vaters hätte er doch spüren müssen, dass äußerst bedeutende Geschehnisse ihre Schatten vorauswarfen.
»Ich bin beinahe froh, Euch so zu sehen«, bekannte sie. »Auch mich drängt es aufzubrechen. Ich würde die Frau, der es gelungen ist, Euer Herz mit Beschlag zu belegen, während sie Euch das ihre geschenkt hat, wirklich gern kennen lernen. Nehmt Euch den Tadel Eures Vaters nicht so zu Herzen! Hinter seinem Geschrei verbirgt sich aufrichtige Angst um Euch.«
»Ich wusste nicht, dass er so gut lügt.«
»Andin! Ich verbiete Euch, so etwas zu sagen!«
»Vergebt mir, Mutter.«
»Ihr nehmt ihm noch immer übel, dass er ein Geheimnis um das Füllhorn der Feen gemacht hat. Aber mein Kind, wenn er Euch gesagt hätte, dass es so leicht ist, über Pandema zu herrschen, wäret Ihr und Eure Brüder dann so geworden, wie Ihr seid?«
Andin antwortete nicht. Er starrte mit mürrischer Miene über sein Glas hinweg.
»Ich glaube, es mangelt Euch an Vertrauen«, schloss die Königin.
Der junge Mann musste zugeben, dass sie Recht hatte. Er wandte sich ihr wieder zu. Er wollte mit ihr sprechen, aber sein Blick blieb an der Brosche hängen, die das teerosenfarbene Kleid der Königin zierte. Angesichts der hübschen Blütenblätter der Syllis aus Perlmutt und Gold verschlug es ihm erst einmal die Sprache.
»Lasst mich gehen«, jammerte er dann. »Ich konnte ihr noch nicht einmal auf Wiedersehen sagen! Nis ist schneller als die Kutsche.«
Celiane von Pandema wirkte einen Moment lang niedergeschlagen über seinen Kummer. Ihre Finger glitten mit der Sanftheit und Zärtlichkeit, die auch von der künstlichen Blume, die sie an der Brust trug, ausgingen, über die Wange ihres Sohnes.
»Bedauerlicherweise lässt Euer Vater in der Hinsicht nicht mit sich reden. Ihr werdet sie aber spätestens in drei Tagen wiedersehen.«
Sie wurde unterbrochen, als jemand stürmisch die Treppe heruntergepoltert kam, die ins Obergeschoss des Gasthauses führte.
»Andin! Hast du Cedrics letzten Brief schon gelesen?«
Prinz Philip, der seit zwei Tagen zurück war, wollte gerade noch etwas rufen, als er sah, dass die Königin bei seinem Bruder war. Er zügelte sich und verneigte sich leicht, einen Arm quer über seine Lederweste gelegt.
»Mutter.«
»Bitte, Philip, sprecht offen«, antwortete sie lächelnd.
Aber der junge Mann war in seinem Schwung aufgehalten worden. Er ließ sich beinahe vernünftig gegenüber von Andin nieder.
»Was schreibt er?«, fragte dieser, der seit dem ersten Ausruf seines Bruders neugierig war.
»Prinzessin Elisa ist erwacht!«
Ein Strahlen breitete sich auf Andins Gesicht aus, einen Augenblick lang erhellte ein Lächeln es wie eine Sonne.
»Also ist es ihr trotz allem gelungen«, murmelte er bewundernd.
Er hatte noch mehr als zuvor das Bedürfnis, Elea in die Arme zu schließen.
»Wie? Aber… ich werde sie heiraten müssen!«, brach es empört aus Philip hervor.
Er mäßigte seinen Tonfall, als er das erstaunte Gesicht seiner Mutter sah.
»Ich habe nicht die geringste Lust dazu. Ich kenne sie noch nicht einmal«, rechtfertigte er sich, indem
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