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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Fisch, aber als sie ihn zu Hause auspackte, war sie ratlos, was sie damit tun sollte. Er musste geschuppt und ausgenommen werden, aber sie ekelte sich, mit den Fingern in das glitschige Innere zu fahren und sie riss sich die Hand an einer Kieme blutig. Sie warf den Fisch in den Mülleimer und begann zu weinen. Zum ersten Mal begriff sie, wie hart Vassiliki gearbeitet hatte, um ihr ein angenehmes Leben zu ermöglichen.
    Vassiliki. Sie fehlte ihr mehr als je ein Mensch zuvor in ihrem Leben. Sogar mehr als Marcus. Fünfzehn Jahre lang hatte Mando versucht herauszufinden, wie ihr Vater gestorben war, und jetzt wünschte sie, es nie erfahren zu haben. Sie wunderte sich, dass sie keinen Groll gegen Vassiliki hegte, nicht das Andenken des Menschen verfluchte, der ihren Vater auf dem Gewissen hatte. Sie war von tiefer Trauer erfüllt. Trauer um Vassiliki, ihren Vater und Stefano, alles Menschen, denen ein grüner Kasten zum Verhängnis geworden war.
    Phidias muss sein Werk verflucht haben, dachte sie, dass es so viel Leid über die Welt bringt! Seltsam, Pappas Mavros, Vassiliki, Ypsilanti, Stefano, Selim und auch ich, wir haben fast immer nur von dem grünen Kasten gesprochen. Als ob die Hülle wichtiger als der Inhalt wäre. Wer aber hat das griechische Kunstwerk in den Kasten gestellt? Grün ist die Farbe des Islams.
    Plötzlich erschrak sie. Was würde mit Lambrini geschehen, der jetzigen Besitzerin der Kostbarkeit? Vielleicht würden andere Söhne oder Enkel von Ali Pascha ihrer Tochter nachstellen, um sich in den Besitz der Zeusstatue zu bringen. Vielleicht hatten Marmellakis oder Lena anderen Seeräubern stolz von ihrer Beute erzählt?
    Sie musste Lambrini schützen!
    Mando wusch sich schnell die nach Fisch stinkenden Hände, setzte sich eine Kappe auf und eilte nach Alefkandra. Eine Weißwäscherin sah sie höchst verwundert an, als sie nach Marmellakis' Haus fragte, führte sie dann aber hin.
    Der Pirat öffnete die Tür.
    Haar und Bart waren lang, grau und verwildert und sein Blick wirkte irgendwie verloren. Er schien Mando nicht sofort zu erkennen.
    »Guten Tag, Lambrini!«, rief Mando ins Zimmer, wo ein nicht ganz sauberes Kind mit schwarzen und ungewöhnlich glatten Haaren auf dem Boden Papierschiffchen umherschob.
    Das Kind sprang auf, stellte sich neben Marmellakis und ließ ein Händchen in einer seiner riesigen Pranken verschwinden.
    »Wo ist Lena?«, fragte Mando.
    Marmellakis ließ Lambrinis Hand los, wandte sich ab, ging ans Fenster und starrte schweigend aufs Meer.
    »Meine Mama ist tot«, sagte das Mädchen zu der fremden Frau und streckte schüchtern eine Hand aus, um das schöne graue Seidenkleid zu berühren.
    Mando bückte sich zu ihr hinunter, legte die Arme um das Kind und drückte es sanft an sich.
    »Wer sorgt denn für dich?«, fragte sie leise.
    »Papa!«, rief das Kind, rannte wieder zu Marmellakis und zog an seiner Hose.
    »Gib der Frau etwas zu trinken!«, drängte sie, rannte dann zu einer Blechdose auf einem Regal, öffnete sie, nahm ein paar Kekse heraus und bot sie Mando an.
    »Kaffee kann ich noch nicht machen«, erklärte das kleine Kind, »aber ich hole schnell ein Glas Wasser.«
    »Nein, bleib hier«, bat Mando, die unwillkürlich lächeln musste. Zakaratis Enkelkind schien zu wissen, was sich gehörte. Vielleicht war es keine Frage der Erziehung, sondern eine des Blutes.
    »Darf ich sie Ihnen zurückgeben?«
    Marmellakis' erste Worte waren so leise, dass Mando zunächst glaubte sich verhört zu haben. Er wandte sich ihr wieder zu, deutete auf einen harten Holzstuhl und setzte sich ihr gegenüber.
    »Das Kind braucht eine Mutter«, sagte er, »und ich werde nie wieder heiraten. Lena war mein Leben. Wir wollten zusammen alt werden …«
    »Schick mich nicht weg!«, schrie Lambrini und klammerte sich an den alt gewordenen Piraten.
    »Das tue ich nicht, Kind«, sagte er und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. »Du ziehst nur ein paar Häuser weiter weg. Diese Frau wird sich um dich kümmern und du kannst mich jeden Tag besuchen kommen.«
    Mando nickte. Wieder berührte das Kind den schönen grauen Stoff.
    »Kriege ich dann auch so ein schönes Kleid?«, fragte sie Mando.
    »Wenn du etwas größer bist«, lächelte Mando, zog das Kind heran und setzte es sich auf die Knie.
    »Und so schöne Locken?«
    »Willst du das wirklich? Du hast so schönes glattes Haar …«, und als Mando eine Strähne dieses Haars durch ihre Finger gleiten ließ, zersprang in ihr eine Saite. Sie schluckte,

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