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Die Rebellin

Die Rebellin

Titel: Die Rebellin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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und ihn nicht eingeweiht hatte. Wie stark sie ist, dachte er, und wie ruhig sie geworden ist. Diese Mando liebe ich mehr als jemals zuvor. Ja, ich würde gern wieder ihre herrlichen Brüste berühren und in die dunkle Höhle zwischen ihren Beinen heimkehren, aber wie viel mehr wünsche ich mir einfach nur neben ihr auf der Steinbank zu sitzen. Im Schatten von Philemon und Baucis.

K ALO L IVADI
    Erstaunt blickte Mando auf die frische Farbe an ihrem alten Haus in Nauplia. Alle Fensterläden waren gestrichen, die bröckligen Steinstufen am Eingang erneuert worden und vor den Fenstern hingen Kästen mit roten Geranien.
    Sie hätte Poppy beinahe nicht erkannt, als diese ihr die Tür öffnete. Die junge Frau hatte ihr Haar kunstvoll aufgesteckt, war dezent geschminkt und trug ein elegantes Kleid. Dieses konnte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Poppy wieder hochschwanger war.
    »Kommen Sie rein«, forderte sie ihre einstige Herrin auf und setzte kokett hinzu: »Sie werden sehen, dass sich einiges geändert hat.«
    Das sah Mando. Vornehme Stofftapeten zierten die Wände, italienische Möbel den Salon, und dicke Teppiche dämpften jeden Schritt. In einem Eckschrank stand kostbares Porzellan, und über dem Kamin hing ein atemberaubend scheußliches Schlachtengemälde. Mando trat näher und las das kleine Messingschild, das am Rahmen angebracht worden war: ›Prinz Ypsilantis Sieg in Böotien‹.
    Befriedigt sah sie, dass der Maler seinem Objekt nicht geschmeichelt hatte. Selbst der arrogante Ausdruck in den Augen war gut getroffen, dachte Mando und streckte Ypsilanti die Zunge heraus.
    »Euch ist es also gut ergangen«, wandte sie sich an Poppy, »oder zahlen euch die Mieter so viel?«
    Poppy schüttelte den Kopf und blickte zu Boden.
    »Jorgo ist tot«, sagte sie und berichtete, dass er vor einem Jahr bei Reparaturen am Dachstuhl heruntergestürzt sei.
    »Zumindest ist er nicht der Pest erlegen, wie so viele Leute in Nauplia im letzten Jahr«, flüsterte Poppy. »Er war sofort tot.«
    In diesem Augenblick betrat Aristoteles Vlachos das Zimmer und Mando begriff, dass diese Ehe nicht mehr nur auf dem Papier bestand. Nach der Begrüßung informierte er Mando, dass er wieder in den Staatsdienst eingetreten sei.
    »Es sind gute Zeiten für Beamte gekommen!«, rief er. »Die Bayern verstehen es, einen Staat zu lenken.«
    »Aber es gibt nicht einmal eine geschriebene Verfassung«, gab Mando zu bedenken.
    »Wer braucht die schon, wenn die öffentliche Verwaltung so gut funktioniert! Und im schlimmsten Fall haben wir ja eine 5.000 Mann starke Schutztruppe von tapferen bayrischen Soldaten!«
    »Aber Sie sind Grieche, Herr Vlachos«, sagte Mando sanft, »stört es Sie denn nicht, dass Ausländer uns so zentralistisch regieren?«
    »Ich weiß nicht, wie Sie das meinen«, wunderte er sich, »schließlich bin ich einer der Repräsentanten des griechischen Ministeriums.«
    Lang und breit erläuterte er Mando die Wichtigkeit seiner Arbeit. Mando verstand, dass seine Aufgaben denen eines Bürovorstehers entsprachen.
    In einem hatte Dimitri wirklich Recht gehabt, erinnerte sie sich, dieser Mann ist die wandelnde Unfähigkeit. Hatten die Bayern wirklich keine besseren Vertreter des griechischen Volkes finden können oder bedienten sie sich absichtlich solcher Hanswurste?
    Als hätte er gewusst, dass sie an Dimitri dachte, erwähnte Vlachos, dass dem ehemaligen Verlobten seiner ehemaligen Brötchengeberin in Amerika eine posthume Ehre widerfahren sei. Man habe eine Stadt nach ihm benannt.
    »Mein Mann spricht jetzt sogar Deutsch«, meldete sich Poppy stolz.
    Bescheiden winkte Vlachos ab. »Gerade mal genug, um mich bei den Herrn da oben verständlich zu machen. Wissen Sie, was mir Professor Maurer erst kürzlich gesagt hat?«
    Mando schüttelte den Kopf.
    »Im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert hätten die Griechen dem restlichen Europa ihre Weisheit mitgeteilt, jetzt wären es die Deutschen, die jenem Land das Licht zurückbrächten, aus dem es so lange Zeit verschwunden war.«
    Mando, die sich an den Gedichten von Goethe und Schiller erfreut hatte, war nicht so sicher, ob ihr diese Deutschen gefielen. Vlachos in seiner neuen Rolle gefiel ihr überhaupt nicht und so wollte sie sich schnell verabschieden.
    Davon jedoch mochten Poppy und Vlachos nichts wissen. Natürlich wäre Madame – Madame?, dachte Mando – in ihrem bescheidenen Heim hochwillkommen und Poppy klingelte augenblicklich einer Dienerin, die das schönste

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